Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbeeinnahmen als gewerbliche oder nichtselbständige Einkünfte eines Spitzensportlers. Gewerbesteuermeßbetrag 1989
Leitsatz (amtlich)
Ein Profisportler ist auch dann mangels Selbständigkeit und Unternehmerrisiko nicht gewerblich tätig, sondern Arbeitnehmer seines Werbepartners, wenn er zwar keinen Urlaubsanspruch hat, die Zahlungen selber versteuern muss, dementsprechend auch keine Lohnsteuer einbehalten und auch keine Zahlungen an Renten- und Krankenversicherung geleistet werden, wenn aber die vollständige und alleinige werbemäßige Vermarktung ausschließlich dem Werbepartner zusteht, der Sportler daran in einem vertraglich festgelegten Umfang und Rahmen mitwirken muss und dafür unabhängig vom Erfolg der Werbung einen jährlichen Fixbetrag erhält.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 2
Tenor
Der Gewerbesteuermeßbescheid 1989 vom 3. Juni 1993 in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1993 wird ersatzlos aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Berufstischtennisspielerin, die zur Bundesligasaison 1985/86 in die erste Bundesligamannschaft der Damen des … wechselte. Im Streitjahr 1989 erzielte die Klägerin Einnahmen in Höhe von 150.000 DM aus einem am 19. Dezember 1987 mit der … GmbH (künftig: GmbH) geschlossenen Vertrag (Bl. 37 ff.). In diesem Vertrag, auf den im übrigen Bezug genommen wird, war u. a. folgendes vereinbart:
§ 1 Nr. 1.1.1.
Die Spielerin überläßt dem Werbepartner weltweit uneingeschränkt und ausschließlich alle Rechte an ihrem Namen und an ihrem Bild zur werblichen Nutzung und zur beliebigen Verwendung.
§ 1 Nr. 1.2.
Insbesondere ist es dem Werbepartner gestattet, namens und im Auftrag der Spielerin oder im eigenen Namen das Bild, die Tätigkeit etc. der Spielerin zum Gegenstand von Werbeverträgen mit entsprechenden Werbepartnern zu machen.
§ 1 Nr. 4.
Die Spielerin stellt sich dem Werbepartner zur Erfüllung der Verpflichtungen nach vorheriger Absprache jederzeit in angemessener Form zur Verfügung.
§ 1 Nr. 6.
Die Spielerin verpflichtet sich, ihre ganze Kraft und ihre sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Tischtennissport einzusetzen. Sie hat alles zu tun, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten und nach Möglichkeit zu steigern und alles zu unterlassen, was ihrer sportlichen Entwicklungsfähigkeit im allgemeinen und im besonderen vor und bei wichtigen sportlichen Veranstaltungen abträglich sein könnte…
§ 1 Nr. 7.
Die Spielerin wird die An- und Abreise zu … Turnieren… mit dem Werbepartner abstimmen und sich insoweit bezüglich Art, Form und Zeitplan nach angemessenen Weisungen des Werbepartners richten.
§ 1 Nr. 8.1.
Die Spielerin verpflichtet sich, ihre Möglichkeiten im Umgang mit Medien, Journalisten, Agenturen etc. ausschließlich zum Wohl und zur Förderung der gewerblichen Zwecke des Werbepartners zu nutzen.
§ 2 Nr. 3.
Der Werbepartner verpflichtet sich zur Betreuung der Spielerin in allen maßgeblichen, persönlichen und sportlichen Belangen und zur versierten professionellen Planung einer in jeder Hinsicht erfolgreichen Sportlerkarriere.
§ 2 Nr. 9.
Der Werbepartner verpflichtet sich, der Sportlerin als Gegenleistung für ihre Verpflichtungen und Leistungen eine jährliche Vergütung in Höhe von 150.000 DM zu bezahlen.
Diese Vergütung wird fällig jeweils vierteljährlich …
Die Spielerin wird diesen Betrag selbst versteuern.
Auf diese Verpflichtung wird die Spielerin ausdrücklich hingewiesen.
Im Anschluß an eine Prüfung des Rechnungshofes im Jahre 1992 erließ der Beklagte am 3. Juni 1993 einen Gewerbesteuermeßbescheid für 1989. Nach der erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens erhob die Klägerin am 10. November 1993 Klage.
Sie beantragt (Bl. 1),
den Gewerbesteuermeßbescheid für 1989 vom 3. Juni 1993 in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1993 ersatzlos aufzuheben.
Zur Begründung beruft sich die Klägerin auf Vertrauensschutz nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – (Bl. 1 ff.). Zudem sei der Beklagte zu Unrecht von einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin ausgegangen (Bl. 58 f.).
Der Beklagte beantragt durch sein Festhalten an der Einspruchsentscheidung,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Ein Vertrauensschutz könne weder nach § 176 Abgabenordnung – AO – noch nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben gewährt werden. Des weiteren habe der Bundesfinanzhof – BFH – (vom 3. November 1982, BStBl. II 1983, 182; vom 19. November 1985, BStBl. II 1986, 424) entschieden, daß Werbeleistungen eines Spitzensportlers dem gewerblichen Bereich zuzuordnen seien. Dies gelte auch für den mit der GmbH am 19. Dezember 1987 geschlossenen Vertrag.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze und die beigezogenen Akten des Beklagten ...