Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwei-Stufen-Modell als Gestaltungsmissbrauch. Aussetzung der Vollziehung bezüglich Feststellung 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei dem in der Praxis beliebten Zwei-Stufen-Modell im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Partners durch die Einräumung einer zunächst geringen, dann sich steigernden Beteiligung ist zweifelhaft, ob diese Gestaltung nicht von vornherein einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten beinhaltet.

 

Normenkette

AO § 42

 

Tenor

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller betrieb bis 30. September 1995 eine zahnärztliche Einzelpraxis. Mit notariellem Vertrag vom 11. August 1995 vereinbarte er mit dem Berufskollegen Dr. A die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 (Rbh, 33 ff.). Das erste Vertragsjahr sollte ein Probejahr sein. Innerhalb dieses Probejahres sollte A nicht am Vermögen und den Verbindlichkeiten der Praxis beteiligt sein. Nach Ablauf des Probejahres war beabsichtigt, eine Beteiligung von A am Vermögen, am Praxiswert und den Verbindlichkeiten herbeizuführen.

Am 23. Dezember 1996 (Dok, 1 ff.) schlossen der Antragsteller und A einen Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis mit Wirkung vom 1. Januar 1997. Der Gesamtwert der Praxis wurde einvernehmlich auf 1.125.000 DM festgelegt (Dok, 7). Der Antragsteller sollte bis 31. Dezember 1997 einen Anteil am Gesamtwert von 95,555 %, A einen solchen von 4,445 % besitzen. In der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2002 sollte der Antragsteller hieran einen Anteil von 60 %, A einen solchen von 40 % besitzen. Ab 1. Januar 2003 sollte der Anteil des Antragstellers 55 %, der des A 45 % betragen. Ab dem 1. Januar 2005 sollten der Antragsteller und A jeweils hälftig am Gesamtwert der Praxis beteiligt sein (Dok, 7 f.). A verpflichtete sich zu Zahlungen von 50.000 DM zum 1. Januar 1997, 400.000 DM zum 1. Januar 1998, 56.250 DM zum 1. Januar 2003 und 1. Januar 2005 (Dok, 8).

Ab 1997 reichten der Antragsteller und A Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung beim Antragsgegner ein. Die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr 1998 weist bei (laufenden) Einkünften von insgesamt 1.004.072 DM für den Antragsteller einen Anteil von 602.443 DM sowie einen Veräußerungsgewinn von 267.315 DM aus, der der Höhe nach unstreitig ist (F, 25). Im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom 9. Juni 2000 behandelte der Antragsgegner den letzterwähnten Betrag unter Hinweis auf einen seiner Auffassung nach vorliegenden Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 Abgabenordnung -AO-) als laufenden Gewinn.

Hiergegen legten der Antragsteller und A am 27. Juni 2000 Einspruch ein (Rbh, 2), den der Antragsgegner mit Entscheidung vom 5. Februar 2003 als unbegründet zurückwies (Rbh, 57). Hiergegen erhoben der Antragsteller und A am 12. Februar 2003 Klage, die beim erkennenden Senat unter dem Gz. 1 K 42/03 erfasst ist.

Mit Einlegung des Einspruchs beantragten der Antragsteller und A die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung. Mit Verfügung vom 6. März 2003 (Rbh, 64) beschied der Antragsteller diesen Antrag für den Antragsteller negativ.

Am 10. März 2003 wandte sich der Antragsteller an das Finanzgericht.

Er beantragt sinngemäß (Bl. 1),

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1998 vom 9. Juni 2000 insoweit von der Vollziehung auszusetzen, als darin der Veräußerungsgewinn von 267.315 DM als nicht tarifbegünstigt behandelt worden ist.

Der Antragsteller trägt vor, der Bundesfinanzhof habe im Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123, 129 daran festgehalten, dass die Veräußerung von Teilen eines Mitunternehmeranteils grundsätzlich als tarifbegünstigt anzusehen sei. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liege im Streitfall nicht vor. Wirtschaftlicher Hintergrund für die „Probesozietät” ohne Vermögensbeteiligung sei die seinerzeitige Punktmengenbeschränkung gewesen, wonach diese Konstruktion ökonomisch zielführender als eine mögliche alternative Anstellung von A als Arbeitnehmer gewesen sei. Zudem habe sich in diesem Stadium der Zusammenarbeit keiner der beiden späteren Partner weitergehend binden oder verpflichten wollen. Im Übrigen sei sowohl dem Antragsteller wie auch A an einer weiteren Probezeit gelegen gewesen, um sich so weitere Optionen offen zu halten.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückzuweisen.

Er macht geltend, die von dem Antragsteller und A praktizierte Übertragung von Anteilen an der Praxis des Antragstellers ents...

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