Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Hinzurechnung des Kindergeldes im Rahmen der Günstigerprüfung bei Ermittlung des Unterhaltsanspruchs des Kindes nach der sog. Mangelfallrechnung. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (amtlich)
Darf der Unterhaltsanspruch eines Kindes nach den unterhaltsrechtlichen Bestimmungen nicht um das (hälftige) anteilige Kindergeld gekürzt werden, weil die Summe aus dem Unterhaltsanspruch und dem anteiligen Kindergeld den Mindestbedarf nicht übersteigt (sog. Mangelfallrechnung), kann eine Hinzurechnung des Kindergeldes bei der Günstigerprüfung i. S. des § 31 Satz 5 i.V.m. § 36 Abs. 2 EStG nicht erfolgen, weil eine Freistellung durch das Kindergeld nicht bewirkt wird.
Normenkette
EStG § 31 S. 5, § 36 Abs. 2 S. 1, § 32 Abs. 6; BGB §§ 1615g, 1612b Abs. 5
Nachgehend
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 5. August 1998 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 21. September 1998 wird abgeändert und die Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung von zwei halben Kinderfreibeträgen auf DM 1.365,– herabgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger hat aus einer geschiedenen Ehe zwei Kinder. Die Kinder, die in den Jahren 1982 und 1984 geboren wurden, leben im Haushalt der Mutter. Die Mutter bezieht für sie auch das staatliche Kindergeld. Durch Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts … – Familiengericht – vom 26. Oktober 1993 wurde der Kläger für die Zeit ab September 1993 zur Zahlung von monatlichem Kindesunterhalt in Höhe von DM 230,– für jedes Kind verurteilt.
Der Beklagte setzte in dem Einkommensteuerbescheid 1997 vom 5. August 1998 die Einkommensteuer bei einem zu versteuernden Einkommen von 24.168 DM auf 3.259 DM fest. Die beantragten zwei (halben) Kinderfreibeträge berücksichtigte der Beklagte bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens nicht, da er davon ausging, daß die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums der Kinder durch das Kindergeld bewirkt wird.
Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 10. August 1998 wies der Beklagte mit dem Einspruchsbescheid vom 21. September 1998 zurück. Er führte an, die Vorschrift des § 31 Satz 5 Alt. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stelle für Fälle eines zivilrechtlichen Ausgleichs i. S. des 1615g des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) klar, daß das Kindergeld zur Hälfte zu verrechnen sei. Eine Verrechnung des Kindergeldes sei vorzunehmen, da das Kindergeld auch zur Hälfte auf die Unterhaltsverpflichtung anzurechnen sei.
Der Kläger hat am 24. September 1998 Klage erhoben. Er macht geltend, daß das Kindergeld –auch nicht anteilig– auf den Unterhaltsanspruch seiner Kinder angerechnet worden sei, da er nicht in Höhe der Regelbeträge der Düsseldorfer Tabelle Unterhalt geleistet habe. Der Kläger hat hierzu eine Unterhaltsberechnung des Landratsamtes …– Jugendamt – vom 16. Juli 1998 beigefügt, aus der sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von DM 2.417,– sowie ein für den Unterhalt der Kinder verfügbares Einkommen von monatlich DM 582,– ergibt. Der Kläger macht weiterhin geltend, die Vorschrift des § 1612b Abs. 5 BGB i.d. Fassung des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder (Kindesunterhaltsgesetz –KindUG–) vom 6. April 1998 stelle klar, daß eine Anrechnung des Kindergeldes unterbleibe, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande sei, Unterhalt in Höhe des Regelbetrags nach der Regelbetrags-Verordnung zu leisten.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid vom 5. August 1998 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 21. September 1998 abzuändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von zwei halben Kinderfreibeträgen auf DM 1.365,– herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt seinen bereits im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsstandpunkt.
Der Beklagte hat für das Streitjahr eine Einkommensteuerheftung vorgelegt. Auf das darin in Kopie befindliche Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts … wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers sind im Streitjahr zwei halbe Kinderfreibeträge in Höhe von monatlich 2 × 288 DM abzuziehen (§ 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 EStG). Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das hälftige Kindergeld nicht gem. §§ 31 Satz 5; 36 Abs. 2 Satz 1 EStG zu verrechnen, weil die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld im Streitfall nicht bewirkt wird. Dem Kläger stand auch im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs kein Kindergeld für die unterhaltsberechtigten Kinder zu.
Dem Kläger stand kein Kindergeld zu, da die Kinder bei der Mutter leben (§ 64 A...