rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsinanspruchnahme des Vorstands einer AG bei Insolvenzplanverfahren der AG bei vorheriger Nichteinhaltung der Pflicht zur wahrheitsgemäßen und rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit Eintritt der formellen Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans einer AG kann die Erfüllung einer planunterworfenen Steuerforderung in der die vereinbarte Quote übersteigenden Höhe lediglich nicht mehr durchgesetzt werden. Die in § 254 Abs. 1 InsO festgeschriebenen Rechtswirkungen stehen, soweit sie die vereinbarte Quote übersteigen, damit einer Erfüllung i. S. d. § 44 Abs. 2 S. 1 und S. 2 AO nicht gleich.

2. Einem Haftungsbescheid steht nicht entgegen, dass der ihm zu Grunde liegende Steueranspruch aufgrund eines Insolvenzplans gem. § 254 Abs. 1 S. 1 InsO als erlassen gilt, wenn der Haftungsbescheid zum Zeitpunkt, zu dem die Wirkungen des Insolvenzplans eintraten, bereits ergangen war.

 

Normenkette

AO §§ 69, 191 Abs. 5 Nr. 2, § 44 Abs. 2; InsO § 254 Abs. 1 S. 1; AO § 34 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.05.2013; Aktenzeichen VII R 2/12)

BFH (Beschluss vom 15.05.2013; Aktenzeichen VII R 2/12)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die haftungsweise Inanspruchnahme des Klägers für Umsatzsteuerschulden der D AG (künftig: AG). Der Kläger war alleiniger Vorstand der AG.

Am 24. Februar 2005 erhielt die AG von einem Kunden eine Anzahlung über 321.151,09 EUR (einschließlich 16 % Umsatzsteuer). Die AG erklärte den Umsatz weder im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung am 9. März 2005 noch im Rahmen einer berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2005 am 5. April 2005. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses stellte die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E den Fehler fest und informierte den Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2006. Am 25. August 2006 reichte die AG eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2005 ein, in der sie die erhaltene Anzahlung als steuerpflichtigen Umsatz nachmeldete.

Bereits am 15. August 2006 hatte die AG die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken – Insolvenzgericht – vom 1. September 2006 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die angemeldeten Forderungen des Beklagten betrugen 195.874 EUR, die festgestellten 137.846 EUR (Bl. 31 Haft). In einem Insolvenzplanverfahren stimmten am 14. Juni 2007 die Gläubiger, darunter der Beklagte, dem Insolvenzplan vom 11. Dezember 2006 (in der Fassung vom 7. Mai 2007) mehrheitlich zu, nachdem die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % ihrer Forderungen befriedigt werden sollten (Bl. 31 Haft). Nachdem die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig geworden war, hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 3. August 2007 auf (Bl. 32 Haft).

Mit Schreiben vom 12. Februar 2007 wies der Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit einer Inanspruchnahme als Haftungsschuldner gem. § 69 AO hin und forderte ihn unter Fristsetzung zum 26. Februar 2007 auf, entsprechende Angaben zu machen. Die AG schuldete dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt die nachgemeldete Umsatzsteuer für Februar 2005 in Höhe von 44.296 EUR, die für das 1. und 2. Kalendervierteljahr 2006 angemeldeten Umsatzsteuern in Höhe von 50.617 EUR sowie steuerliche Nebenleistungen. Nachdem das Schreiben unbeantwortet geblieben war, erließ der Beklagte am 28. Februar 2007 gegenüber dem Kläger einen Haftungsbescheid in Höhe von insgesamt 100.000 EUR.

Mit Schreiben vom 18. März 2007 legte der Kläger Einspruch gegen den Haftungsbescheid ein (Bl. 2 Rbh). Bei einer im Laufe des Einspruchsverfahrens durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass in den Buchhaltungsunterlagen der AG aus der am 24. Februar 2005 erhaltenen Anzahlung keine Umsatzsteuer herausgerechnet worden war (Bl. 25 Haft).

Mit Einspruchsentscheidung vom 23. November 2009 reduzierte der Beklagte die Haftungssumme auf 47.393 EUR (Umsatzsteuer Februar 2005 in Höhe von 44.296,00 EUR zzgl. Säumniszuschlägen in Höhe von 3.097,00 EUR) und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück (Bl. 11).

Am 23. Dezember 2009 hat der Kläger Klage erhoben.

Am 28. Februar 2011 hat der Beklagte einen geänderten Haftungsbescheid erlassen, mit dem die Haftungssumme auf 45.848 EUR (Umsatzsteuer Februar 2005 in Höhe von 44.296,00 EUR zzgl. Säumniszuschlägen in Höhe von 1.552 EUR) herabgesetzt wurde.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 28. Februar 2011 aufzuheben.

Ein haftungsbegründendes Verschulden des Klägers bei der Abgabe einer fehlerhaften Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2005 liege nicht vor. Die mit der Buchführung und Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen betraute Mitarbeiterin der AG, der insoweit ein Fehler unterlaufen sei, sei sorgfältig ausgesucht und überwacht worden. Die Buchhaltung sei zusätzlic...

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