Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen wiederholender Verfügung und Zweitbescheid. Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines Einkaufszentrums und Berichtigung bei Rücktritt vom Kaufvertrag. Nachhaftung ausgeschiedener GbR-Gesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
1. Ersetzt das Finanzamt einen Haftungsbescheid, wobei die Haftsumme unverändert bleibt, jedoch eine neue Fälligkeit gesetzt, der Kreis der als Haftende gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Personen ausgedeht und neue Ermessenserwägungen im Hinblick auf dieAuswahl der Haftenden angestellt werden, so liegt nicht lediglich eine wiederholende Verfügung vor. Vielmehr handelt es sich um einen neuen, selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt (Zweitbescheid), der den vorangegangenen Haftungsbescheid in vollem Umfang wirkungslos werden lässt.
2. Auch der sog. erfolglose Unternehmer ist als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG anzusehen.
3. Die Lieferung eines neu errichteten Einkaufszentrums ist mit Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Erwerbers sowie der Übertragung von Gefahr, Nutzungen und Lasten auf ihn verwirklicht. In diesem Zeitpunkt entsteht bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die Berechtigung zum Vorsteuerabzug auch dann, wenn sich in der Folge die Behebung der im Übergabeprotokoll festgehaltenen Mängel durch den Veräußerer verzögert, der Erwerber schließlich vom Kauf zurücktritt und keine Zahlung leistet. Erst im Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag ist der Vorsteuerabzug des Erwerbers zu berichtigen.
4. Erstattet das Finanzamt das Umsatzsteuerguthaben einer GbR auf Weisung eines zur Geschäftsführung Bevollmächtigten auf ein von diesem benanntes Konto, so erfolgt die Leistung mit befreiender Wirkung.
5. Die Nachhaftung aus einer GbR ausgeschiedener Gesellschafter endet fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, zu dem der jeweilige Gläubiger vom Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft Kenntnis erlangt hat.
Normenkette
AO §§ 118, 191 Abs. 1, §§ 44, 37 Abs. 2, § 47; HGB § 128 S. 1, § 160 Abs. 1 S. 3; UStG 1993 § 2 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 3; BGB § 715
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 73. v.H. und im übrigen der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der gegen ihn zu vollstreckenden Kosten oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids.
Der Kläger gründete gemeinsam mit … die GbR Einkaufscenter …, deren Zweck in Erwerb und Vermietung eines dortigen Einkaufszentrums bestand.
§ 6 des Gesellschaftsvertrags der GbR ist mit Geschäftsführung und Vertretung überschrieben.
§ 6 Abs. 1 bestimmt: Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft obliegt den Gesellschaftern gemeinschaftlich. Sie sind dabei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Machen die Gesellschafter hiervon Gebrauch, so bedürfen Maßnahmen der Geschäftsführung und Vertretung der Zustimmung der Mehrheit aller in der Gesellschaft vorhandenen Stimmen.
§ 6 Abs. 2 bestimmt: Für die Durchführung des Gesellschaftszwecks gem. § 2 dieses Vertrags bestellen die Gesellschafter zur Führung der Geschäfte einen gemeinsamen Bevollmächtigten, der sie in allen Angelegenheiten, die mit der Geschäftsführung zusammenhängen, umfassend vertritt.
§ 6 Abs. 3 bestimmt: Zum Bevollmächtigten wird der Mitgesellschafter Wirtschaftsprüfer Steuerberater … bestellt.
§ 2 bestimmt u.a.: Zweck der Gesellschaft ist der Erwerb und die Nutzung des Einkaufszentrums im Gewerbegebiet ….
Die GbR schloss am 25. März 1994 mit … GmbH (im folgenden: T GmbH) einen notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag ab. In § 3 Abs. 3 des Vertrages verpflichtete sich die T GmbH, die Kaufgrundstücke mit einem Gewerbezentrum zu bebauen. Ausweislich § 4 des Kaufvertrages sollte der Kaufpreis i.H.v. insgesamt 20.731.050,– DM i.H.v. 2.731.050,– DM durch Abtretung des aus dem Vorsteuerabzug resultierenden Umsatzsteuerguthabens der GbR erbracht und i.H.v. 18.000.000,– DM auf ein Notaranderkonto innerhalb von 2 Wochen nach dem Übergabetermin entrichtet werden. Die Auszahlung des hinterlegten Kaufpreises war unter anderem von dem Abschluss eines Mietvertrages zwischen der GbR und der T GmbH abhängig. Die T GmbH verpflichtete sich, das Objekt von der GbR anzumieten. Sie trat der GbR ihre Mietzinsforderungen aus der Untervermietung des Objekts in Höhe ihrer Mietzinsverpflichtung ab. Die GbR nahm die Abtretung an. Die Übergabe und Fertigstellung des Kaufobjektes sollten spätestens am 01. August 1994 erfolgen. Am Tage der Übergabe sollten Gefahr, Nutzungen und Lasten auf die GbR übergehen. Bei Übergabe war ein Protokoll zu fertigen. Die Vertragsparteien bewilligten und beantragten die Eintragung einer Vorme...