Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Notwendigerklärung der Zuziehung des Geschäftsführers einer Steuerberatungsgesellschaft mbH als Bevollmächtigten in eigener Einspruchssache der Gesellschaft. Umsatzsteuerhaftung des Betriebsübernehmers. Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die vom BVerfG gebilligte ständige Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 10. Februar 1972 V B 33/71, BStBl II 1972, 355), wonach ein Steuerberater, der sich in eigener Sache im außergerichtlichen Vorverfahren selbst vertreten hat, eine Kostenerstattung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht erstattet erhalten kann, gilt auch, wenn eine Steuerberatungsgesellschaft im Einspruchsverfahren durch ihre fachkundigen Geschäftsführer vertreten wird.

 

Normenkette

FGO § 139 Absch. 3 S. 3

 

Tenor

Die Notwendigerklärung der Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird abgelehnt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft mbH, wandte sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren im Klageverfahren erfolgreich gegen einen Haftungsbescheid des Beklagten. Ausweislich der Einspruchsentscheidung hat sie sich im Einspruchsverfahren selbst vertreten, wobei ihr damaliger Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer, der Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt J. K., den sie im späteren Klageverfahren förmlich zu ihrem Prozessbevollmächtigten bestellte, für sie gehandelt hat.

Ihr schriftsätzlicher Antrag vom „8.01.2001” (richtig wohl: 8.10.2001), eingegangen bei Gericht am 10. Oktober 2001, die Zuziehung ihres Verfahrensbevollmächtigten des Klageverfahrens für das Einspruchsverfahren gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, musste, sachlich im Einklang mit der Rechtsauffassung des dazu gehörten Beklagten, abgelehnt werden.

 

Entscheidungsgründe

Eine GmbH kann gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG im Rechtsverkehr nur durch ihre Geschäftsführer handeln. Da die GmbH des Streitfalles das Einspruchsverfahren selbst betrieben hat, konnte sie dies deshalb nur durch ihre damaligen gesetzlichen Vertreter tun. Dazu gehörte seinerzeit ihr späterer Prozessbevollmächtigter für das Klageverfahren. Dass dieser als Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft mbH gemäß §§ 49 Abs. 1, 50 Absätze 1 und 2 StBerG Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und/oder Rechtsanwalt sein musste, ändert nichts daran, dass er im Einspruchsverfahren lediglich als gesetzlicher Vertreter der GmbH und demzufolge allein diese selbst gehandelt hat.

Damit kann für das Handeln einer GmbH durch ihre fachkundigen gesetzlichen Vertreter nichts anderes gelten, als wenn sich ein Steuerberater im Einspruchsverfahren in eigener Sache selbst vertritt. Denn eine GmbH steht als sog. juristische Person einer natürlichen Einzelperson gleich.

Seit dem BFH-Beschluss vom 10. Februar 1972 V B 33/71, BStBl II 1972, 355, bestätigt durch den Beschluss des BVerfG vom 9. Juni 1972 1 BvR 176/72, HFR 1972, 441, Steuerrechtskartei FGO § 139 R. 48, entspricht es jedoch ständiger höchstrichteriicher Steuerrechtsprechung, dass eine steuerlich fachkundige Beraterperson, die sich im eigenen Einspruchsverfahren selbst vertritt, für diese Vertretung keine Kosten nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO erstattet erhalten kann. Denn durch die nach dieser Vorschrift erforderliche besondere gerichtliche Hinzuziehungserklärung – so der BFH a.a.O. – gehe das Gesetz für das Vorverfahren davon aus, dass der Steuerpflichtige im Regelfall seine Sache außergerichtlich selbst vertrete. Die Beauftragung eines Bevollmächtigten solle – von der Erstattungsfähigkeit der Kosten her gesehen – eine Ausnahme bilden. Deshalb sei bezüglich einer Kostenerstattung darauf abzustellen, ob es dem Beteiligten mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse oder die Schwierigkeit des Streitfalles zuzumuten gewesen sei, seine Sache im Vorverfahren selbst zu vertreten. Es komme für die Erstattungsfähigkeit daher darauf an, dass auch tatsächlich ein fremder Bevollmächtigter beigezogen worden sei. Im Übrigen würde bei einer Kostenerstattung in eigener Sache eine fachkundige Beraterperson gegenüber einem Steuerpflichtigen, der seine Sache im Vorverfahren selbst vertrete, bessergestellt und damit ohne ersichtlichen Grund eine Ungleichheit bewirkt werden.

Dieser ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die von Tipke/Kruse (AO/FGO, 16. Aufl., § 139 FGO, Tz. 131), wenn auch mit kritischer Anmerkung, als zwischenzeitlich herrschende Meinung bezeichnet wird, ist der 2. Senat des FG des Saarlandes im Beschluss vom 1. Februar 2001 2 V 248/98 ebenfalls gefolgt. Davon für den Sachverhalt des Streitfalles abzugehen, besteht keine Veranlassung. Denn für die Selbstvertretung einer Steuerberatungsgesellschaft in eigener Einspruchssache, die dabei nur durch ihre naturgemäß fachkundigen gesetzlichen Vertreter handeln kann, kann nichts anderes gelten, als wenn sich eine steuerlich fachkundige Beraterperson in eigener Einspruchssache selbst vertritt.

Folgerichtig musste der Antrag der Klägerin abschlägig beschieden werden.

Die Unan...

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