Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnungsbesteuerung für in der Schweiz ansässige Tochtergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Eine in der Schweiz ansässige Tochtergesellschaft eines Unternehmens in Deutschland, die als Zahlungsdienstleisterin für das von diesem Unternehmen – mittels einer inländischen Tochtergesellschaft - betriebene Großhandels- und Franchisegeschäft fungiert, erzielt mit ihrer – überwiegend gegenüber externen Geschäftspartnern ausgeübten - Tätigkeit von der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG ausgenommene aktive Einkünfte aus dem Betrieb eines Kreditinstituts.
- Der Begriff des Betriebs eines Kreditinstituts in § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG umfasste bereits vor der Neufassung durch das ATADUmsG vom 30.06.2021 auch Finanztransfergeschäfte von Finanzdienstleistungsunternehmen.
- Die von dem inländischen Handelsunternehmen vorgegebene Einschaltung der in der Schweiz ansässigen Tochtergesellschaft in die Zahlungsabwicklung begründet kein auf einer geschäftsfremden Einflussnahmemöglichkeit beruhendes Näheverhältnis i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 3 AStG zwischen der inländischen Muttergesellschaft und den externen Lieferanten, Abnehmern und Franchisenehmern.
- Nach Einführung der sog. „großen Auskunftsklausel“ in Art. 27 DBA-Schweiz 1971/2010 verstößt die Hinzurechnungsbesteuerung der Einkünfte einer in der Schweiz ansässigen Tochtergesellschaft für ab dem 01.01.2011 beginnende Wirtschaftsjahre gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit, wenn die Gesellschaft einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Staat nachgeht.
Normenkette
AStG § 1 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nrn. 3, 5, Abs. 2, § 18; KWG § 1 Abs. 1, 1a; KWG a.F. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 6; ZAG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6; AEUV Art. 63 Abs. 1; DBA CHE 1971/2010 Art. 27 Abs. 1; DBA CHE 1971/2010 Art. 27 Abs. 5
Tatbestand
[Wegen § 30 AO stark gekürzt]
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einkünfte einer in der Schweiz ansässigen Tochtergesellschaft der Klägerin in Deutschland der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG unterliegen.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft und hält u.a. 100% der Anteile an der B, einer Gesellschaft mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland.
B betreibt zum einen das Großhandelsgeschäft der A-Gruppe als zentrale Einkäuferin und ist zum anderen Franchisegeberin des Franchisesystems. Sowohl die externen Franchisenehmer wie auch die eigenen Vertriebsgesellschaften beziehen ihre Produkte überwiegend von der B, aber auch direkt von externen Lieferanten. Die B wiederum erwirbt die Produkte von externen Lieferanten. Zudem schließt die B die Franchiseverträge mit den externen Franchisenehmern ab
Die Klägerin ist weiterhin zu 100% an der Z beteiligt.
Die Z wurde am…als Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, gegründet. Der Geschäftsbetrieb der Z befindet sich in gemieteten Büroräumen in D, Schweiz. Die Bürofläche betrug in den Streitjahren ca. x qm, zusätzlich wurden Archivräume im Keller sowie x Parkplätze angemietet.. Die monatliche Miete betrug x CHF. Der Mitarbeiterbestand der Z setzte sich in den Wirtschaftsjahren 2009 bis 2011 wie folgt zusammen: [...]
Die Personalkosten beliefen sich in den Streitjahren auf x CHF.
Die Z verfügte in der Schweiz über folgende Infrastruktur:
Büro- und Geschäftsausstattung
- Telefonanlage [...],
- EDV-Anlage
- -
- Software
[...]
Gemäß den Statuten der Z leitet der Verwaltungsrat die Geschäfte der Gesellschaft. Dieser bestand aus x Mitgliedern. Der Verwaltungsrat entscheidet in allen Angelegenheiten, die nicht durch Gesetz oder Statuten der Generalversammlung oder der Revisionsstelle vorbehalten waren. Herr M wurde durch den Verwaltungsrat mit der Geschäftsführung der Z betraut. Er ist seit…hauptberuflich für die Z am Standort der Z in der Schweiz tätig. Er…verfügte über folgende Qualifikationen: [...]
Z obliegt innerhalb der A-Gruppe das zentrale Abrechnungs- und Delkrederegeschäft für den Wareneinkauf. Sie führt die Zahlungsregulierung für die A-Gruppe - insbesondere die B (=interne Abnehmerin und interne Lieferantin) und die Vertriebsgesellschaften (= interne Abnehmer) -, sowie für die Franchisenehmer (= externe Abnehmer) und die externen nationalen und internationalen Lieferanten (= externe Lieferanten) durch. Zudem trägt sie das Risiko des Zahlungsausfalls gegenüber externen Lieferanten. In den Streitjahren erzielte sie außerdem Zinseinkünfte, die sich im Wesentlichen zusammensetzten aus Verzugszinsen und aus Zinsen aus der kurzfristigen Anlage der vereinnahmten Gelder.
In 2009 umfassten die Geschäftsbeziehungen der Z mit fremden Dritten insgesamt x externe Lieferanten (davon x in der Schweiz ansässig) und über x externe Franchisepartner. Mit in der Schweiz ansässigen Unternehmen tätigte die x folgende Umsätze: [...]
Die Z erbrachte ihre Zahlungsdienstleistungen stets auf Grundlage eines eigenständigen schriftlichen Vertrages mit dem jeweiligen Lieferanten und Abnehmer, der neben die Lieferverträge trat.
Alle externen Unternehmen, die die A-Gruppe beliefern wollten (e...