rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensgebühr bei doppelter Klageerhebung: Kostenauswirkung der Verfahrensverbindung – Erfordernis der Kassenidentität bei Aufrechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das versehentliche Einreichen zweier Klagen mit demselben Klagegegenstand kann der Entstehung der Verfahrensgebühr allenfalls dann entgegenstehen, wenn sich für die Eingangsstelle des Gerichts schon bei formaler Betrachtung der jeweiligen Klageschrift eine Verfahrensidentität aufdrängen muss.
  2. Die Verbindung dieser beiden Verfahren hat auf die bereits entstandenen Gerichtsgebühren keine Auswirkung.
  3. Die Aufrechnung einer Gerichtskostenforderung gegen einen von der Finanzkasse auszugleichenden Kostenerstattungsanspruch ist aufgrund der fehlenden Kassenidentität nicht zulässig.
 

Normenkette

GKG § 6 Abs. 1 Nr. 5; FGO § 73; JBeitrG § 8 Abs. 1 S. 1; BGB § 395

 

Tatbestand

Der Erinnerungsführer war Kläger in den Verfahren 13 K 751/19 H und 13 K 797/19 H. Die Klagen richteten sich jeweils gegen den Haftungsbescheid des Finanzamts F vom 08.08.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.02.2019 für Steuerschulden der X-UG (haftungsbeschränkt), dessen Aufhebung er begehrte.

In dem Verfahren 13 K 751/19 H erhob der Erinnerungsführer am 22.03.2019 selbst Klage, in dem Verfahren 13 K 797/19 H erhob sein Prozessbevollmächtigter für ihn am 25.03.2019 erneut in derselben Sache Klage.

Das Gericht verband das zuletzt eingegangene Verfahren des Erinnerungsführers (Az.: 13 K 797/19 H) durch Beschluss vom 12.06.2019 wegen doppelter Rechtshängigkeit mit dem zuerst eingegangenen Verfahren (Az.: 13 K 751/19 H) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und führte es unter dem Az. 13 K 751/19 H fort. In diesem Verfahren nahm der Erinnerungsführer die Klage mit Schriftsatz vom 17.05.2020 zurück.

Mit Gerichtskostenrechnungen vom 08.04.2019 und 10.04.2019 („1. Rechnung” - Gerichtskostenvorschuss) setzte die Kostenbeamten des Finanzgerichts (FG) für beide Verfahren gegenüber dem Erinnerungsführer zunächst Gerichtskosten in Höhe von jeweils insgesamt 284,00 € an. Die Vorschussrechnungen enthielten die Aufforderung, den Rechnungsbetrag innerhalb von zwei Wochen auf das Konto der Zahlstelle zu überweisen. Eine Zahlung erfolgte nicht.

Am 31.05.2019 erklärte der Erinnerungsführer gegenüber der Zentralen Zahlstelle Justiz die Aufrechnung der Forderungen aus den Vorschussrechnungen der Verfahren 13 K 751/19 H und 13 K 797/19 H mit dem aufgrund des Gerichtsbeschlusses vom 11.02.2019 im Verfahren 15 K 1709/15 F zu Lasten des Finanzamts F festgesetzten Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 2.232,68 €.

Mit Vollstreckungsauftrag vom 15.10.2019, der u.a. die Justizkostenforderungen aus den Vorschussrechnungen vom 08.04.2019 und 10.04.2019 für die Verfahren 13 K 751/19 H und 13 K 797/19 H umfasste, ordnete die Zentrale Zahlstelle Justiz gegen den Erinnerungsführer die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes (JBeitrG) an.

Mit Gerichtskostenrechnungen vom 03.06.2020 („2. Rechnung” - Abschlussrechnung) setzte die Kostenbeamten des Finanzgerichts (FG) für beide Verfahren gegenüber dem Erinnerungsführer abschließend Gerichtskosten in Höhe von jeweils insgesamt 812,00 € an. Die Rechnungen traten an die Stelle der vorhergehenden Rechnungen. Bei der abschließenden Gerichtskostenfestsetzung ging die Kostenbeamtin von einem Streitwert in Höhe von jeweils 28.296,50 € aus. Zudem enthielten die Abschlussrechnungen jeweils die Aufforderung, den Mehrbetrag im Vergleich zur vorigen Zahlungsverpflichtung bis zum 19.06.2020 auf das angegebene Konto der Zahlstelle zu überweisen; im Übrigen blieben die bekannten Zahlungsfristen bestehen.

Gegen die Kostenrechnung im Verfahren 13 K 797/19 H wendet sich der Erinnerungsführer mit seiner Erinnerung vom 15.11.2021. Zur Begründung führt er aus, bei den Verfahren 13 K 751/19 H und 13 K 797/19 H handle es sich um dieselbe Klage, der die Geschäftsstelle des FG zwei Geschäftszeichen erteilt habe, was zu einer Doppelberechnung geführt habe. Trotz des Hinweises habe die Geschäftsstelle die doppelten Rechnungen nicht aufgehoben, obwohl das Gericht die Verfahren nur unter dem Aktenzeichen 13 K 751/19 H fortgeführt habe. Gleichwohl habe er jeweils mit Schreiben vom 31.05.2019 die Aufrechnung der Gerichtskosten mit dem Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt F aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.02.2019 (Az.: 15 K 1709/15 F) erklärt. Die Aufrechnungserklärung sei der der Zentralen Zahlstelle Justiz spätestens mit Schreiben vom 08.11.2019 zugegangen. Die Forderung des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) als Vollstreckungsgläubigerin sei damit jedenfalls erloschen.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,

den Kostenansatz für das Verfahren 13 K 797/19 H aufzuheben, hilfsweise die Beitreibung der Justizkostenforderung (Vorschussrechnung) unter Verweis auf die erklärte Aufrechnung für unzulässig zu erklären.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung hat keinen Erfolg. Weder ist der Kostenansatz als solche...

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