rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Wiederaufnahme eines Klageverfahrens (Form und Frist). Keine Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Wege der Nichtigkeitsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war. Die Vorschrift ist anwendbar bei fehlender Prozessführungsbefugnis eines vermeintlichen Prozessstandschafters, bei mangelnder Prozessfähigkeit, bei mangelnder Prozessvollmacht sowie bei juristischen Personen, sofern diese nicht von dem vertretungsberechtigten Organ vertreten waren.

2. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs fällt nicht unter § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Eine darauf gestützte Rüge ist ggf. im Wege der Revision zu erheben.

 

Normenkette

ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 4; FGO §§ 134, 119 Nr. 3, § 96 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt die Wiederaufnahme eines bei dem Finanzgericht Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen 4 K 215/05 geführten Verfahrens.

Der Kläger hatte in diesem Verfahren Klage wegen Einkommensteuer 2002 erhoben. Streitig waren die Nichtberücksichtigung von Verlusten bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft wegen sog. Liebhaberei sowie die Kirchensteuerfestsetzung für die mit dem Kläger zusammenveranlagte Ehefrau. Der Kläger hatte in diesem Zusammenhang beantragt, die Nichtigkeit der entsprechenden Bescheide (Einkommensteuerbescheid vom 22. September 2004 und Einspruchsentscheidung vom 07. Januar 2005) festzustellen.

Der Senat hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 25. Januar 2011 abgewiesen mit der Begründung, dass Nichtigkeitsgründe weder vorgetragen noch ersichtlich seien. In den Entscheidungsgründen ist weiterhin ausgeführt, dass der Senat gemäß § 91 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht daran gehindert war, auch ohne den Kläger, der zum Termin zur mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen war, zu verhandeln und zu entscheiden. Auf die Folgen des Nichterscheinens war der Kläger in der ordnungsgemäßen Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen worden. Die Ladung vom 09. Dezember 2010 ist dem Kläger ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Zustellungsurkunde am 29. Dezember 2010 zugestellt worden. Das Urteil vom 25. Januar 2011 ist dem Kläger ausweislich der sich in der Gerichtsakte befindlichen Zustellungsurkunde am 09. Februar 2011 zugestellt worden.

Bereits mit Schriftsatz vom 04. Februar 2011 zeigte der Prozessbevollmächtigte die anwaltliche Vertretung des Klägers an und machte geltend, dass dem Kläger der Verhandlungstermin nicht bekannt gewesen sei. Kenntnis habe er vielmehr erst durch Übersendung des Protokolls der mündlichen Verhandlung erlangt, weshalb beantragt werde, einen neuen Verhandlungstermin anzuberaumen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 03. März 2011 machte der Kläger abermals geltend, die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erhalten zu haben und beantragte, die „Wiederaufnahme des Verfahrens”.

Schließlich hat der Kläger unter dem 14. November 2011, eingegangen bei Gericht per Telefax am 15. November 2011, ausdrücklich Nichtigkeitsklage erhoben und beruft sich auf den Wiederaufnahmegrund des § 579 Abs. 1 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 134 FGO, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. Januar 2011, Az. 4 K 215/05, aufzuheben und der unter diesem Aktenzeichen erhobenen Klage stattzugeben.

Der Beklagte hat sich zur Sache nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Gemäß § 91 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) war der Senat nicht daran gehindert, auch ohne den Beklagten, der zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, zu verhandeln und zu entscheiden. Auf die Folgen des Nichterscheinens ist der Beklagte in der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung, die ihm ausweislich des sich in der Gerichtsakte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 30. Dezember 2011 zugestellt worden ist, hingewiesen worden.

Die Klage ist unzulässig.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann gemäß § 134 FGO nach §§ 578 ff ZPO wieder aufgenommen werden. Danach kann die Wiederaufnahme eines Verfahrens entweder durch eine Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO oder durch eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO wieder aufgenommen werden.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens kommt nach § 579 ZPO in Fällen besonders schwerwiegender Verfahrensverstöße in Form einer Nichtigkeitsklage und nach § 580 ZPO bei schwerwiegenden inhaltlichen Mängeln der angefochtenen Entscheidung durch eine Restitutionsklage in Betracht. Beide Arten von Wiederaufnahmeverfahren sind nur unter den jeweils in den genannten Vorschriften abschließend aufgeführten Voraussetzungen statthaft (BFH-Beschluss vom 22. März 1994 – VII E 13, 14/93, BFH/NV 1995, 36).

Der Antrag auf W...

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