Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Gewinnerzielungsabsicht bei Tätigkeit als Rechtsanwalt und keine Anerkennung von Aufwendungen für Besuchsfahrten als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein pensionierter Beamter, der im Arbeitszimmer seines Wohnhauses ohne Reaktion auf Dauerverluste eine Rechtsanwaltskanzlei mit Kleinstumsätzen betreibt, handelt mangels objektiver Eignung des Betriebs zur Überschusserzielung ohne Einkunftserzielungsabsicht.
  2. Die Tatsache, dass ein Rechtsanwalt ein Organ der Rechtspflege ist, führt steuerlich zu keiner besonderen Beurteilung.
  3. Die persönlichen Gründe, die zu der Ausübung der Tätigkeit geführt haben, müssen nicht in jedem Fall ihrer Art nach positiv benannt werden.
  4. Eine hauptberufliche Tätigkeit liegt auch unter Beachtung des BFH-Urteils v. 22.04.1998 XI R 10/97 nicht vor, wenn der Steuerpflichtige zwar keine andere aktive Erwerbstätigkeit ausübt, der geringe Umfang von Einnahmen und Ausgaben aber nicht auf einen hauptberufstypischen Tätigkeitsumfang schließen lässt.
  5. Kosten, die im Zusammenhang mit Besuchsfahrten zu den im Altersheim lebenden eigenen Eltern entstehen, werden nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, wenn sie für deren Pflege und Betreuung nicht zwangsläufig erforderlich sind.
 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 33

 

Streitjahr(e)

1998

 

Tatbestand

I.

Die Kläger wurden durch Bescheid vom 12.12.1999 für das Streitjahr 1998 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Streitig ist, ob der Kläger mit Einkunftserzielungsabsicht als Rechtsanwalt tätig war und ob Aufwendungen im Zusammenhang mit Fahrten zu seiner Mutter als außergewöhnliche Belastungen zu werten sind.

Der Kläger erzielte Einkünfte aus Versorgungsbezügen aus seiner früheren Tätigkeit als Beamter. Er hat sich außerdem seit 1985 als Rechtsanwalt niedergelassen. Für die Jahre 1985 und 1986 wurden die hieraus erzielten Verluste vom Finanzamt „A” steuerlich anerkannt. Aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt erklärte der Kläger in den nachfolgenden Jahren ausschließlich Verluste. Wegen weiterer Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf das Urteil des Gerichts vom heutigen Tage zu dem Streitjahr 1996, Az.13 K 8452/97 E, Bezug genommen.

Der Kläger besuchte im Streitjahr nach eigener Aussage mehrmals wöchentlich seine 91jährige Mutter, die in einem Altenheim in „B” untergebracht war. Dabei hat er seiner Mutter bei sämtlichen Verwaltungsangelegenheiten geholfen und regelmäßig notwendige Arzneimittel aus Apotheken besorgt. Die hierbei entstandenen Fahrtkosten hat der Kläger mit 3.250 DM beziffert. Davon entfallen 184 DM auf die Beförderung der gehbehinderten Mutter zu einer Krankenklinik außerhalb des Altenheims.

Bisher wurden vom Beklagten lediglich aus anderen Positionen 1.106 DM als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Dieser Betrag blieb aber, da die zumutbare Belastung von 1.810 DM nicht erreicht wurde, steuerlich ohne Auswirkung.

Den für das Streitjahr erklärten Verlust in Höhe von 7.822 DM hat der Beklagte nicht zum steuerlichen Abzug zugelassen. Hiergegen haben die Kläger Einspruch eingelegt, der jedoch ohne Erfolg blieb. Daraufhin haben sie am 6.4.1999 Klage erhoben.

Die Kläger weisen wegen des Verlustes aus anwaltlicher Tätigkeit insbesondere auf die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- hin, wonach gerade die rechtsanwaltliche Berufstätigkeit die Einkunftserzielungsabsicht gleichsam indiziere (BFH Urteil vom 22.4.1998 XI R 10/97, BStBl II 1998,663), und zitieren außerdem ein nicht veröffentlichtes Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 10.6.1999 Az. IV 363/97 in dem trotz langjähriger Verluste aus einem Groß- und Einzelhandel die Einkunftserzielungsabsicht bejaht wurde. Wegen des weiteren Vortrages der Kläger wird insoweit ebenfalls auf das Urteil vom heutigen Tage, Az.13 K 84522/97 E (aaO.), verwiesen und Bezug genommen.

Hinsichtlich der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen führen sie aus, die Besuche seien auch aus psychischer Sicht notwendig gewesen, da der Mutter ansonsten eine Vereinsamung mit entsprechenden gesundheitlichen Folgen gedroht hätte.

Die Kläger beantragen,

die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung für 1998 in der Weise zu ändern, daß 7.822 DM Verluste aus freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt berücksichtigt werden und 3.250 DM als außergewöhnliche Belastung zusätzlich angesetzt werden und die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt wird,

im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Der geltend gemachte Verlust ist wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht im Wege des Verlustausgleichs in die Ermittlung der Einkommensteuer für 1998 einzubeziehen.

2.Bei den Besuchsfahrten zur Mutter des Klägers handelt es sich nicht um außergewöhnliche Belastungen.

zu 1.: Kennzeichnend für die in § 2 Abs.1 Nr.1 bis 7 Einkommensteuergesetz -EStG- definierten Einkunftsarten ist, daß ihnen zugrundeliegende Tätigkeiten oder Vermögensnutzu...

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