Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Geschäftsführers für ausgefallene Steuerschulden der in Konkurs gegangenen GmbH wegen Benachteiligung des FA gegenüber den übrigen GmbH-Gläubigern. Haftung
Leitsatz (redaktionell)
1. Haftet der Geschäftsführer für nach dem Konkurs der GmbH endgültig ausgefallene Steuerverbindlichkeiten, weil er das FA hinsichtlich der Tilgung der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt hat „anteilige Tilgung”), so beginnt der maßgebliche Haftungszeitraum grundsätzlich mit der Fälligkeit der ältesten Forderung. Im Falle einer monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung kommt es insoweit auf den Zeitpunkt an, zu dem die Voranmeldung abgegeben hätte werden müssen.
2. Die Tilgungsquote kann ggf. für einen anderen Zeitraum als den Haftungszeitraum zu ermitteln sein (zur Beweislast und zur Berechnung der Tilgungsquote unter Berücksichtigung eines Abschlags von 10 % zugunsten des Haftungsschuldners).
3. Die Haftung nach dem Grundsatz der anteiligen Tilgung erfasst nicht nur für im Haftungszeitraum entstandene, sondern auch vorher entstandene und im Haftungszeitraum fällig gewordene Steuerschulden des Unternehmens (hier: Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer).
Normenkette
AO § 69 S. 1, § 34
Nachgehend
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist die Inanspruchnahme der Kläger für Steuerschulden der … GmbH.
Die Kläger waren Geschäftsführer der … GmbH (GmbH). Eine schriftliche Vereinbarung über die Verteilung der Aufgaben bestand nicht.
Aufgrund des am 10. April 1995 beim Amtsgericht Celle gestellten Antrags wurde am 11. April 1995 das Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH eröffnet. Mit Beschluss vom 15. August 2000 wurde das Verfahren mangels Masse abgelehnt. Nachdem von der GmbH keine Zahlung mehr zu erwarten war, nahm der Beklagte die Kläger jeweils gesondert mit Bescheid vom 19. Februar 1997 gem. § 191 i.V.m. §§ 34, 69 Abgabenordnung (AO) in Haftung. Mit Schreiben vom 5. März 1998 teilte der Beklagte während der Einspruchsverfahren jeweils mit, dass eine Teilrücknahme der Haftungsbescheide in Betracht komme. Ohne die Haftungssumme herabzusetzen, stellte der Beklagte nach weiter Prüfung fest, dass eine weitere Reduzierung der Haftungssumme zu erfolgen habe. Der Beklagte fragte daraufhin mit Schreiben vom 15. September 1998 bei den Klägern an, ob sich die Einsprüche auf der Grundlage der in dem Schreiben dargestellten Neuberechnung erledigen könnten.
Nachdem sich die Kläger hierzu äußerten, nahm der Beklagte die Haftungsbescheide durch Einspruchsbescheide vom 7. Juni 2000 bis auf einen Betrag von jeweils 86.496 DM, für die er die Kläger gesamtschuldnerisch in Anspruch nahm, zurück. Bei der Ermittlung der Haftungsbeträge berücksichtigte der Beklagte die vom Konkursverwalter übersandten Bilanzunterlagen 1991 bis 1995 (Bilanzen für die Jahre 1991 bis 1993 sowie Hauptabschlussübersichten zum 31. Dezember 1994 und zum 31. März 1995) und der vom vormaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger anhand dieser Unterlagen erstellten Bilanz für das Jahr 1994 und ermittelte eine Tilgungsquote der Verbindlichkeiten ohne Steuern von 79,87 %. Für die Inanspruchnahme der Kläger ging der Beklagte zu deren Gunsten jeweils von einer Tilgungsquote von 70 % aus. Ausgangspunkt für die Ermittlung der Tilgungsquote waren die dem Beklagten vorliegenden Zahlen für den Zeitraum 31. Dezember 1993 bis 31. März 1995, obwohl er im Einspruchsbescheid davon ausging, dass der maßgebliche Zeitraum hiervon abweichend am 10. März 1994 begann und am 10. April 1995 endete. Bei dem Beginn des Berechnungszeitraums berücksichtigte der Beklagte, dass die der ältesten Forderung zu Grunde liegende Voranmeldung (Umsatzsteuer Januar 1994) spätestens am 10. März 1994 abzugeben war. Ferner berücksichtigte der Beklagte die in diesem Zeitraum geleisteten Steuerzahlungen sowie die sich anhand einer Berechnung der Körperschaftsteuer für die Jahre 1991 bis 1994 ergebenden fiktiven Erstattungsansprüche und Erstattungszinsen. Im Übrigen blieben die Einspruch ohne Erfolg. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsbescheide Bezug genommen.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klagen tragen die Kläger vor, der Beklagte habe die Haftungssumme durch die Bescheide vom 5. März und vom 15. September 1998 teilweise zurückgenommen, so dass der Haftungsbetrag nicht mehr nachvollziehbar sei. Zudem seien die Haftungsbescheide inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, weil der Haftungsbetrag nicht einzeln nach Steuerart und Zeitraum benannt ist.
Unzutreffend sei der Beklagte von einem Verschulden ausgegangen. Ein solches sei nicht gegeben, weil sie, die Kläger, bis zuletzt alle Steuererklärungen und Anmeldungen eingereicht hätten. Die entstandenen Steuerschulden seien nur wegen der fehlenden Liquidität nicht gezahlt worden. Der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sie versucht hätten, eine Darlehen über eine La...