rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft (im Streitfall von Boxern) nach dem Gesamtbild der Verhältnisse
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Frage, ob eine Person als Arbeitnehmer anzusehen ist, ist das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend.
2. Zwischen einem Verein und mehreren Boxern abgeschlossene „Rahmenverträge”, die bei einer Vertragsdauer von sieben Monaten keine zeitbezogene, sondern lediglich eine einsatzbezogene (und erfolgsbezogene) Vergütung vorsehen, ohne eine Mindestanzahl von Einsätzen zu garantieren, den Boxern das Krankheitsrisiko sowie die Versteuerung der bezogenen Vergütungen aufbürden und ihnen keinen Urlaubsanspruch einräumen, führen zu einem erhebliche Unternehmerrisiko der Boxer, welches gegen die Arbeitnehmereigenschaft spricht.
3.Zwar trifft es zu, dass die Boxer nach dem jeweiligen Vertrag eine Reihe von Verpflichtungen gegenüber dem Kläger übernommen haben (insbesondere Antritt auf Anforderung des Klägers zu den im Vertrag benannten Wettkämpfen, Halten einer bestimmten Gewichtsklasse, Verbot einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber einem anderen Verein während der Vertragsdauer, regelmäßiges Training, Präsentation der Ausstatter und Sponsoren des Klägers). Diese Umstände treten in ihrer Bedeutung jedoch hinter den von dem jeweiligen Boxer auf eigene Kosten (und ohne Anrecht auf einen mit einem Vergütungsanspruch verbundenen Einsatz) zu erbringenden regelmäßigen Trainingsaufwand zurück.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Der Haftungsbescheid vom 20. Juni 2005 und der hierzu ergangene Einspruchsbescheid vom 07. Dezember 2006 werden ersatzlos aufgehoben.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die vom Kläger (damals unter dem Namen Förderverein M. e.V., nach Namenswechsel nunmehr Förderverein … e.V.) für die 1. Box-Bundesliga 2001/2002 unter Vertrag genommenen Boxer als deren Arbeitnehmer anzusehen sind.
Der Kläger schloss mit mindestens 21 Boxern Verträge für die Bundesligasaison 2001/2002. Die Verträge begannen am 1. Oktober 2001 und sollten am 30. April 2002 enden. Aus wirtschaftlichen Gründen kündigte der Kläger die Verträge am 12. März 2002 außerordentlich. Die Boxer sollten für die Staffel des 1. Box-Club M. in der 1. Bundesliga des Deutschen Boxsport-Verbandes antreten. Im Jahre 2001 nahm der 1. Box-Club M. an mindestens zwei, im Jahre 2002 an mindestens 3 Bundesligakämpfen teil. Jeder Bundesligakampf findet in 8 Gewichtsklassen statt. In den Verträgen verpflichteten sich die Boxer u.a.,
- in Vorbereitung und während der laufenden Bundesligasaison mindestens 3x wöchentlich zu trainieren,
- bei Wettkämpfen im Gewichtslimit anzureisen,
- bei Krankheit oder Verletzung den Cheftrainer hinsichtlich der Wahl des Arztes zu konsultieren und
- dem Kläger bei sonstigen Vergleichskämpfen zur Verfügung zu stehen.
In einer Anlage zum Vertrag wurde geregelt, welche Beträge der Boxer bei Sieg, Niederlage bzw. Unentschieden erhalten sollte. Der Kläger wies ferner darauf hin, dass der Boxer für die Versteuerung der Einnahmen selbst verantwortlich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf das in der Arbeitsakte des Beklagten (FA) zur Lohnsteueraußenprüfung befindliche Vertragsmuster ergänzend Bezug genommen. Der Kläger zahlte an mindestens 21 Boxer die vertraglich vereinbarten Beträge.
Im Frühjahr 2005 fand beim Kläger eine Lohnsteueraußenprüfung statt. In dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 22. April 2005 führte die Prüferin aus, dass die Boxer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Arbeitnehmer des Klägers anzusehen seien. Hierfür spreche das vereinbarte Wettbewerbsverbot, die Pflichtpräsentation der Sponsoren, die Vorgabe der Anzahl der Trainingseinheiten, die Pflicht zur Abmeldung bei begründeter Verhinderung, die Pflicht zur Rücksprache mit dem Cheftrainer bezüglich der Arztwahl bei Krankheit, die Pflicht, auch bei sonstigen Vergleichskämpfen zur Verfügung zu stehen und die Teilnahmeverpflichtung bei Einzelmeisterschaften des Landesverbandes bzw. des Deutschen Boxsport-Verbandes. Die vereinbarten Prämien würden die regelmäßige Entgeltzahlung unterstreichen und die Annahme ausschließen, dass es sich bei den Zahlungen um Aufwandsentschädigungen handele.
Das FA nahm daraufhin den Kläger mit Bescheid vom 20. Juni 2005 für 17 Boxer für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Haftung und setzte gegen ihn einen Haftungsbetrag in Höhe von 5.550,48 EUR fest. Für weitere 4 Boxer ergingen Kontrollmitteilungen. Ein „fiktiver Haftungsbescheid” für 4 Boxer wurde mit Bescheid vom 7. Dezember 2006 widerrufen.
Zur Begründung des hiergegen rechtzeitig eingelegten Einspruchs trug der Kläger vor, es seien für einen Zeitraum von insgesamt 6 Monaten an 17...