Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnschätzung bei illegalem Glücksspiel. Aussetzung der Vollziehung betr. Gewerbesteuermeßbetrag 1989
Leitsatz (amtlich)
1. Werden die Einkünfte eines Gewerbetreibenden nach den Grundsätzen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG geschätzt, sind Rückstellungen für Betriebssteuern zu berücksichtigen.
2. Der steuerliche Gewinn beim illegalen Glücksspielunternehmen wird in aller Regel durch die geschuldete Umsatzsteuer und die anderen Betriebsausgaben weitgehend aufgezehrt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1; AO 1977 § 162; UStG
Tenor
Die Vollziehung des Gewerbesteuermeßbescheides 1989 vom 25. September 1991 wird bis zum Abschluß des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Die Entscheidung ergeht endgültig.
Tatbestand
I.
In der Zeit von November 1988 bis Juli 1989 wurde in …, unter der Tarnadresse eines „Privatclubs zur Pflege von Geschicklichkeitsspielen aller Art” von mehreren Inhabern im Wechsel ein illegales, im wesentlichen dem klassischen Roulette entsprechendes Glücksspiel betrieben. Am 21. Juli 1989 wurde der Betrieb des Glücksspiels durch eine Aktion der Polizei und der Steuerfahndung beendet. Bei der Aktion wurde eine Reihe von Unterlagen beschlagnahmt. Einer der an dem Glücksspiel Beteiligten, der Kaufmann …, machte vor der Kriminalpolizei Anfang September 1989 eine umfangreiche Aussage. Hiernach soll das Glücksspiel von November 1988 gemeinsam im vierzehntägigen bzw. monatlichen Wechsel betrieben worden sein. Die beiden Vorgenannten sollen Ende Februar 1989 ihre Clubanteile für insgesamt 60.000 DM an einen „E.”, bei dem es sich möglicherweise um den Antragsteller handelt, verkauft haben. Der Fahndungsprüfer ging u. a. aufgrund der vorgenannten Aussage davon aus, daß der Antragsteller ab Ende Februar 1989 bis zur Schließung des Clubs dessen Alleininhaber war. Unter Tz. 14 I d seines Schlußberichts vom 17. Dezember 1990 (STEL Nr. 172/89 i.V.m. 87–90/90) schätzte er u. a. aufgrund der beschlagnahmten Unterlagen und der Aussage des Zeugen … den im März und April 1989 erzielten Gewinn auf 300.000 DM (Gewinn im Tagesdurchschnitt: 5.000 DM). Der Beklagte gab dem Antragsteller unter Zugrundelegung des Prüfungsberichts am 25. September 1991 einen Gewerbesteuermeßbescheid (Datum des Bescheides: 16. Oktober 1991) bekannt, der für 1989 einen einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag in Höhe von 13.200 DM festsetzte. Am 4. Oktober 1991 legte der Antragsteller hiergegen ordnungsgemäß Einspruch ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner durch Verfügung vom 16. Oktober 1991 ab.
Am 11. November 1991 stellte der Antragsteller einen (irrtümlich als „Klage” bezeichneten) entsprechenden Antrag beim Finanzgericht. Er beantragt,
die Vollziehung aus dem Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1989 vom 25. September 1991 in Höhe von 15.200 DM bis zur Vorlage eines rechtskräftigen Urteils durch das Amtsgericht Saarbrücken in dem anhängigen Steuerstrafverfahren gegen den Antragsteller und andere Beteiligte ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
Zur Begründung trägt er vor, der Schlußbericht der Steuerfahndung sei dem Antragsteller erst aufgrund einer ausdrücklichen Anforderung vom 7. Februar 1991 zugestellt worden. Eine Schlußbesprechung habe nicht stattgefunden.
Der Antragsteller habe während des Ermittlungsverfahrens zu keiner Zeit Gelegenheit gehabt, zu dem Sachverhalt ausreichende Aufklärungen oder Auskünfte zu geben. Die durchgeführte Schätzung sei sowohl, was die Qualifikation des Antragstellers als Betreibers des Glücksspiels angehe, als auch hinsichtlich der Höhe der Schätzung zweifelhaft. Der Antragsteller könne erst in der bevorstehenden Hauptverhandlung beim Amtsgericht Saarbrücken beweisbare Tatsachen vortragen, die geeignet seien darzutun, daß ein anderer als der von der Finanzverwaltung dargestellte Tatbestand sowie die geschätzte Quantität die wahrscheinlichere sei.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, der Zeuge … habe ausgeführt, „E.” sei der „Hauptchef des Unternehmens” gewesen. Auch hinsichtlich der Höhe der Schätzung habe sich der Antragsgegner an der Aussage des Zeugen … orientiert. Danach sollten in der Zeit von Februar bis Mitte April ca. 300.000 DM Gewinn gemacht worden sein. Rechtliches Gehör sei dem Antragsteller durch die Übersendung des Prüfungsberichts am 12. Juli 1991 gewährt worden. Der Gewerbesteuermeßbescheid sei zeitlich später – am 25. September 1991 – ergangen. Der Antragsteller habe sich also noch vor Erlaß des Bescheides hierzu äußern können und könne dies im übrigen auch während des laufenden Einspruchsverfahrens ebenfalls noch tun.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Antragsgegners verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der gemäß Art. 3 § 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Entlas...