rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtbestehens der Steuerberaterprüfung 1995
Tenor
Die Prüfungsentscheidung des Prüfungsausschusses beim Ministerium der Finanzen … vom 13. Februar 1996 wird aufgehoben.
Von den bis zum 29. Oktober 1997 entstandenen außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten hat der Kläger 80 v.H., der Beklagte 20 v.H. zu tragen. Die nach dem 28. Oktober 1997 entstandenen Kosten hat der Beklagte zu tragen.
Der Streitwert beträgt bis zum 28. Oktober 1997 100.000,– DM und seither 20.000,– DM.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger seinerseits zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wurde auf seinen Antrag zur Steuerberaterprüfung 1994 zugelassen, bestand diese Prüfung jedoch nicht. Auf seinen erneuten Antrag wurde er auch zur Steuerberaterprüfung 1995 zugelassen. Der schriftliche Teil dieser Prüfung fand am 10., 11. und 12. Oktober 1995 statt. Die von dem Kläger geschriebenen Aufsichtsarbeiten wurden im Bereich Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete mit 5,0, im Bereich Ertragsteuern mit 4,5 und im Bereich Buchführung und Bilanzwesen mit 4,0 bewertet. Da die Gesamtnote danach die Zahl 4,5 nicht überstieg, war der Kläger zur mündlichen Prüfung zugelassen. Hierüber und über das Ergebnis seiner schriftlichen Arbeiten wurde der Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 1996 unterrichtet. Am 31. Januar 1996 erhielt der Kläger seine Aufsichtsarbeiten, die Aufgabentexte mit Lösungshinweisen und die Bewertungsbögen zur Einsicht.
Die mündliche Prüfung fand am 13. Februar 1996 statt. Aus den Noten, die der Kläger für seinen Vortrag und die Leistungen in den einzelnen Prüfungsabschnitten erhielt, ergab sich eine Gesamtnote von 4,0. Die Prüfungsgesamtnote betrug danach 4,25. Dem Kläger wurde dementsprechend zum Schluß der mündlichen Prüfling mitgeteilt, daß er die Prüfung nicht bestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger erhebt Einwendungen sowohl hinsichtlich des schriftlichen als auch des mündlichen Teils der Prüfung.
I. Befangenheit
Der Kläger macht zunächst geltend, der Zweitkorrektor der Aufsichtsarbeit im Bereich Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete, …, hätte sich für befangen erklären müssen. Dieser sei Mitglied des Prüfungsausschusses gewesen, vor dem der Kläger im Februar 1995 seine erste mündliche Prüfung nicht bestanden hatte. Etwa ein bis zwei Stunden nach Ende dieser mündlichen Prüfung seien der Kläger in Begleitung seiner Ehefrau einerseits und Herr … in Begleitung eines anderen Prüfers andererseits bei einer zufälligen Begegnung in einer Gaststätte in einen unfreundlichen Disput geraten. Es sei danach nicht auszuschließen, daß Herr … befangen gewesen sei.
Herr … hat sich hierzu am 16. Oktober 1996 schriftlich geäußert. Er fuhrt aus, tatsächlich seien bei dem vom Kläger geschilderten Vorgang er, Herr …, und sein Begleiter, Herr …, in einen unerfreulichen Disput mit der Ehefrau des Klägers geraten, die über den Ausgang der Prüfung sehr enttäuscht gewesen sei und sich durch verbale Entgleisungen Luft gemacht habe. Der Kläger selbst sei ruhig gewesen und habe seine Ehefrau nach deren verbalen Entgleisungen zur Zurückhaltung gedrängt, weil ihm selbst die Szene offensichtlich peinlich gewesen sei.
Der Beklagte merkt hierzu an, Herr … habe dem Vorfall keine solche Bedeutung beigemessen, daß er sich deshalb habe befangen fühlen müssen. Tatsächlich habe er die Aufsichtsarbeit auch nicht schlechter bewertet als die Erstprüferin. Der Kläger meint demgegenüber, es sei bezeichnend, daß Herr … sich noch ca. 20 Monate nach dem Vorfall an jede Einzelheit erinnern konnte. Es sei deshalb wahrscheinlich, daß dies zum Zeitpunkt der Korrektur der Aufsichtsarbeit erst recht der Fall gewesen sei.
II. Prüfungsanforderungen
Die im Bereich Ertragsteuern ausgegebene Klausur sei rein schreibtechnisch nicht zu bewältigen gewesen. Die Musterlösung umfasse 36 Schreibmaschinenseiten. Die Verteilung der bei der Benotung erzielbaren 100 Punkte auf diesen Text zeige, daß er weder überflüssige noch fakultative Bestandteile enthalte. Schon wegen der danach erforderlichen Schreibarbeit sei es praktisch nicht möglich, eine bessere Note als 4,0 (= 50 bis 59 Punkte) zu erzielen. Soweit dem Kläger bekannt sei, wurde der Umfang der Lösung in anderen Bundesländern reduziert. Aus der Beibehaltung des ursprünglichen Lösungsvorschlages im Lande … ergäbe sich ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Beklagte hat hierzu ausgeführt, von den Bewertungsvorschlägen werde nur in Übereinstimmung mit den anderen Bundesländern abgewichen. Eine derartige Abweichung sei jedoch nicht beschlossen worden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ergebe sich schon deshalb nicht, weil innerhalb des Landes … nicht unterschiedlich bewertet worden sei (Bundesfinanzhof Beschluß vom 13. März 1990, ...