Entscheidungsstichwort (Thema)

Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhr von Silicium mit Ursprung in der Volksrepublik China

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist Artikel 24 ZK dahin auszulegen, dass das Separieren, Reinigen und Zerkleinern von Silicium-Metallblöcken sowie das anschließende Sieben, Sortieren und Verpacken der durch das Zerkleinern entstandenen Siliciumkörner eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung (in Indien) darstellt?
  2. Für den Fall, dass die erste Frage verneint wird: Ist die VO (EG) Nr. 398/2004 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhr von Silicium mit Ursprung in der Volksrepublik China ungeachtet der zweifelhaften Feststellung der Schädigung eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft und der Verringerung der Dumpingspanne gültig?
 

Normenkette

ZK Art. 24; VO Nr. 398/2004; VO (EG) Nr. 2496/97 Art. 1 Abs. 2, Nr. 384/96 Art. 9 Abs. 4 S. 4, Art. 11 Abs. 1, 8; EG Art. 234

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 11.02.2010; Aktenzeichen C-373/08)

 

Tatbestand

Die Klägerin meldete am 15. Juni und 12. August 2004 beim Hauptzollamt A aus Indien eingeführtes Silicium-Metall der Unterposition 2804 69 00 der Kombinierten Nomenklatur zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Das Silicium-Metall war ursprünglich in China hergestellt worden. Anschließend wurde es in etwa zweimal drei Meter großen Blöcken an die in Indien ansässige Firma B geliefert. Dort wurden die Siliciumblöcke separiert, gereinigt und zerkleinert. Die nach der Zerkleinerung entstandenen Körner wurden gesiebt, nach ihrer Größe sortiert und schließlich verpackt. Die Reinigung des Siliciums geschah dergestalt, dass bei und nach der Zerkleinerung der Blöcke manuell sowie teilweise maschinell unerwünschte Schlackereste entfernt wurden. Danach wurde das Silicium mit einem Magneten behandelt, um freies Eisen zu entfernen. Der Reinheitsgrad des Siliciums, das zur Herstellung von Aluminiumlegierungen bestimmt war, betrug nach der Behandlung durch die Firma B mehr als 98,5 %. Dieser Reinheitsgrad war nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin für die spätere Verwendung des Siliciums zur Herstellung von Aluminiumlegierungen erforderlich.

Im Anschluss an Ermittlungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) gelangte das beklagte Hauptzollamt zu der Auffassung, dass das von der Klägerin angemeldete Silicium-Metall in Indien nicht einer ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung unterzogen worden sei und daher seinen Ursprung in China gehabt habe. Es erhob deshalb von der Klägerin mit zwei Bescheiden vom 6. Juni 2007 insgesamt 99.974,74 EUR Antidumpingzoll nach. Dabei stützte es sich auf die Verordnung (EG) Nr. 398/2004 (VO Nr. 398/2004) des Rates vom 2. März 2004 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhr von Silicium mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl EU Nr. L 66/15).

Die Klägerin hat nach der erfolglosen Durchführung von außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren Klage erhoben, mit der sie vorträgt: Das Silicium-Metall sei in Indien einer ursprungsbegründenden Be- bzw. Verarbeitung unterzogen worden. Die Blöcke hätten durch die Zerkleinerung ihre ursprüngliche Form verloren. Die Ware habe auf eine konkret vorgegebene Körnung gebracht werden müssen. Ferner sei ein höherer Reinheitsgrad des Siliciums erzielt worden, indem die Schlacke mit einem erheblichen Arbeitsaufwand entfernt worden sei. Darüber hinaus sei die VO Nr. 398/2004 ungültig.

Das beklagte Hauptzollamt ist der Klage entgegengetreten und trägt vor: Bei den von der Firma B in Indien durchgeführten Arbeiten habe es sich um Minimalbehandlungen gehandelt. Diese seien nicht geeignet gewesen, einen Ursprung des Siliciums in Indien zu begründen. Die VO Nr. 398/2004 sei gültig.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat setzt das bei ihm anhängige Klageverfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 234 Unterabs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft die im Tenor formulierten Fragen zur Vorabentscheidung vor.

1. Die Entscheidung über die Klage hängt zunächst davon ab, ob Art. 24 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex – ZK –) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 302/1) dahin auszulegen ist, dass die durch die Firma B in Indien durchgeführte Behandlung des Silicium-Metalls als ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung anzusehen ist. Wäre dies der Fall, könnte schon deshalb auf die Einfuhr des Siliciums nach Art. 1 Abs. 1 VO Nr. 398/2004 kein Antidumpingzoll erhoben werden, weil es sich dann nicht mehr um eine Ware mit Ursprung in der Volksrepublik China handeln würde.

Eine letzte wesentliche Be- oder Verarbeitung einer Ware i.S. von Art. 24 ZK ist anzunehmen, wenn das daraus hervorgegangene Erzeugnis besondere Eigenschaften besitzt und von einer spezifischen Beschaffenheit ist, die es vor der Be- oder Verarbeitung nicht hatte (EuGH-Urteile vom 26. ...

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