Entscheidungsstichwort (Thema)
PKW-Nutzung. Anscheinsbeweis. Dienstvertrag. Nutzungsverbot. Fahrtenbuch. Körperschaftsteuer. Umsatzsteuer. gewerbesteuerliche Verlustfeststellung 1996, 1997
Leitsatz (redaktionell)
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 und 3 EStG enthält keine Regelung zu der Frage, ob eine private PKW-Nutzung stattfindet oder nicht. Die Vorschrift regelt nur, mit welchem Wert die private PKW-Nutzung anzusetzen ist. Ob eine private PKW-Nutzung vorliegt, ist nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen.
Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung kann im Einzelfall nach den Regeln des Anscheinsbeweises davon auszugehen sein, dass betriebliche PKW auch privat genutzt werden, und zwar auch dann, wenn die private Nutzung arbeitsvertraglich untersagt ist, das Verbot aber weder durch die Führung von Fahrtenbüchern noch ansonsten vom Arbeitgeber überwacht wird.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2-3
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin, eine 1993 gegründete GmbH, betreibt ein Unternehmen, das die Vermittlung von Grundstücken und Darlehn sowie alle Tätigkeiten nach § 34 c HGB zum Gegenstand hat. Ihr alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer ist der Kaufmann M S (künftig: S). Streitig ist die private Nutzung des betrieblichen KFZ durch S.
Zwischen der Klägerin und S wurde am 19. Dezember 1993 ein Anstellungsvertrag geschlossen, dessen § 4 Abs. 1 lautet (Dok):
„Die X stellt dem Geschäftsführer für die Dauer des Dienstverhältnisses einen Dienstwagen zur Verfügung, den er auch zu Privatzwecken benutzen darf. Die Kosten, die durch die private Nutzung entstehen, werden dadurch abgegolten, dass seinem monatlichen Bruttogehalt ein Betrag von 1 % des Anschaffungswertes des Dienstfahrzeugs zugeschlagen wird.”
Am 1. Oktober 1995 wurde § 4 Abs. 1 des vorgenannten Vertrages wie folgt geändert:
„Die X stellt dem Geschäftsführer für die Dauer des Dienstverhältnisses einen Dienstwagen zur Verfügung. Der Dienstwagen darf nur zu Dienstfahrten und nicht zu Privatzwecken genutzt werden.
Die GmbH hat im März 1994 einen PKW „Audi 80 Avant” – das einzige Fahrzeug der Klägerin – für 45.000 DM angeschafft. Auf Anfragen des Beklagten erklärte die Klägerin, die Vorsteuern für den PKW seien auf das Anlagevermögen aktiviert worden und ein Fahrtenbuch werde nicht geführt. Die Klägerin nahm keine Zuschläge zum Bruttoarbeitslohn des S vor. S, der hat kein eigenes Fahrzeug angemeldet hat, ist verheiratet und Vater eines 1981 geborenen Kindes. Seine Ehefrau ist ebenfalls bei der Klägerin angestellt. Sie hat am 22. September 1995 einen PKW, einen Mercedes 300 auf ihren Namen zugelassen (Bl. 5). Zuvor wurde im Privatbesitz ein BMW 2800 gehalten (Bl. 16).
Die Jahresabschlüsse der Klägerin weisen folgende Daten aus:
Jahr |
Roh ergebnis |
Ertrag |
KFZ-Versicherung |
Lfd. KFZ-Betriebsk |
KFZ-Repaturen |
KFZ-AfA |
1994 |
256 |
-166.389 |
619 |
1.453 |
413 |
9.000 |
1995 |
3.124 |
+ 110.905 |
1.541 |
2.384 |
336 |
9.000 |
1996 |
3.020 |
-161.984 |
1497 |
1.877 |
– |
9.000 |
1997 |
104.317 |
-56.400 |
1.478 |
1.341 |
3.308 |
9.000 |
1998 |
-19.539 |
-126.785 |
1.548 |
901 |
2.311 |
– |
1999 |
6.923 |
-97.779 |
1.445 |
1.321 |
1.162 |
– |
Bei der Veranlagung für 1996 und 1997 ging der Beklagte von einer privaten Nutzung des PKW durch S aus und setzte unter Anwendung der sog. 1 %-Regelung über 5.400 DM (einschließlich Umsatzsteuer) ertragsteuerlich eine verdeckte Gewinnausschüttung und umsatzsteuerlich eine Entnahme sonstiger Leistungen an. Der Jahresfehlbetrag 1996 i.H.v. 161.924 DM wurde um netto 4.696 DM erhöht; ebenso die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen. Der Jahresfehlbetrag und die steuerpflichtigen Umsätze 1997 wurden ebenfalls um netto 4.696 DM erhöht. Gegen die dementsprechenden Bescheide legte die Klägerin Einsprüche ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25. September 2000 abgewiesen hat.
Am 24. Oktober 2004 erhob die Klägerin dagegen Klage. Sie beantragt,
unter Änderung der angefochtenen Bescheide, alle i.F.d. Einspruchsentscheidung vom 25. September 2000, die Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und den vortragsfähigen Gewerbeverlust 1996 und 1997 ohne die Zuschläge wegen privater KFZ-Nutzung des S festzusetzen.
Der PKW der Klägerin sei von S zunächst für Privatzwecke genutzt und wegen des geldwerten Vorteils die 1 % Regelung angewandt worden. Am 22. September 1995 habe S jedoch einen Mercedes Benz 300 D gekauft, der aus haftungsrechtlichen Gründen auf den Namen der Ehefrau zugelassen worden sei. Am 1. Oktober 1995 sei der Anstellungsvertrag des S dahingehend geändert worden, dass das Fahrzeug nur noch zu Dienstfahrten und nicht mehr zu Privatzwecken genutzt werden dürfe. Ab diesem Zeitpunkt habe S das Fahrzeug vertragsgemäß nur noch für Dienstfahrten genutzt.
Die Büroräume der Klägerin würden sich im gleichen Haus befinden wie die Wohnung des S. Die Ehefrau sei bei der Klägerin angestellt. Das 1981 geborene Kind habe in den Streitjahren keinen Führerschein gehabt. Vor September 1995 habe S kein eigenes Fahrzeug gehabt und habe vertragsgemäß das Fahrzeug d...