rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Zwangsaufgabe des Besitzunternehmens bei Wegfall der personellen Verflechtung und gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen der Betriebsverpachtung. Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ersetzt nicht die Betriebsaufgabeerklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beim Wegfall der Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung wird eine Aufdeckung stiller Reserven bzw. die Realisierung von Veräußerungsgewinnen vermieden, wenn die Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung gegeben sind und insoweit das Wahlrecht ausgeübt wurde. Mit dem Wegfall der Betriebsaufspaltung lebt dann das Verpächterwahlrecht wieder auf.

2. Eine Betriebsaufgabe ohne Erklärung gegenüber dem Finanzamt liegt, sofern und solange die Voraussetzungen des Verpächterwahlrechts erfüllt sind, nur vor, wenn sich bereits bei der Verpachtung aus den tatsächlichen Umständen eindeutig der Aufgabewille ergibt.

3. Die Stellung eines Eigenantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ersetzt nicht eine Betriebsaufgabeerklärung, sondern dient vor allem dazu, entweder bei Vorliegen von Insolvenzgründen sich unter die Regelungen des Insolvenzrechts zu begeben, um das Vermögen abzuwickeln oder zum Erhalt des Unternehmens beizutragen oder letztlich zur Befreiung von Verbindlichkeiten zu kommen.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 3 S. 1; InsO § 13 Abs. 1, § 80

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.10.2015; Aktenzeichen X B 71/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Besteuerung eines im Rahmen des Insolvenz- bzw. Zwangsversteigerungsverfahrens erzielten Veräußerungsgewinns im Jahr 2009.

Über das Vermögen des Klägers war durch Beschluss vom 00. 00. 2008 durch das Amtsgericht Insolvenzgericht unter dem Aktenzeichen … ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Eröffnung lagen sowohl ein Insolvenzantrag des Beklagten wie ein Eigenantrag des Klägers Eigenantrag) zu Grunde. Die beiden Verfahren waren zum erstgenannten Verfahren im Eröffnungsbeschluss verbunden worden. Das Insolvenzverfahren wurde am 00.00. 2010 mit Beschluss nach § 211 Insolvenzordnung (InsO) eingestellt.

Am 10. Januar 2011 erging nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ein Bescheid für 2009 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 78.918 EUR aus dem Verkauf von Anlagevermögen. Der Bescheid war an „RA A… als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn T” adressiert und stellt in den Erläuterungen dar, dass der Bescheid dem Adressaten als Verfahrensbevollmächtigtem zugeht.

Am 09. Januar 2012 erging sodann ein Einkommensteuerbescheid, in dem u.a. die Einkünfte aus Gewerbebetrieb enthalten waren. Dieser Bescheid war an S Steuerberatung für die Eheleute T gerichtet.

Am 22. März 2012 ging beim Beklagten ein vorsorglicher Einspruch und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein, soweit die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom 15. September 2010 für das Kalenderjahr 2009 Gegenstand einer Besteuerung geworden sei. Der Kläger führte aus, dass er von der „Erklärung zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom 15. September 2010” erstmals am 16. März 2012 Kenntnis erlangt habe und dass ihm die Unterzeichnung dieser Erklärung nicht erinnerlich sei. Eine eingereichte „Anlage Gewinnermittlung 2009” sei ihm ebenfalls nicht bekannt.

Mit Schreiben vom 10. September 2012 gab der Beklagte dem Antrag auf Wiedereinsetzung statt, nachdem er ermittelt hatte, dass er selbst erst am 28. November 2011 von der Einstellung des Insolvenzverfahrens bereits am 00.00. 2010 erfahren habe und dass der Feststellungsbescheid vom 10. Januar 2011 nicht an den Insolvenzverwalter hätte ergehen dürfen. Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass der verspätete Einspruch als rechtzeitig eingelegt anzusehen sei. Des Weiteren stellte er dar, dass – unabhängig von der Insolvenz – durch die Versteigerung des Grundstücks unter Berücksichtigung des Versteigerungserlöses und der Buchwerte ein Veräußerungsgewinn entstanden sei, der nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu versteuern sei.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 gab der Kläger an, dass aufgrund seiner Privatinsolvenz seine Bank die Betriebsimmobilie versteigert habe und ihm kein Geld zugeflossen sei. Der Zwangsversteigerungserlös sei von der Bank komplett vereinnahmt worden. Er habe daher am 16. Oktober 2012 beim Finanzamt einen Antrag auf Billigkeitserlass aus sachlichen und persönlichen Gründen gestellt. Erst nach Erhalt von Mahnungen habe er erkennen müssen, dass ein Bescheid ergangen sei, den er sodann nach mehrfachen Bemühungen vom Insolvenzverwalter ausgehändigt bekommen habe. Weiter meinte er, dass ein möglicher Veräußerungsgewinn bereits zum Zeitpunkt der Einstellung seiner unternehmerischen Tätigkeit und Betriebsaufgabe und damit im Veranlagungszeitraum ...

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