Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Klagerücknahme. fehlerhafter Hinweis. außerordentliche Beschwerde. Gegenvorstellung. Verlustfeststellung 1997
Leitsatz (redaktionell)
Die Rechtsprechung zur Verfahrensfortsetzung bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Klagerücknahme wird durch § 321 a ZPO nicht berührt.
Eine Klagerücknahme, die aufgrund eines fehlerhaften Hinweises des Gerichts erklärt wird, ist unwirksam.
Normenkette
FGO § 72; EStG § 10d Abs. 3; ZPO § 321a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage ist zulässig. Der Beschluss vom 25. September 2002 ist unwirksam.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Am 12. Juli 2002 hat der Kläger persönlich gegen eine Reihe von Steuerbescheiden, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2002 Klage erhoben, u.a. auch gegen die Bescheide zur Einkommensteuer 1996 bis 1998 (1 K 314/02) und die das anhängige Verfahren betreffenden einkommensteuerlichen Verlustfeststellungsbescheide 1995 bis 1998 (Bl. 1).
Mit Schreiben vom 17. Juli 2002 forderte der Vorsitzende den Kläger auf, zur Zulässigkeit der Klage Stellung zu nehmen (Bl. 5):
Normalerweise sind die Verlustfeststellungsbescheide Folgebescheide zu den Einkommensteuerbescheiden. Deshalb bestehen gegen die Zulässigkeit ihrer gesonderten Anfechtung Bedenken (s. hierzu das Verfahren wegen Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Bezüglich der Verlustfeststellung zum 31. Dezember 1995 liegt kein entsprechendes Klageverfahren wegen Einkommensteuer 1995 vor.
Ich bitte deshalb um Sachvortrag, inwieweit in diesem Verfahren spezielle, die Verlustfeststellung betreffende Aspekte zu berücksichtigen sind.
Im Verfahren 1 K 314/02 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 23. Juli 2002 darauf hingewiesen, dass die Klage wegen Einkommensteuer 1990, 1996 und 1997 wegen „Null-Festsetzungen” unzulässig und der Tenor der Einspruchsentscheidung unzutreffend sei. Durch Schreiben des Gerichts vom 26. Juli 2002 ist der Kläger aufgefordert worden, zur Zulässigkeit der vorgenannten Klagen Stellung zu nehmen (Bl. 8, 15 1 K 314/02).
Mit Schreiben vom 23. August 2002 erinnerte der Vorsitzende an die Beantwortung seines Schreibens vom 17. Juli 2002 und fügte an (Bl. 7):
Soweit ich bis zum 20. September 2002 keine Nachricht von Ihnen erhalte, werde ich die Klage durch Gerichtsbescheid als unzulässig verwerfen.
Durch Schriftsatz vom 27. August 2002 bestellte sich der Prozessvertreter für den Kläger (Bl. 8). Am 20. September 2002 erklärte er (Bl. 14):
Wegen Verlustfeststellung 1995 – 1998 nehme ich hiermit die Klage zurück.
Durch Beschluss vom 25. September 2002 stellte der Vorsitzende das Verfahren ein (Bl. 16).
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2002 teilte der Beklagte mit, dass der Kläger die Einkommensteuererklärungen 1996 bis 1998 am 20. September 2002 eingereicht habe. Die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 könnten nicht mehr geändert werden, weil die Klage mangels Beschwer unzulässig sei. Eine Änderung der Verlustfeststellungsbescheide 1996 und 1997 scheitere daran, dass die Klage zurückgenommen worden sei (Bl.21).
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 regte der Vorsitzende an, gegen den Einstellungsbeschluss vom 25. September 2002 wegen offenbaren Rechtsirrtums eine außerordentliche Beschwerde einzulegen (Bl. 23).
Am 5. Dezember 2002 legte der Kläger gegen den Einstellungsbeschluss vom 25. September 2002 außerordentliche Beschwerde ein (Bl. 25).
Am 16. Dezember 2002 beschloss der Senat durch den Vorsitzenden (Bl. 28):
Der Einstellungsbeschluss vom 25. September 2002 wird aufgehoben, soweit er die Verlustfeststellungsbescheide 1996 und 1997 betrifft.
Das Verfahren wird insofern unter dem neuen Geschäftszeichen 1 K 452/02 fortgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2003 hat der Beklagte den Rechtsstreit wegen der Verlustfeststellung 1996 für erledigt erklärt, nachdem er infolge der Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 einen nach § 10 d Abs. 3 EStG geänderten Verlustfeststellungsbescheid für 1996 erlassen hatte (Bl. 33 ff.). Des Weiteren teilte er mit, wegen des Verlustfeststellungsbescheides 1997 prüfe er, ob und inwieweit den Angaben in der Einkommensteuererklärung gefolgt werden könne.
Am 14. März 2003 nahm der Kläger die Klage gegen den Verlustfeststellungsbescheid 1996 zurück (Bl. 43). Das Verfahren wurde insofern durch Beschluss vom 25. März 2003 eingestellt (Bl. 46).
Mit Schriftsatz vom 3. November 2003 vertrat der Beklagte die Auffassung, die Klagerücknahme vom 20. September 2002 sei rechtswirksam gewesen. Die Voraussetzungen einer außerordentlichen Beschwerde seien nicht gegeben gewesen (BFH v. 22. November 1994, BFH/NV 1995, 791). Seit Inkrafttreten des § 321 a ZPO sei eine solche generell nicht mehr statthaft (BFH vom 5. Dezember 2002, BStBl. II 2003, 269). Die Rüge sei zudem nicht innerhalb der Notfrist des § 321 a Abs. 2 S. 2 ZPO erhoben worden (Bl. 54 ff).
Der Kläger beantragt,
das Gericht möge durch Zwischenurteil feststellen, dass die Klage zulässig ist.
Der Beklagte beantragt,
das Gericht möge d...