Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskostenabzug für Arbeitszimmer – Nichtgestellung von Büroräumen durch den Arbeitgeber

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nutzt ein Arbeitnehmer (GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer) für seine berufliche Tätigkeit von ihm angemietete Büroräume in unmittelbarer Nähe seiner Arbeitsstätte, weil der Arbeitgeber ihm keine Arbeitsräume zur Verfügung stellt, liegt hierin kein den Werbungskostenabzug der Raumkosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ausschließender Gestaltungsmissbrauch.
  2. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber selbst zur Anmietung der Räume wirtschaftlich in der Lage gewesen wäre.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5, § 19; AO § 42

 

Streitjahr(e)

1996

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.12.2003; Aktenzeichen VI B 29/01)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Geschäftsführerin einer GmbH, an der sie mit 25% beteiligt ist. Sie macht Mietzahlungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskostenabzug bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Die seit 1993 angemieteten Räume, es handelt sich nach einem teilweise in Kopie eingereichten „Mietvertrag über gewerbliche Räume” um ein Zimmer, Küche, Diele, Bad, mit einer vermieteten Fläche von ca. 40 qm, befinden sich im Haus „A” Straße, „B"-Stadt. Dort befinden sich auch die Geschäftsräume der GmbH. Eigentümerin des Hauses ist die Hausgemeinschaft „A” Straße, an der die Klägerin zu 50 % beteiligt ist. Die Miete einschließlich Nebenkosten in Höhe von DM 408,00 monatlich wurden unbar an die Grundstücksgesellschaft gezahlt, die die Zahlungen als Einnahmen erklärte. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) erkannte die Zahlungen im Einkommensteuerbescheid vom 21.7.1998 für 1996 nicht als Werbungskosten an, den Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 31.5.1999 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 30.6.1999 Klage erhoben.

Sie trägt vor, die zuvor als Wohnfläche genutzten Räumlichkeiten seien in ein Büro umfunktioniert worden, das ausschließlich zu beruflichen Zwecken genutzt werde. Als Geschäftsführerin habe sie Büroräume zur alleinigen Nutzung benötigt, die ihr von der Gesellschaft nicht überlassen worden seien. Nur dort sei es ihr möglich gewesen, ihre Tätigkeit pflichtgemäß und sinnvoll auszuüben. Eine Anmietung durch die GmbH sei wegen deren wirtschaftlicher Situation in 1993 nicht möglich gewesen, die GmbH habe Verluste erwirtschaftet. Jedenfalls sei es wirtschaftlich aus der Sicht der GmbH nicht angebracht gewesen, neben dem vorhandenen Büro, dass von einer Angestellten und dem zweiten Geschäftsführer genutzt worden sei, noch ein weiteres Büro anzumieten. Die Anmietung sei nicht durch das Gesellschaftsverhältnis, sondern durch das Arbeitsverhältnis bedingt. Dies werde auch dadurch belegt, dass sie das Arbeitszimmer nach Aufgabe ihrer Geschäftsführertätigkeit nicht weiter angemietet habe, obwohl sie weiterhin Gesellschafterin der GmbH geblieben sei und einen Beiratsposten bekleidet habe. Die Abzugsbeschränkungen der §§ 9 Abs. 5 und 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG griffen vorliegend nicht ein, da sie nur häusliche Arbeitszimmer beträfen, um ein häusliches Arbeitszimmer handele es sich hier gerade nicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid vom 21.7.1998 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31.5.1999 dahin zu ändern, dass bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Mietaufwendungen in Höhe von DM 4.896,00 als Werbungskosten anerkannt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt vor, es liege ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 Abgabenordnung AO – vor. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass ein Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz im Gebäude, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, selbst anmieten müsse, eine solche Verpflichtung ergebe sich auch nicht aus dem Geschäftsführervertrag. Auch den anderen Angestellten sei ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden. Ein Werbungskostenabzug sei auch deshalb ausgeschlossen, weil die GmbH nach dem Klagevortrag nicht in der Lage gewesen sei, die Aufwendungen zu tragen. Dann nämlich habe sie den Aufwand in ihrer Eigenschaft als Mitunternehmerin übernommen. Es verweist auf die enge personelle Verflechtung zwischen Arbeitgeberin, Vermieterin und Klägerin und darauf, dass es ungewöhnlich sei, wenn eine aus einem Zimmer, Küche, Diele und Bad bestehende Wohnung für berufliche Zwecke angemietet werde. .

Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter an Stelle des Senats entscheidet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), soweit die Mietaufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) anerkannt worden sind.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob das nach § 9 Abs. 5 EStG auch auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit anzuwendende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 6b ES...

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