rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berufsausbildung bei Au-pair-Tätigkeit mit wöchentlich vier Stunden Sprachunterricht. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Au-pair-Verhältnisse im Ausland können als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anerkannt werden, wenn sie z. B. mit einer regelmäßigen Ausbildung an einer einer Sprachschule in wesentlichem Umfang verbunden sind (hier: keine Berufsausbildung bei einem Sprachkurs mit vier Wochenunterrichtsstunden).
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1
Tenor
1. Bezüglich der Kindergeldbeträge für Juni und Juli 1995 wird die Klage als unzulässig verworfen. Im übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Jahre 1976 geborene Tochter T. des Klägers bei der Gewährung von Kindergeld in der Zeit nach dem 1. Juni 1995 berücksichtigt werden mußte.
Im Sommer 1995 bestand T. die Reifeprüfung. Sie beabsichtigte, im 2. Halbjahr 1996 an der Universität des Saarlandes mit dem Studium im Fach Romanistik zu beginnen. Seit dem 29.8.1995 hielt sich T. in Nimes auf, um die Sprache perfekt zu erlernen (Bl. 113 KG-Akte; Bl. 2). In der Zeit von September 1995 bis Februar 1996 besuchte sie am „Centre d'etude des Langues” in Nimes einen Sprachkurs, der insgesamt 50 Stunden umfaßte (Bl. 116 KG-Akte) und 2.100 Ffrs kostete (Bl. 135 KG-Akte). Gleichzeitig hielt T. sich vom 1.9.1995 bis zum 30.6.1996 bei einer Familie in Nimes als Au-pair-Mädchen auf. Für ihre Tätigkeit im Haushalt der Familie erhielt sie freie Unterkunft und Verpflegung sowie ein monatliches Taschengeld von 1.500 Ffrs (Bl. 136 KG-Akte).
Durch den hier angefochtenen Bescheid vom 8. Dezember 1995 hob der Beklagte die Bewilligung des Kindergeldes für T. unter Hinweis auf § 2 Abs. 2 S. 1–4 BKGG mit Ablauf des Monats Juli 1995 auf, weil sie bei ihrer Tätigkeit als Au-pair-Mädchen Einkünfte in Höhe von mehr als 750 DM monatlich erziele. Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 1996). Am 26.2.1996 erhob der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht für das Saarland, das durch Beschluß vom 18.7.1996 die Sache zuständigkeitshalber an das Finanzgericht des Saarlandes verwies (Bl. 12).
Der Kläger beantragt sinngemäß (Bl. 2),
das Finanzgericht möge dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 8.12.1995 in Form des Widerspruchsbescheides vom 2.2.1996 ab dem 1.6.1995 weiterhin auch für das Kind T. Kindergeld bewilligen.
Seiner Auffassung nach erfüllt die Tätigkeit eines Au-pair-Mädchens im Ausland mit gleichzeitigem Besuch eines Sprachkurses die Voraussetzungen einer vorbereitenden Berufsausbildung, so daß ihm auch für das Kind T. das Kindergeld zustehe (Bl. 2 ff.).
Der Beklagte beantragt sinngemäß (Bl. 8 f.) Klageabweisung.
Unter Bezugnahme auf seinen Widerspruchsbescheid trägt er vor, die Tätigkeit als Au-pair-Mädchen in Verbindung mit dem Sprachkurs erfülle nicht die Voraussetzungen einer Berufsausbildung i.S.d. § 2 BKGG, weil ein solcher Auslandsaufenthalt nicht Voraussetzung des geplanten Romanistik-Studiums sei (Bl. 190 ff. KG-Akte).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zum überwiegenden Teil zulässig.
Bezüglich der Kindergeldzahlungen für Juni und Juli 1995 ist sie unzulässig. Denn der angefochtene Bescheid berücksichtigt das Kind T. erst ab August 1995 nicht mehr bei der Bewilligung des Kindergeldes. Der Kläger ist somit für Juni und Juli 1995 durch den Bescheid nicht beschwert.
Für die übrigen Zeiträume ist die Klage zulässig. Insbesondere ist das Finanzgericht des Saarlandes in der Sache zuständig. Dies folgt bereits aus § 17 a Abs. 2 S. 1, 3 GVG, wonach ein Gericht, an das ein anderes Gericht einen Rechtsstreit durch rechtskräftigen Beschluß verweist, an diesen Beschluß gebunden ist. Das Sozialgericht für das Saarland hat durch rechtskräftigen Beschluß vom 18.7.1996 den Rechtsstreit an das Finanzgericht des Saarlandes verwiesen.
II. Die Klage ist jedoch, soweit sie zulässig ist, unbegründet.
1. Bis zum 31.12.1995 gilt bezüglich der bei der Kindergeldzahlung zu berücksichtigenden Kinder die Regelung des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BKGG (i.d.F. v. 30.1.1990, BGBl. I 1990, 150). Hiernach sind Kinder, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bei der Kindergeldzahlung nur zu berücksichtigen, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden. Ab dem 1.1.1996 sind insofern die §§ 63 Abs. 1, 32 Abs. 1, 4 und 5 EStG (i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 v. 11.10.1995, BGBl. I 1995, 1250) maßgeblich. Auch hiernach ist für die Berücksichtigung von Kindern zwischen 18 und 27 Jahren bei der Kindergeldzahlung u. a. Voraussetzung, daß das betreffende Kind für einen Beruf ausgebildet wird.
2. Ungeachtet der übrigen Voraussetzungen scheitert eine Berücksichtigung des Kindes T. für den Zeitraum ab eins...