Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiges Verbringen von Zigaretten im Gemeinschaftsgebiet
Leitsatz (redaktionell)
Für die Entstehung der Tabaksteuerschuld aufgrund des Verbringens von Zigaretten zu gewerblichen Zwecken aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedsstaats in das deutsche Steuergebiet kommt es nicht darauf an, ob die an dem Verbringungsvorgang Beteiligten, also etwa der Fahrer des für den Transport eingesetzten LKWs, von der geschmuggelten Ware Kenntnis haben oder diese ohne ihr Wissen im Fahrzeug versteckt oder verheimlicht wurde.
Normenkette
TabStG § 12 Abs. 1, §§ 19, 20 Abs. 2 Nr. 5; FGO § 69 Abs. 3
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
I.
Der Antragsteller, der an Firmen des Transportgewerbes – unter anderem mit Sitz in A - beteiligt ist, wendet sich im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Festsetzung von Tabaksteuer durch den Antragsgegner.
Am 30. Juli 2004 wurde er als Fahrer eines Sattelzugs mit dem amtlichen Kennzeichen .-. und - im Raum H (Großbritannien) durch den britischen Zoll mit 8.054 Stangen (= 1.610.800 Stück) unversteuerter Zigaretten der Marke „ „ aufgegriffen. Nach den Ermittlungen des Zollfahndungsamtes (ZFA) B stammten die Zigaretten aus dem freien Verkehr Ungarns. Der Antragsteller soll nach Auffassung des ZFA B die Zigaretten am 28. Juli 2004 von Mittätern aus Ungarn erhalten haben und am 29. Juli 2004 über A in die Niederlande verbracht haben, um sie sodann am 30. Juli 2004 über den Hafen I nach Großbritannien weiter zu transportieren.
Hiervon ausgehend führte die Staatsanwaltschaft C in ihrer Anklageschrift vom 3. Februar 2005 zum im vorliegenden Verfahren interessierenden Fall (dort: Fall 5) aus:
„Am 23.07.2004 begab sich der Angeschuldigte (= „der Antragsteller”) mit einem Lkw auf den Weg nach Ungarn. Geladen hatte er von der Firma T kostenlos erhaltene Möbel, die von der U-GmbH in D angeblich zur Lohnveredelung zur U-GmbH nach M gebracht werden sollten. In dem von dem Angeschuldigten mitgeführten Frachtbrief war als Transportführer die X aufgeführt. Nach Zuladung der unverzollten und unversteuerten Zigaretten (Fall 5) führte er für die Rückfahrt nach Deutschland einen Frachtbrief mit, in dem als Absender eine Firma Y aus N in Ungarn und als Empfänger eine Firma Z-GmbH in E angegeben war. Durch den Frachtführer X wurden nunmehr Küchenmöbel transportiert. Die Rückfahrt des Angeschuldigten von Ungarn nach Deutschland wurde in einem gesonderten Fahrzeug im Auftrag der ungarischen Täterseite durch eine weitere Person begleitet, zu welchem die gesondert Verfolgte KK in einem Telefongespräch am 28.07.2004, 22:58 Uhr dem Angeschuldigten mitteilte, dass es dessen Aufgabe sei, auf ihn aufzupassen, also vor eventuellen Kontrollen der Behörden zu warnen. Der Weitertransport der Zigaretten nach Großbritannien erfolgte mit einem Frachtbrief, in dem als Absender die V-GmbH in F und als Empfänger die W in J (GB), Auslieferungsort in H (GB), angegeben worden war. Transportiert wurden durch den Frachtführer X angeblich 143 Schränkchen, 37 Hochschränke, 56 Unterschränke und 246 Türen. Nachdem der Angeschuldigte in Großbritannien festgenommen worden war, wurde ihm am 30.07.2004 um 21:33 Uhr gestattet, seine Ehefrau anzurufen. Trotz der Anwesenheit einer Dolmetscherin teilte der Angeschuldigte seiner Ehefrau mit, dass sie niemanden unterrichten und zu Hause alle Beweise beseitigen solle, indem er ihr sagte: „Behalte alles schön für dich und mach die Hunde nicht verrückt. Grüß die Hunde schön. Räum schön auf”. Da die ungarischen Lieferanten der unverzollten und unversteuerten Zigaretten die Schuld für die Sicherstellung der Ware dem in England aufhältigen ungarischen Abnehmer gaben, erhielt der Angeschuldigte gleichwohl Geld, von dem er dem Angeschuldigten L Ende August bzw. Anfang September 1.500 € und 1.000 € auf dessen Konto überwies.”
Das gegen den Antragsteller geführte Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Steuerbescheid vom 9. März 2005 setzte der Antragsgegner 182.664,72 € Tabaksteuer fest. Zur Begründung führte er an, der Antragsteller habe 8.054 Stangen Zigaretten, bei denen davon ausgegangen werde, dass sie aus dem freien Verkehr der Republik Ungarn stammen würden, zu gewerblichen Zwecken in das deutsche Steuergebiet verbracht. Da der Ursprung der Zigaretten bislang nicht aufgeklärt worden sei, werde mit dem Steuerbescheid zunächst nur die deutsche Tabaksteuer festgesetzt. In dem Steuerbescheid berechnete der Antragsgegner ferner 8.762,44 € Zoll sowie 41.817,91 € Einfuhrumsatzsteuer.
Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 23. März 2005 Einspruch ein und beantragte mit weiterem Schreiben vom 18. Mai 2005 die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids mit der Begründung, durch Vollstreckungsmaßnahmen würde sein finanzieller Ruin besiegelt werden.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2005 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Tabaksteuer ab. Zur Begründung wies er darauf hin, dass nach den Feststellungen des ZFA B sowie der Anklage...