Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung von Alkohol-Wasser-Mischungen zur Herstellung von Arzneimitteln
Leitsatz (redaktionell)
- Die Ausnahme von der Steuerbefreiung nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F. für zur Herstellung von Arzneimitteln zu verwendende Alkohol-Wasser-Mischungen ist i.S.d. Art. 27 Abs. 1 RL 92/83/EWG unionsrechtskonform, da reine Alkohol-Wasser-Mischungen mangels Vergällung ohne weiteres trinkbar sind und daher die Missbrauchsgefahr offenkundig ist.
- Das Fehlen einer erforderlichen Erlaubnis hat nach der Systematik des Branntweinsteuerrechts stets die Steuerentstehung zur Folge, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder Steueraussetzung tatsächlich vorliegen.
- Der Begriff der Herstellung in § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F erfasst keine Verwendungen, bei denen das steuerbare Erzeugnis, abgesehen ggf. von Restmengen, nicht in dem Endprodukt aufgeht.
- Die Verwendung einer Alkohol-Wasser-Mischung zur Spülung einer Anlage zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel und die Abgabe einer solchen Mischung zur Weiterverarbeitung an einen anderen Arzneimittelhersteller sind keine Herstellung in diesem Sinne.
Normenkette
BranntwMonG a.F.§ 132 Abs. 1 Nr. 1; BranntwMonG a.F. § 139 Abs. 2 S. 1; BranntwMonG n.F. § 152 Abs. 1 Nr. 1, § 153 Abs. 3 S. 1; BrStV a.F. § 29 S. 1; BrStV n.F. § 49 Abs. 1 S. 1; RL 92/83/EWG Art. 27 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin stellt homöopathische Arzneimittel und Arzneiträger her und veräußert diese.
Das Hauptzollamt erteilte der Klägerin zuletzt unter dem 13. August 1993 die Erlaubnis, nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Branntweinmonopolgesetz - BranntwMonG) in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I Seite 2150) (a.F.) Branntwein unvergällt zu beziehen und zur Herstellung von Arzneimitteln / Heilmitteln im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2445) zu verwenden. Über eine Erlaubnis als Steuerlagerinhaberin verfügte sie nicht. Erst seit dem Jahr 2011 ist sie Inhaberin einer solchen Erlaubnis.
Die Klägerin bezog unversteuerten und unvergällten Branntwein für ihr Unternehmen. In der Zeit vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. November 2010 verwendete sie davon 932,8 Liter Alkohol für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) als Arzneiträger und gab diese zur Weiterverarbeitung zu homöopathischen Arzneimitteln an die A GmbH & Co. KG (im Folgenden: A KG) ab. Weiterhin verwendete die Klägerin 8.234,2 Liter Alkohol für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (70 % V/V) und gab diese an den Einzelunternehmer B (im Folgenden: Einzelunternehmer B), ab, welcher das Produkt als Desinfektionsmittel vertrieb. Diese Alkohol-Wasser-Mischung (70 % V/V) war als Arzneimittel zugelassen, und zwar auch für Zwecke der Kühlung. Schließlich verwendete die Klägerin 950,1 Liter Alkohol für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol) und spülte damit die Konfektionierungsanlage. Diese Spülung erfolgte jeweils erst, nachdem die Anlage zuvor mit Tensiden und Wasser gereinigt worden war. Die weitere Spülung mit der Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol) diente der Vorbereitung der nächsten Charge. Hierdurch sollte verhindert werden, dass in der Anlage verbliebene Wasserreste die herzustellenden Produkte verfälschten. Die Anlage war nach der Spülung mit der Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol) und anschließender Verdunstung des Alkohols sauber und trocken. Die Mischung wurde nach der jeweiligen Spülung vernichtet.
Dieser Sachverhalt wurde im Rahmen einer branntweinsteuerrechtlichen Außenprüfung des Hauptzollamts festgestellt. Unter dem 14. Dezember 2010 leitete der Beklagte ein Bußgeldverfahren wegen des Verdachts u.a. der leichtfertigen Steuerverkürzung ein. Nach dem Bericht über die Außenprüfung vom 21. Februar 2011 beanstandete das Hauptzollamt , dass die Abgabe an die A KG nicht von der Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung erfasst gewesen sei, auch wenn es sich bei der Empfängerin um einen Erlaubnisinhaber zur steuerfreien Verwendung von unvergälltem Branntwein gehandelt habe. Es hätte vielmehr bei einer solchen Abgabe im Ausnahmefall der vorherigen Erlaubnis bedurft, eine solche sei aber nicht beantragt worden. Der Branntwein sei deshalb zweckwidrig verwendet worden. Auch hinsichtlich des an den Einzelunternehmer B abgegebenen Branntweins liege eine zweckwidrige Verwendung vor. Weiterhin sei hinsichtlich der zu Reinigungszwecken verwendeten Alkohol-Wasser-Mischung Branntweinsteuer entstanden, da die Möglichkeit der steuerfreien Verwendung nur für vergällten Branntwein in Anspruch genommen werden könne.
Der Beklagte setzte unter Bezugnahme auf die Feststellungen im Rahmen der Außenprüfung mit Bescheid vom 29. Februar 2012 gegenüber der Klägerin 131.825,81 € Branntweinsteuer fest.
Die Klägerin legte hiergegen Einspruch e...