rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Neue doppelte Haushaltsführung bei einem im Rahmen der Einsatzwechseltätigkeit wieder an eine frühere Baustelle "zurückversetzten" Handwerker; kein Ermessen des FA bei Antrag auf schlichte Änderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein verheirateter Arbeitnehmer, der einer Einsatzwechseltätigkeit nachgeht und an seinem auswärtigen Einsatzort oder in dessen Einzugsgebiet übernachtet, führt einen doppelten Haushalt.
2. Mit jedem Wechsel des Einsatzorts beginnt die Dreimonatsfrist, innerhalb derer die Werbungskosten bei Einsatzwechseltätigkeit nach Dienstreisegrundsätzen geltend gemacht werden können, neu. Daher beginnt jedenfalls bei einem an wechselnden Baustellen eingesetzten Handwerker auch dann jedesmal eine "neue" doppelte Haushaltsführung, wenn er mehrmals im Jahr an der gleichen Baustelle eingesetzt wurde, zwischenzeitlich aber jeweils für mehrere Wochen an anderen Orten tätig war und bei jeden Wechsel des Einsatzortes auch die auwärtige Unterkunft gewechselt hat. Insoweit ist unbeachtlich, ob beim zweiten und dritten Einsatz an der selben Baustelle auch wieder die selbe Unterkunft wie beim ersten Mal genommen wurde.
3. Es ist zweifelhaft, ob die Entscheidung über einen "schlichten" Antrag auf Änderung nach § 172 Abs.1 Nr. 2a AO 1977 im Ermessen der Finanzbehörde steht.
Normenkette
AO 1977 § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 5, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, Abs. 5; LStR 1996 Abschn. 37 Abs. 3, Abschn. 43 Abs. 7
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr 1996 u. a. für die Firma ...; GmbH als Maler auf wechselnden Baustellen tätig. In der Einkommensteuererklärung 1996 machte der Kläger für den Einsatz auf den Baustellen dieser Firma Werbungskosten in Höhe von insgesamt 7.678 DM geltend, wobei sich unter Berücksichtigung von steuerfreien Arbeitgeberleistungen i. H. von 3.194 DM abziehbare Werbungskosten von 4.484 DM ergaben. In den vom Kläger ermittelten Werbungskosten von 7.678 DM waren u. a. Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung enthalten; diese Aufwendungen beinhalteten u. a. folgende Fahrtkosten anläßlich der Begründung und Beendigung der doppelten Haushaltsführung sowie folgende Verpflegungsmehraufwendungen:
Datum |
Einsatzort |
An- und Abreisekosten |
Verpflegungsmehraufwand |
2. bis 31. Januar |
E |
DM 231,92 |
DM 20 × 4 |
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DM 46 × 12 |
1. bis 29. Februar |
H |
DM 82,16 |
DM 20 × 4 |
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DM 46 × 10 |
4. März bis 30. April |
L |
DM 127,92 |
DM 20 × 8 |
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DM 46 × 21 |
2. bis 30. Mai |
E |
DM 231,92 |
DM 20 × 5 |
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DM 46 × 12 |
3. bis 27. Juni |
M |
DM 156,-- |
DM 20 × 4 |
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DM 46 × 11 |
1. Juli bis 29. August |
B |
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DM 10 × 27 |
2. bis 30. September |
E |
DM 231,92 |
DM 20 × 3 |
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H |
DM 82,16 |
DM 10 × 2 |
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Summe: DM 1.144 |
DM 46 × 1 |
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Summe: DM 3.932 |
In seinem Einkommensteuerbescheid vom 20. Januar 1998 erkannte der Beklagte die Reisekosten lediglich in Höhe von 598 DM und den Verpflegungsmehraufwand lediglich in Höhe von 3.154 DM an, so daß sich insoweit eine Reduzierung um 1.324 DM ergab; aufgrund anderweitiger geringfügiger Differenzen, die für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung sind, setzte der Beklagte demgemäß die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers für die Firma ...; abziehbaren Werbungskosten mit 3.166,20 DM (anstatt wie begehrt 4.484 DM) an (Differenz: ca. 1.318 DM).
Der Kürzung der Reisekosten und des Verpflegungsmehraufwandes lagen im einzelnen folgende Erwägungen des Beklagten zugrunde:
Der Beklagte nahm an, daß die Fahrten anläßlich der Wohnungswechsel zu Beginn der doppelten Haushaltsführung für den Einsatz in E im Januar 1996 und für den Einsatz in H im Februar 1996 erfolgten und daß die Fahrten anläßlich der Wohnungswechsel am Ende der doppelten Haushaltsführung im September 1996 stattfanden. An- und Abreisekosten für den im Mai 1996 erfolgten Einsatz in E berücksichtigte der Beklagte nicht. Für die Einsätze im Mai (in E) sowie im September (in E und H) berücksichtigte der Beklagte keine Verpflegungsmehraufwendungen, da der Dreimonatszeitraum -bezogen auf den erstmaligen Einsatz auf diesen Baustellen- verstrichen war. Der Beklagte setzte demgemäß die Einkommensteuer 1996 unter Berücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens (z.v.E.) von DM 33.503 mit Progressionsvorbehalt wegen Lohnersatzleistungen von DM 365 auf DM 2.533 fest.
Mit Schreiben vom 21. Januar 1998 beantragten die Kläger, die Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung im Wege der Änderung des Einkommensteuerbescheids gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a der Abgabenordnung -AO- in der geltend gemachten Höhe zu berücksichtigen. Der Beklagte lehnte den Antrag auf „schlichte” Änderung mit Bescheid vom 18. Mai 1998 ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 27. Mai 1998 wies der Beklagte durch den Einspruchsbescheid vom 15. Juni 1998 zurück.
Die Kläger haben am 25. Juni 1998 Klage erhoben. Sie tragen vor, daß bei Dienstreisen nach der Regelung des Abschnitt 37 Abs. 3 Satz 6 Nr. 1 Satz 2 der Lohnsteuerrichtlinien 1996 -LStR- eine neue Dreimonatsfrist beginne, wenn die Auswä...