Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug von Verpflegungsmehraufwand für Großgerätefahrer unter Tage. Abgrenzung eines Selbstladetransportfahrzeugs von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen. Verpflegungsmehraufwand auch für Fahrtätigkeit innerhalb einer Betriebsstätte. Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG bei Fahrtätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein unter Tage im Kaliwerk tätiger Fahrer eines sog. Selbstladetransportfahrzeugs übt eine Fahrtätigkeit aus und hat daher gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2, 3 EStG Anspruch auf den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der dort genannten Pauschalen als Werbungskosten (hier: Abgrenzung zu selbstfahrenden Arbeitsmaschinen i.S. des § 18 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. l StVZO).
2. Fahrtätigkeiten innerhalb einer großräumigen Betriebsstätte sind vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG nicht auszunehmen.
3. Bei einer Fahrtätigkeit findet die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG allenfalls bei ununterbrochenem Aufenthalt auf dem Fahrzeug Anwendung, was wohl nur bei Aufenthalt auf einem Seeschiff praktisch wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3, § 4 Ab S. 5, § 4 Ab S. 2, § 9 Abs. 5; StVZO § 18 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. l
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Bescheides vom 01. April 2003 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 19. November 2003 wird die Einkommensteuer 2002 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten des Klägers von 960 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger werden als Eheleute zusammen veranlagt. Der Kläger arbeitet als Großgerätefahrer unter Tage im Kaliwerk ….
Das nördlich von … belegene Kaliwerk erstreckt sich von Südosten nach Nordwesten mit einer derzeitigen Ausdehnung von etwa 6 × 16 km. Es existieren vier Zugänge, von denen zur Zeit jedoch nur der Schacht … genutzt wird. Der Grubenbetrieb ist in drei Abbaubereiche (Großreviere) aufgeteilt, die ihrerseits wiederum in Gewinnungsreviere aufgeteilt sind. Gearbeitet wird in drei Schichten täglich. Die Großreviere haben Stammbelegschaften. Jedoch kann je nach den Erfordernissen jeder Mitarbeiter an jeder Stelle der Grube eingesetzt werden. Die Mitarbeiter können entweder während der Schichtpause unter Tage mitgebrachte Verpflegung verzehren oder aber vor oder nach der Schicht die werkseigene Kantine über Tage aufsuchen.
Wie der in der mündlichen Verhandlung persönlich anwesende Kläger unwidersprochen dargestellt hat, ist er nicht mit dem Abbruch selbst beschäftigt. Er transportiert mittels sogenannter Selbstladetransportfahrzeuge das bereits abgebrochene Material innerhalb der Grube. Diese Fahrzeuge gleichen Radladern und leisten sowohl das Auf- und Abladen des Materials als auch den Transport. Der Senat nimmt ergänzend Bezug auf Abbildungen von Grubenfahrzeugen, die der Beklagte der Internetseite der … GmbH (http://www….com) entnommen und in der mündlichen Verhandlung überreicht hat. Der Kläger hat bestätigt, er fahre ein derartiges Fahrzeug.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr haben die Kläger Mehraufwendungen für Verpflegung des Ehemannes in Höhe von EUR 960,00 (160 Tage × EUR 6,00) geltend gemacht. Mit Bescheid vom 01. April 2003 hat der Beklagte die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung dieses Betrages auf EUR 10.700,00 festgesetzt, da der Kläger keine Fahrtätigkeit ausübe. Hiergegen richtete sich der am 04. April 2003 eingegangene Einspruch, der erfolglos blieb. Gegen den Einspruchsbescheid vom 19. November 2003 richtet sich die am 16. Dezember 2003 eingegangene Klage.
Die Kläger machen geltend, der Ehemann übe als Großgerätefahrer eine Fahrtätigkeit aus. Seine Tätigkeit entspreche der eines Berufskraftfahrers. Er könne keinen Unterschied zwischen einem Lokführer und einem Großgerätefahrer erkennen.
Auch entstünden ihm tatsächlich Verpflegungsmehraufwendungen. Er sei mehr als acht Stunden von seiner Wohnung abwesend und müsse sich unter Tage selbst verpflegen. Er bewege sich ständig bei Temperaturen zwischen 35° und 50° C, könne daher nur hochwertige und damit teurere Lebensmittel mitnehmen. Eine andere Möglichkeit, sich unter Tage zu verpflegen, bestehe nicht.
Seit 1997 habe das Finanzamt die Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt. Lediglich 1999 habe er zusätzlich nachweisen müssen, dass er keinen Verpflegungszuschuss von dem Arbeitgeber erhalte. Die Frage sei also bereits geprüft worden. Tatsächlich liege bereits nach der eigenen Definition der Finanzverwaltung (R 37 Abs. 4 LStR) Fahrtätigkeit vor, weil der Kläger zu weniger als 20 % außerhalb seines Großgerätes tätig sei.
Da zwar nach neuester Rechtsprechung des BFH die Drei-Monats-Frist des § 4 Abs. 5 Sat...