rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug einer Kfz-Werkstatt aus Rechnungen der DEKRA Automobil GmbH (DEKRA) über an Kundenfahrzeugen durchgeführte Hauptuntersuchungen. durchlaufender Posten
Leitsatz (redaktionell)
1. Lässt eine Kfz-Werkstatt nach den Abrechnungsmodalitäten im eigenen Namen und auf eigene Rechung für bei ihr in Auftrag eines Kunden zur Reparatur bzw. Inspektion befindliche Fahrzeuge von der DEKRA die Hauptuntersuchung durchführen, so steht der Werkstatt hinsichtlich der ihr von der DEKRA mit Umsatzsteuerausweis erstellten Rechnung der Vorsteuerabzug zu (gegen Verfügung der OFD Frankfurt/Main vom 24.6.2010 – S 7100 A – 228 – St 110).
2. Nach § 10 Abs. 1 UStG gehören durchlaufende Posten nicht zum Entgelt. Der Unternehmer muss die in fremdem Namen und für fremde Rechnung vereinnahmten Beträge in seiner Buchführung als durchlaufende Posten behandelt haben. Dem Unternehmer steht damit letztlich ein Wahlrecht zu, ob er die im Namen und für Rechnung seiner Leistungsempfänger verauslagten Beträge als Teil der Besteuerungsgrundlage erfasst wissen will oder nicht. Nimmt er diese Behandlung in seiner Buchführung nicht vor, fallen die Beträge in die Bemessungsgrundlage für seine Leistung (vgl. BFH-Urteil vom 03.07.2014 – V R 1/14).
3. Hat die Kfz-Werkstatt die ihr von der DEKRA in Rechnung gestellten Kosten (siehe 1.) nicht in ihrer Buchführung als durchlaufenden Posten behandelt, so hat sie zu Recht in den von ihr an den Kunden gestellten Rechnungen die Kosten der Durchführung der Hauptuntersuchungen in das umsatzsteuerpflichtige Entgelt für ihre an den Kunden erbrachten Lieferungen und Leistungen einbezogen.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1; StVZO § 29 Abs. 1; GebOSt § 4
Tenor
Die Bescheide über Umsatzsteuer für 2012 und 2013 vom 22. April 2015 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 29. Juli 2015 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin aus Rechnungen der DEKRA Automobil GmbH (DEKRA) über Hauptuntersuchungen ein Vorsteuerabzug zusteht, oder ob es sich hierbei um einen sog. durchlaufenden Posten i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 6 Umsatzsteuergesetz (UStG) handelt.
Die Klägerin betreibt einen Fahrzeughandel nebst Kfz-Werkstatt. Gesellschafter der Klägerin sind A und B zu jeweils 50 v.H. Die Gesellschafter der Klägerin sind zugleich die alleinigen Gesellschafter der A&B GmbH, die einen Autohandel betreibt und in Z unter der gleichen Adresse ansässig ist wie die Klägerin.
Die Klägerin versteuerte in den Streitjahren ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten.
Den für die Jahre 2012 und 2013 von der Klägerin im jeweiligen Folgejahr eingereichten Umsatzsteuererklärungen stimmte der Beklagte jeweils zu.
In der Zeit vom 9. Februar 2015 bis 26. März 2015 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch, die sich u.a. auf Umsatzsteuer für 2012 und 2013 bezog. Der Betriebsprüfungsbericht datiert auf den 30. März 2015.
Die Betriebsprüfung stellte fest, dass die Klägerin einen Vorsteuerabzug aus ihr von der DEKRA erteilten Rechnungen über Prüfgebühren für Hauptuntersuchungen i.H.v. EUR im Jahr 2012 und EUR im Jahr 2013 geltend gemacht hatte. Die Rechnungen beruhten darauf, dass die Klägerin bei ihr in Auftrag der A&B GmbH zur Reparatur bzw. Inspektion befindliche Fahrzeuge von der DEKRA hat untersuchen und prüfen lassen. Die Klägerin selbst hatte dann die ihr in Rechnung gestellten Prüfgebühren zum gleichen Netto-Betrag an die A&B GmbH unter Ausweis von Umsatzsteuer weiterberechnet. Die Betriebsprüfung war der Auffassung, dass die Klägerin aus den Rechnungen der DEKRA keinen Vorsteuerabzug geltend machen könne, da nicht sie sondern der Fahrzeughalter (die A&B GmbH) Leistungsempfängerin der von der DEKRA ausgeführten Untersuchungen gewesen sei.
Der Beklagte erließ daraufhin am 22. April 2015 geänderte Bescheide über Umsatzsteuer für 2012 und 2013, in denen er die Steuer für 2012 um EUR auf EUR und für 2013 um EUR auf 31.308,92 EUR heraufsetzte. Als Änderungsvorschrift gab er jeweils § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) an.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai 2015 Einspruch ein.
Die Einspruchsentscheidung, mit der der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurückwies, datiert auf den 29. Juli 2015. Der Beklagte führte zur Begründung aus, die Klägerin sei nicht Halterin der fraglichen Fahrzeuge, so dass sie nach § 29 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) auch nicht die Verpflichtung zur Durchführung der Hauptuntersuchung treffe. Ferner ergebe sich zwischen der Klägerin und der DEKRA auch keine Rechtsbeziehung im Sinne eines Leistungsaustausches, aus der ein Vorsteuerabzug resultieren könne. Diese R...