Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsinanspruchnahme des formellen Geschäftsführers einer GmbH. Haftung für Steuern

 

Leitsatz (redaktionell)

Der nominell bestellte Geschäftsführer einer GmbH haftet auch dann nach § 69 AO 1977, wenn ein Dritter die Geschäfte der GmbH führt, ohne den Geschäftsführer zu beteiligen.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 69, 34 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.02.2004; Aktenzeichen VII B 112/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin als formelle Geschäftsführerin für Steuerschulden der … GmbH – nachfolgend GmbH – haftet.

Mit Vertrag vom 05. Oktober 1990 wurde die GmbH von den Gesellschaftern … und der Klägerin gegründet. Beide Gesellschafterinnen wurden als Geschäftsführer bestellt. Am 22. März 1991 verkaufte … ihren Geschäftsanteil an der GmbH an die Klägerin. Zugleich endete ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin. Vom 19. September 1991 bis zum 09. Februar 1993 war … neben der Klägerin Geschäftsführer. Anschließend wurde als weiterer Geschäftsführer … bestellt, dessen Geschäftsführertätigkeit am 18. Juni 1993 endete. Ab August 1993 war neben der Klägerin … als Geschäftsführer bestellt.

Die GmbH schuldete aufgrund eingereichter Umsatzsteuervoranmeldungen Umsatzsteuer für diverse Monate in den Jahren 1993, 1994, 1995 in Höhe von 139.317 DM. In diesem Betrag waren Säumniszuschläge in Höhe von 45.951 DM enthalten. Vollstreckungsmaßnahmen seitens des Beklagten in das Vermögen der GmbH führten zu keinem Erfolg. Am 13. September 1995 wurde beim Amtsgericht Stendal ein Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens der GmbH gestellt. Es wurde die Sequestration angeordnet und ein Verfügungsverbot erlassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 18. Februar 1996 wurde der Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens mangels Masse abgewiesen.

Mit Schreiben vom 26. Februar 1997 teilte der Beklagte der Klägerin die Steuerschulden der GmbH mit und forderte diese auf, die Verbindlichkeiten der GmbH außer den Steuerschulden aufzugliedern. Des weiteren sollte die Klägerin angeben, welche Zahlungen eingegangen waren und in welcher Höhe der GmbH Kreditmittel zur Verfügung standen. Nachfolgend führten die Verfahrensbevollmächtigten aus, dass die Klägerin als Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragen sei, jedoch … – wenn nicht auch die … – … – als die für die GmbH verantwortlichen Personen in Anspruch zu nehmen seien. Unterlagen, die eine faktische Geschäftsführung dieser Herren belegten, sowie ein Nachweis über die quotengerechte Verteilung der liquiden Mittel wurden trotz Aufforderung in der Folgezeit nicht eingereicht.

Mit Haftungsbescheid vom 14. Mai 1998 nahm der Beklagte die Klägerin in Höhe von 139.317 DM in Anspruch. Mit Bescheid gleichen Inhalts wurde der weitere Geschäftsführer … am 04. November 1998 in Haftung genommen. Mit Einspruchsschreiben vom 12. Juni 1998 verwies die Klägerin erneut daraufhin, dass sie nicht die verantwortliche Geschäftsführerin gewesen sei und keinen Einblick in die Geschäftsunterlagen gehabt habe.

Mit Einspruchsbescheid vom 06. April 2000 reduzierte der Beklagte die Haftungssumme auf 87.924,48 DM. Zurückgenommen wurden Säumniszuschläge in Höhe von 13.711 DM Der Beklagte reduzierte des weiteren die verbleibende Haftungssumme um 30 v. H., da nach den Erfahrungen des Finanzamtes für das letzte halbe Jahr vor Antragstellung auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahren und dessen Abweisung von einer durchschnittlichen Befriedigung der anderen Gläubiger in Höhe von etwa 70 v. H. auszugehen sei. Inhaltlich führte der Beklagte aus, dass … mangels Beibringung von Beweisen nicht in Haftung genommen werden könne. Unabhängig davon wäre bei Inhaftungnahme des … als faktischer Geschäftsführer die Haftung der förmlich bestellten Geschäftsführerin bestehen geblieben.

Hiergegen richtet sich die am 05. Mai 2000 erhobene Klage. Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass nicht sie, sondern die … und … als faktische Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen sind. Für die steuerlichen Angelegenheiten sei die Steuerberatungsgesellschaft …. Treuhand mbH zuständig gewesen.

Mit Teilrücknahmebescheid vom 06. Februar 2003 hat der Beklagte die Verspätungszuschläge zur Umsatzsteuer Juli 1993 in Höhe von 238 DM und August 1993 in Höhe von 1.477 DM zurückgenommen.

Die Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat sich nicht vertreten lassen. Der Prozessbevollmächtigte hatte zuvor dem Gericht mitgeteilt, dass er den Termin nicht wahrnehmen werde.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 14. Mai 1998 in Form des Einspruchsbescheides vom 06. April 2000, soweit noch nicht geschehen, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der nunmehr teilweise zurückgenommene Haftungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung rechtmäßig ist.

Dem Gericht haben die vom Beklagte...

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