rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine Geldverkehrsrechnung, die eine Schätzungsbefugnis begründen soll
Leitsatz (redaktionell)
Nur wenn die zur Verfügung stehenden ungebundenen Mittel unterhalb des Regelsatzes für Sozialhilfe liegen, ist die Schätzungsbefugnis – bei ansonsten ordnungsgemäßen Aufzeichnungen – gegeben.
Normenkette
AO §§ 162, 146 Abs. 6; EStG § 4 Abs. 3
Tenor
Unter Änderung der Bescheide vom 29. Oktober 1999 in Form der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2004 wird die Umsatzsteuer 1996 auf -196,70 DM und die Umsatzsteuer 1997 auf 2.543,40 DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Umsatzsteuererhöhung aus einer Umsatzzuschätzung 1996 und 1997 durch die Betriebsprüfung geführt.
Der Kläger lebte mit seiner dreiköpfigen Familie in Hausgemeinschaft mit der Großmutter. Die Großmutter bezog eine Rente von ca. 3.000 DM monatlich (Bl. 35 Bp).
Der Kläger übte neben seiner selbständigen Tätigkeit einen Handel mit Fenstern und Türen aus. Den Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 3 EStG. Für den Zeitraum 1995 bis 1997 fand eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer erstellte eine Geldverkehrsrechnung, welche zu Umsatzzuschätzungen für 1996 i.H.v. 18.500 DM brutto (USt 2.413 DM) und 1997 zu Umsatzschätzungen i.H.v. 11.700 DM brutto (USt 1.526 DM) führte.
Die Umsatz und Gewinnzuschätzung wurde wie folgt begründet (Bl. 34 Bp):
„nach einer vom Prüfer erstellten Gesamtgeldverkehrsrechnung verbleiben dem Steuerpflichtigen und seiner Familie im Prüfungszeitraum keine ausreichenden Mittel zur privaten Lebensführung. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führen nicht aufgeklärte Verwendungsüberhänge zu Umsatz- und Gewinnzuschätzungen. Die Schätzung ergibt sich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach aus der Geldverkehrsrechnung”
Der Betriebsprüfer begründete die Umsatzzuschätzungen in 1996 und 1997 mit geschätzten Lebenshaltungskosten i.H.v. 28.000 DM pro Jahr (Bl. 35 Bp):
„nach Erhebungen des statistischen Bundesamtes standen einer vierköpfigen Arbeitnehmerfamilie (Alleinverdiener) mit mittlerem Einkommen im Jahre 1996 ausgabefähige Einnahmen von 5626 DM monatlich zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung (Bl. 28 Bp). Nach Herausrechnung der statistischen ausgewiesenen Miete, sowie der Veränderung der Vermögens- und Finanzkonten, verbleiben einer vierköpfigen Familie 3.870 DM monatlich. Linear auf einen drei Personenhaushalt umgerechnet ergibt sich statistisch ein Jahreswert von rund 35.000 DM, der Ausgangspunkt der Schätzung ist. Im Jahr 1995 standen dem Steuerpflichtigen nach der Geldverkehrsrechnung des Prüfers 28.500 DM zur Lebensführung zur Verfügung. Unter Beachtung der jährlich etwa gleich bleibenden Zuwendungen der Großmutter zum Lebensunterhalt des Steuerpflichtigen, erscheint dieser Betrag realistisch den privaten Verbrauch der Familie des Steuerpflichtigen darzustellen. Die auf der Geldverkehrsrechnung basierende Zuschätzung geht daher von Lebenshaltungskosten von 28.000 DM pro Jahr aus.”
Die Geldverkehrsrechnung und Umsatzzuschätzung ergeben sich aus Anlage 2a und 2b des Prüfungsberichtes (Bl. 43-45 Bp) vom 20. August 1999. Zu den ungebundenen Lebenshaltungskosten i.H.v. 28.000 gehören nach der Prüferzusammenstellung (Bl. 43, 44 Bp „sonst. Ausgaben”) keine Miete, VSE (Stromkosten), Kfz und Kfz-Steuern, Eurocardabrechnung und Urlaub. Das Ergebnis der Geldverkehrsrechnung des Prüfers ergab, dass dem Kläger in 1996 noch 9.411 DM und 1997 16.203 DM als Lebenshaltungskosten verblieben.
Die jährlichen Zuwendungen der Großmutter zum laufenden Lebensunterhalt wurden mit 7.000 DM geschätzt (Bl.19).
Der Prüfer erstellte eine Geldflussrechnung (Bl. 46 Bp). Als Einnahmen wurden nur die Aushilfslöhne der Ehefrau erfasst. Diese Geldflussrechnung wurde im Rahmen des Klageverfahrens in geänderter Form vorgelegt (Bl. 20). Hierin sind einige Bareinzahlungen und -abhebungen erfasst. Beide Rechnungen erhalten Mittelfehlbeträge.
Nach Einwänden des Klägers wurde eine korrigierte Bargeldflussrechnung ohne Mittelfehlbeträge erstellt (Bl. 37). Diese Korrektur führt auch zu einer Erhöhung der Mittel für die Lebenshaltungskosten in der Geldverkehrsrechnung auf 11.961 DM in 1996 und 19.703 DM in 1997 (Bl. 28, 29).
Der Kläger unterhielt diverse Bankkonten mit Guthaben (Bl. 45 Bp). Die Kontobewegungen sind in der Geldverkehrsrechnung erfasst (Bl. 43 Bp), in der Geldflussrechnung sind Kontoabhebungen dieser Bankverbindungen nicht erfasst.
Die übrigen Feststellungen der Betriebsprüfung sind nicht Streitgegenstand. Mängel in den vorgelegten Aufzeichnungen wurden nicht festgestellt.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2004, eingegangen am 23. Januar 2004, erhob der Kläger am 23. Februar 2004 Klage. Er beantragt sinngemäß, (Bl. 2):
unter Änderung der Bescheide vom 29. Oktober 1999, in Form der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2004, die Umsatzsteuer 1996 auf -196,00 DM und die Umsatzsteuer 1997 auf 2.543,00 DM festzusetzen.
Die Voraussetzungen ein...