Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen
Leitsatz (redaktionell)
- Auch unter Berücksichtigung der neueren EuGH-Rechtsprechung setzt der Vorsteuerabzug die Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer voraus. Hierfür trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast.
- Aus dem EuGH-Urteil vom 13.02.2014 Rs. C-18/13 - Maks Pen EOOD kann nicht gefolgert werden, dass ein Vorsteuerabzug ggf. auch dann zu gewähren sein kann, wenn das der abgerechneten Leistung zugrunde liegende zivilrechtliche Rechtsverhältnis nicht zwischen dem Rechnungsaussteller und dem Leistungsempfänger abgeschlossen worden ist.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 69; ZPO § 294
Streitjahr(e)
2007, 2008, 2009
Tatbestand
Die Antragstellerin betrieb in den Streitjahren 2007 bis 2009 unter der Bezeichnung „A” einen Einzelhandel mit Textilien mit Ladenlokalen in B und C. Anlässlich einer Betriebsprüfung (Prüfungszeitraum 2007 bis 2009) traf der Prüfer u. a. folgende Feststellungen:
In den Veranlagungszeiträumen 2007 bis 2009 hatte die Antragstellerin Vorsteuerbeträge i. H. v. 9.614,00 € (2007), 18.804,26 € (2008) und 30.134,74 € (2009) aus mehreren Rechnungen einer Firma D, Inhaber E, über die Lieferungen von Kleidungsstücken (Pullis, Tuniken, Jeans, Hosen, Tops, T-Shirts, Blusen, Röcke, Jacken) abgezogen. Der Prüfer vertrat die Auffassung, der Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen sei zu versagen, da den Rechnungen tatsächlich keine entsprechenden Lieferungen des E an die Antragstellerin zugrunde gelegen hätten.
Seine Auffassung stützte der Prüfer auf eine Selbstanzeige des E vom 12.11.2010, in der dieser – vertreten durch den Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer () – erklärt hatte, in der Zeit von 2007 bis 2010 weder Textileinkäufe vorgenommen noch Textilverkäufe durchgeführt zu haben, sondern anderen Großhändlern Scheinrechnungen erteilt zu haben, um diesen einen Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Hierfür habe er eine Provision zwischen 7 % und 9 % erhalten. Außerdem habe er – zur Minderung seiner eigenen Umsatzsteuerschuld - von anderen Großhändlern Einkaufsrechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer erhalten und diesen Rechnungsausstellern eine Provision zwischen 3 % und 5 % gezahlt.
In der Selbstanzeige wird weiter ausgeführt, E habe inzwischen eine Stornierung der von ihm erteilten Scheinrechnungen veranlasst, so dass die Rechnungsadressaten keinen Vorsteuerabzug mehr geltend machen könnten. Tatsächlich stornierte E jedoch nur seine im Jahr 2010 erteilten Rechnungen.
Der Antragsgegner folgte den Feststellungen des Prüfers mit geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen 2007 bis 2009 vom 16.11.2012. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2013 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Antragstellerin die unter dem Az. 1 K 2427/13 U anhängige Klage erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat. Sie beantragt – nach Ablehnung durch den Antragsgegner – Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.
Die Antragstellerin macht geltend:
Entgegen den Angaben in seiner Selbstanzeige habe E die in den Rechnungen ausgewiesenen Textilien tatsächlich geliefert. Aus der eidesstattlichen Versicherung des F (Bl. 49 d. A.), die dieser am 26.03.2013 in der JVA () abgegeben habe, ergebe sich, dass mindestens ein- bis zweimal im Monat Ware bei E abgeholt worden sei. In der eidesstattlichen Versicherung heißt es u. a.:
„In den Jahren 2008 - 2010 war ich als Fahrer bei G (Anm: Ehemann der Antragstellerin) tätig. Zum damaligen Zeitpunkt hatte G zwei Modegeschäfte, und zwar eins in C und eins in B. Ca. ein- bis zweimal In der Woche fuhr ich zum H nach I.…Wenn mir von Herrn Rechtsanwalt () vorgehalten wird, ob ich auch Ware bei der Firma D abgeholt habe, so kann ich mich an diesen Namen heute mit Sicherheit nicht erinnern. Wenn mir weiter der Name E vorgehalten wird, so kann ich erklären, dass ich des Öfteren mit „E” zu tun hatte. Es handelt sich hierbei um einen Mann, der über 50 Jahre alt war, etwa 1,70 cm groß, weiße Haare, Brillenträger. Er war dunkelhäutig. Bei E handelt es sich um einen (Nichteuropäer). Er sprach relativ gut Deutsch. Nach meinen Erinnerungen habe ich mindestens ein- bis zweimal im Monat bei „E” Ware abgeholt. Teilweise bin ich zum H alleine gefahren, teilweise hat mich G oder sein Sohn begleitet. Normalerweise habe ich an einer Rampe oder auf einem Parkplatz geparkt. Ich habe mir sodann einen sogenannten Trolli genommen und bin zum Lager des „E” gegangen. Dort habe ich die bestellte Ware aufgeladen und zu dem „Sprinter” - das war unser Fahrzeug - gebracht. Die Ware befand sich in Kleidersäcken und in Kartons. Auf ein Trolli gehen ca. 30 bis 40 Kleidersäcke. Manchmal habe ich Ware für ein Trolli gehabt, manchmal aber auch für drei oder vier Trollis, teilweise sogar mehr. Sofern die Ware in Kartons gepackt war kamen etwa 20 Kartons auf ein Trolli. Wenn ich bei „E” zum Lager kam, war die Ware bereits bereitge...