Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug für dem Unternehmen zugeordnete Wohnräume des Unternehmers. Aussetzung der Vollziehung (Umsatzsteuer 1996)
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Unternehmer ein gemischt-genutztes Grundstück errichtet und voll seinem Unternehmen zugeordnet, so führt die Nutzung des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teils zwingend zu einem Verwendungseigenverbrauch.
2. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob dieser Verwendungseigenverbrauch auch unter Berücksichtigung der 6. EG-Richtlinie zwingend steuerfrei ist, mit der Folge, dass die auf die Wohnung entfallenden Vorsteuern nicht abgezogen werden können.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 4 Nr. 12 Buchst. a; UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; UStG 1980 § 9 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. b, Art. 13 Teil C S. 1 Buchst. a, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a
Tenor
1. Die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1996 vom 17.08.1998 wird Höhe von 9.278,69 DM bis einen Monat nach einer das Einspruchsverfahren abschließenden Entscheidung ausgesetzt. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden zu 80 % dem Antragsteller und zu 20 % dem Antragsgegner auferlegt.
3. Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
Der Antragsteller errichtete im Streitjahr ein Gebäude mit einer Nutzfläche von insgesamt 512,31 m², wovon für unternehmerische Zwecke des Antragstellers (Steuerberatungsbüro) 259,07 m² genutzt werden, 3 Wohnungen mit einer Nutzfläche von insgesamt 205,04 m² vermietet sind und eine Wohnung mit 48,2 m² vom Antragsteller seit dem Jahr 1997 zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Die mit der Errichtung des Gebäudes im Streitjahr angefallenen Vorsteuern i. H. v. 98.605,69 DM setzte der Antragsteller in voller Höhe im Rahmen seiner Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab.
Auf Grund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam der Antragsgegner zu der Auffassung, daß nur die auf den betrieblich genutzten Anteil (50,57 % der Gesamtfläche) entfallenden Vorsteuerbeträge abzugsfähig seien.
Er erließ einen entsprechenden Umsatzsteuer-Jahresbescheid für den Veranlagungszeitraum 1996, der zu einer Nachzahlung aus diesem Grunde von 48.740,79 DM führte.
Hiergegen hat der Antragsteller Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Nachdem der Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides mit Verfügung vom 06.11.1998 abgelehnt hatte, hat der Antragsteller einen entsprechenden Aussetzungsantrag bei Gericht gestellt.
Er vertritt die Auffassung, daß er das errichtete Gebäude insgesamt seinem Unternehmensvermögen zugeordnet habe und ihm daher der Vorsteuerabzug aus den Baukosten in vollem Umfang zustehe Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Urteil vom 4.10.1995 Rs. 291/92 BStBl II 1996, 392 sowie die Ausführungen von Klenk in Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1993, 377 ff sowie Deutsches Steuerrecht (DStR) 1995, 1741 f vertritt er die Auffassung, daß die nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe a der 6. EG Richtlinie fingierte Dienstleistung nicht steuerfrei nach Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. EG-Richtlinie sei und daher den Vorsteuerabzug nicht hindere. Wegen des Vorbringens im einzelnen wird auf die Ausführungen in der Antragsschrift vom 14.12.1998 verwiesen.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1996 vom 17.08.1998 i.H.v. 48.148,80 DM auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, daß der Vorsteuerabzug zu Recht entsprechend dem Anteil der unternehmerisch genutzten Flächen beschränkt worden sei.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist teilweise begründet.
Bei einer im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Überprüfung bestehen ernstliche Zweifel (§ 69 Finanzgerichtsordnung) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids 1996, soweit der Antragsgegner den Vorsteuerabzug nicht auch anteilig auf die vom Antragsteller selbst genutzte Wohnung gewährt hat.
Derartige ernstliche Zweifel bestehen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund präsenter Beweismittel und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, daß aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der angefochtene Steuerbescheid als rechtswidrig erweisen könnte (Beschluß des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 28.11.1997 V B 61/97 in Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 1998, 750; vom 22.09.1993 V B 113/93 BFH/NV 1994, 281; vom 04.04.1996 V S 1/96, V B 6/96 BFH/NV 1996, 795).
Zwar entspricht die umsatzsteuerliche Handhabung der Sache durch den Antragsgegner der bisherigen herrschenden Meinung (vgl. Klenk, DStR 1995, 1742) und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 29.10.1987 V R 155/78, BStBl II 1988, 90), wonach der Eigenverbrauch hinsichtlich einer zum Unternehmensvermögen gehörenden Wohnung e...