Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1988. Wechselseitiges Ehegatten-Arbeitsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
Verpflichten sich Ehegatten, die als Apotheker eine Apotheke und ein Reformhaus betreiben, wechselseitig für durchschnittlich bis zu 18 Wochenstunden als Arbeitnehmer im Betrieb des anderen Ehegatten tätig zu werden, sind die Arbeitsverhältnisse steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die gezahlten Ehegattenlöhne einschließlich der Anteile zur Sozialversicherung über 80 v.H. des Gewinns (vor Abzug des Ehegattenlohns) der Apotheke bzw. des Reformhauses abschöpfen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 12 Nr. 1, § 19 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie haben zwei Söhne: Der im Jahre 1967 geborene … war im Streitjahr 1988 an der Fachhochschule … immatrikuliert (Bl. 95, 121 Rs. ESt '88); der im Jahre 1972 geborene … besuchte in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1988 ein Gymnasium in … (Bl. 115, 121 Rs. ESt '88).
Der Kläger ist approbierter Apotheker und Inhaber der …apotheke in …. Die Klägerin ist ebenfalls approbierte Apothekerin, betreibt das Reformhaus „FRIEKA”, das unmittelbar an die Apotheke ihres Mannes angrenzt und von dieser durch eine Glastür zu erreichen ist. In jedem der Betriebe wird eine angestellte Vollzeitarbeitskraft beschäftigt. Die Reingewinne der beiden Betriebe betrugen lt. der beim Beklagten eingereichten Bilanzen im Streitjahr 2,12% (Apotheke) bzw. 1,37% (Reformhaus) der Umsatzerlöse.
Am 4. März 1981 hat die Klägerin ein bereits seit dem 1. Januar 1980 mit ihrem Ehemann begründetes Arbeitsverhältnis in schriftlicher Form abgeschlossen. Darin verpflichtete sich der Kläger, bei Abwesenheit der Klägerin den Geschäftsablauf im Reformhaus und die dort angestellten Mitarbeiter zu überwachen sowie das gesamte Rechnungswesen verantwortlich zu führen, insbesondere die Kasse zu überwachen und abzuschließen. Die wöchentliche Arbeitszeit sollte durchschnittlich bis zu 20 Stunden betragen (Bl. 56 RbA). In einem am gleichen Tage abgeschlossenen Arbeitsvertrag verpflichtete sich die Klägerin dem Kläger gegenüber, bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von wöchentlich bis zu 20 Stunden in der Apotheke alle Arbeiten zu verrichten, die approbierten Apothekern vorbehalten sind (Bl. 54 RbA). Ab dem 1. Januar 1988 wurden die Arbeitszeiten auf durchschnittlich bis zu 18 Stunden reduziert (Bl. 55, 57 RbA). Für die Klägerin war ein monatlicher Bruttoarbeitslohn von 2.350,– DM vereinbart zuzüglich Zulagen in Höhe von 100,– DM pro angefangenen Kalendertag für ihre Tätigkeit an Sonn- und Feiertagen und für Nachtdienste; außerdem waren ihr vermögenswirksame Leistungen in gesetzlicher Höhe zugesagt. Der Lohnanspruch des Klägers wurde auf 1.700,– DM brutto monatlich festgelegt. In der Folgezeit sind die Löhne einvernehmlich angehoben worden.
Im Anschluß an eine bei den Klägern durchgeführte Betriebsprüfung, die die Jahre 1985 bis 1987 betraf, versagte der Beklagte den wechselseitigen Arbeitsverhältnissen für das Streitjahr 1988 die steuerliche Anerkennung. Im Einkommensteuerbescheid vom 15. März 1991 (Bl. 122 ESt '88) setzte der Beklagte die von den Klägern erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht an und erhöhte die in den Gewerbebetrieben erzielten Gewinne um die jeweiligen Bruttoarbeitslöhne und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung:
|
Apotheke |
Reformhaus |
Gewinn lt. Bilanz zum 31.12.1988 |
10.441,– DM |
4.193,– DM |
+ Gehalt Ehegatte |
37.424,– DM |
25.424,– DM |
+ AG-Anteil Soz. Vers. |
6.716,– DM |
4.562,– DM |
|
54.580,– DM |
34.179,– DM |
Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 1993 hat der Beklagte die hiergegen gerichteten Einsprüche der Kläger vom 12. April 1991 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 2 RbA; 9); sie wurde am 17. Februar 1993 zugestellt (Bl. 21).
Am 8. März 1993 haben die Kläger die Klage erhoben (Bl. 1).
Sie beantragen sinngemäß (Bl. 2, 25),
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1988 vom 15. März 1991 in Form der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 1993 die Einkommensteuer unter Anerkennung der wechselseitigen Arbeitsverhältnisse festzusetzen.
Zur Begründung tragen die Kläger vor, die zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisse seien klar und eindeutig vereinbart. Die von ihnen wechselseitig erbrachte Arbeitsleistung gehe über das Maß an Mitarbeit hinaus, das zwischen Ehegatten aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft zu erwarten sei (Bl. 26). Der für die Mitarbeit der Klägerin in der Apotheke des Klägers vereinbarte Lohn läge deutlich unter dem, den eine fremde Kraft beanspruchen könnte. Die durch die ungünstige Innenstadtlage der Betriebe geprägten niedrigen Betriebsüberschüsse ließen weder die Beschäftigung von Apothekenvertretern noch eine vorübergehende Betriebsschließung während der Urlaubszeit zu. Bezüglich der tatsächlichen Durchführung des zwischen der Klägerin und ihrem Mann bestehenden Ar...