Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit für die Besteuerung. Kein treuwidriges Verhalten des Finanzamts, wenn der Steuerpflichtige selbst gegebene Zusagen nicht einhält. Aussetzung der Vollziehung betr. Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 1994 bis 2000

 

Leitsatz (redaktionell)

Hält der Steuerpflichtige eine gegenüber der inländischen Finanzverwaltung gegebene Zusage, die französischen Finanzbehörden über seine nach seiner Auffassung dort bestehende Steuerpflicht zu informieren, nicht ein, so kann er sich nicht auf einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben berufen, wenn er von den inländischen Finanzbehörden als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird.

 

Normenkette

AO 1977 § 204; KStG 1991 § 1 Abs. 1; GewStG 1991 § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 05.02.2003; Aktenzeichen I B 174/02)

 

Tenor

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 1994 bis 1999 sowie auf Abänderung des Beschlusses vom 13. Juni 2002 (Gz. 1 V 249/02) betreffend die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin, die ein Bauunternehmen betreibt, streitet mit dem Antragsgegner seit Jahren über die Frage, wer für ihre Besteuerung zuständig ist. Der eingetragene Firmensitz der Antragstellerin befindet sich in R, dem Wohnsitz des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers.

Bei einer Besprechung am 10. März 1995 gelangte der Antragsgegner zu der Auffassung, dass sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung in F (Frankreich) befinde, wo die Antragstellerin zusammen mit der französischen Firma S. s.a.r.l. (künftig: S) Büroräume angemietet hat. Die inländische Adresse stelle eine bloße Briefkastenanschrift dar. Die Gesellschaft sei daher in Frankreich steuerlich zu erfassen. Mit Schreiben des Antragsgegners vom 13. Juli 1995 wurde die Antragstellerin aufgefordert, entsprechend einer mit ihr getroffenen Vereinbarung die französischen Steuerbehörden über deren Zuständigkeit zu informieren.

Nachdem die Antragstellerin diese Information den französischen Behörden nicht übermittelt hatte, nahm die inländische Finanzverwaltung erneut Ermittlungen u.a. in Zusammenarbeit mit den französischen Behörden auf. Diese ergaben, dass die Antragstellerin in Frankreich steuerlich nicht erfasst und nicht bekannt ist. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der S war von den französischen Behörden ermittelt worden, dass die Antragstellerin für die S in Lohnarbeit auf Baustellen der S tätig geworden war. In den Rechnungen war jeweils die inländische Anschrift der Antragstellerin genannt (1 K 256/01, Bl. 41 ff.).

Nach dieser Auskunft führte der Antragsgegner erneut Ermittlungen betreffend die tatsächlichen Verhältnisse durch. Diese bestätigten die Nichterfassung der Antragstellerin in Frankreich (KSt, Bl. 24 f.).

Mit Schreiben vom 14. Mai 2001 (KSt, Bl. 26) forderte der Antragsgegner die Antragstellerin dazu auf, für die Jahre 1990 bis 2000 Steuererklärungen einzureichen. Die Antragstellerin deutete dies als „Wiederzuständigkeitserklärung” des Antragsgegners und legte hiergegen Einspruch ein.

Am 14. Oktober 2001 erließ der Antragsgegner u.a. (Mess-) Bescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 1994 bis 2000, in denen er die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung (§ 162 Abgabenordnung -AO-) ermittelte. Dabei ging der Antragsgegner von den erklärten Umsätzen laut Umsatzsteuer-Voranmeldungen aus, die er um einen Sicherheitszuschlag erhöhte. Den Reingewinn setzte er mit 13 % an.

Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 16. November 2001 Einspruch ein, die der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2002 als unbegründet zurück wies. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner betreffend das Streitjahr 2000 am 22. November 2001 ab. Am 21. Mai 2002 wandte sich die Antragstellerin mit einem entsprechenden Aussetzungsantrag an das Finanzgericht. Mit Beschluss des erkennenden Senats vom 13. Juni 2002 (Gz. 1 V 249/02) wurde der Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Hierwegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bundesfinanzhof eingereicht, über die dieser bislang noch nicht entschieden hat.

Am 15. Juli 2002 lehnte der Antragsgegner die beantragte Aussetzung der Vollziehung betreffend die Streitjahre 1994 bis 1999 ab.

Am 12. August 2002 reichte die Antragstellerin ihre die Streitjahre 1994 bis 2000 betreffende Klage beim Finanzgericht ein, die unter dem Gz. 1 K 344/02 erfasst ist.

Gleichzeitig stellte sie den Antrag,

die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 1994 bis 2000 von der Vollziehung auszusetzen.

Bezogen auf das Streitjahr 2000 beantragt die Antragstellerin die Änderung des Senatsbeschlusses vom 13. Juni 2002 (Gz. 1 V 249/02) mit Blick auf das zwischenzeitlich vorliegende negative Jahresergebnis (Bl. 3).

Die Antragstelleri...

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