Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit und Steuerpflichtigkeit von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit und Vereinbarkeit dieser Umsatzbesteuerung mit höherrangigem Recht
Leitsatz (redaktionell)
1. In den Streitjahren 2012-2017 erzielte Umsätze eines Automatenaufstellers aus dem Betrieb von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit sind umsatzsteuerbar und -pflichtig; auch unter Berücksichtigung des Unionsrechts und der EUGH-Rechtspechung ergibt sich nichts Anderes (Anschluss an BFH-Rechtsprechung). Insoweit ist unerheblich, dass der einzelne Spieler als Endverbraucher keine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis für sein durchgeführtes Spiel erhält.
2. Die in der Praxis nicht auf sämtliche Einnahmen, das heißt die Spieleinsätze (die Summe der Geldeinwürfe), sondern nur auf die verbleibenden Kasseneinnahmen der Geldspielgeräte nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums bezogene Umsatzbesteuerung verletzt nicht den Grundsatz der steuerlichen Neutralität.
3. Die Besteuerung der Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten verstößt nicht gegen Art. 3 GG, insbesondere ist ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht ersichtlich.
Normenkette
UStG 2012 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 9, § 4 Nr. 9 Buchst. b, § 10 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1; MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 73, 135 Abs. 1 Buchst. i; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten sich über die Frage der Steuerbarkeit und Steuerpflichtigkeit von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 2011 gegründet und am 2011 in das Handelsregister B des Amtsgerichts eingetragen (HRB). Tatsächlich betrieb die Klägerin im Streitjahr hingegen ausschließlich Glücksspielautomaten.
Nachdem die Klägerin für das Streitjahr 2012 zunächst keine Umsatzsteuerjahreserklärung beim Beklagten einreichte, erließ dieser am 27. Januar 2014 einen auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhenden Umsatzsteuerjahresbescheid für 2012. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 24 Februar 2014 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung für 2012 ein und berechnete sich eine Umsatzsteuer i.H.v. EUR. In der Zeit vom 29. September 2014 bis 29. November 2016 führte der Beklagte bei der Klägerin eine steuerliche Betriebsprüfung durch, die sich auf die Jahre 2011 und 2012 bezog. Der Betriebsprüfungsbericht datiert auf den 12. Dezember 2016. In Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes erließ der Beklagte am 19. Januar 2017 einen gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid über Umsatzsteuer für 2012, mit dem er die Steuer auf EUR heraufsetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Der hiergegen gerichtete Einspruch ging am 31. Januar 2017 beim Beklagten ein. Die Klägerin trug zur Begründung vor, dass die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit von Umsatzsteuer befreit seien.
Auch für das Streitjahr 2015 reichte die Klägerin zunächst keine Umsatzsteuerjahreserklärung ein. Der Beklagte erließ am 15. Februar 2017 einen auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhenden Umsatzsteuerjahresbescheid für 2015, in dem er die Steuer auf EUR festsetzte. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 14. März 2017 reichte die Klägerin die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2015 ein. Sie erklärte steuerfreie Umsätze i.H.v. EUR sowie abziehbare Vorsteuerbeträge von EUR. Der Beklagte erließ daraufhin am 11. Mai 2017 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für 2015, mit dem er die Steuer abweichend von der Erklärung auf EUR festsetzte. Die erklärten steuerfreien Umsätze behandelte er als umsatzsteuerpflichtig. Er schätzte zudem weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 18. Mai 2017 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 23. Juni 2017 einen erneut geänderten Bescheid über Umsatzsteuer für 2015, in dem er die Steuer auf EUR herabsetzte, da er aus den erklärten steuerfreien Umsätzen nunmehr die Umsatzsteuer zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage herausrechnet.
Nachdem die Klägerin für das Streitjahr 2016 ebenfalls zunächst keine Umsatzsteuerjahreserklärung beim Beklagten einreichte, erließ dieser am 11. Mai 2017 einen auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhenden Umsatzsteuerjahresbescheid für 2016. Der Bescheid erging nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Hiergegen legte die Klägerin am 09. Juni 2017 Einspruch ein. Sie reichte zum einen die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2016 ein, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass nach ihrer Auffassung die erklärten Umsätze aus dem Betrieb von Glücksspielgeräten von der Umsatzsteuer befreit seien. Der Beklagte erließ daraufhin am 11. Juli 2017 erklärungsgemäß einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für 2016, mit dem er die Steuer auf EUR herabsetzte.
Die Klägerin übermittelte am 10. April 2017 an ...