rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine steuerfreie Abfindung, wenn die "Abfindung" zum Ausgleich aller gegenseitigen Ansprüche aus dem aufgelösten Dienstverhältnis gezahlt wird und den noch ausstehenden Arbeitslohn unterschreitet

 

Leitsatz (redaktionell)

Ungeachtet der Bezeichnung als Abfindung liegen nicht nach § 3 Nr. 9 EStG begünstigte Gehaltszahlungen vor, wenn der Arbeitnehmer anlässlich der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum Ausgleich aller gegenseitigen Ansprüche eineAbgeltunszahlung erhält, die den noch ausstehenden Arbeitslohn unterschreitet. Eine Auslegung der Vereinbarung im Sinne eines gleichzeitigen Verzichts auf die rückständigen Gehaltsansprüche kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 9

 

Tatbestand

Streitig ist, ob (Raten-)Zahlungen i.H. von insges. 10.500 DM, die die damalige Arbeit-geberin, eine GmbH, im Zusammenhang mit einer betriebsbedingten ordentlichen Kün-digung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung vom 30.9.1998 mit Wirkung zum 31.12.1998) aufgrund eines Vertrages vom 9.10.1998 im Streitjahr 1998 an die Klägerin geleistet hat, als Abfindung i.S. des § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind. Der Vertrag vom 9.10.1998, auf den im übrigen Bezug genommen wird, lautete u.a.:

"Zum Ausgleich des Verlustes des beruflichen Besitzstandes zahlt die ... (GmbH) an ... (Klägerin) eine Abfindung in Höhe von 10.500 DM (brutto=netto)"..... (Ziffer 3 Satz 1).

"Mit Ausgleich der vorbezeichneten Ansprüche sind jegliche aus dem Arbeitsverhältnis der Beteiligten herrührenden Ansprüche, insbesondere auch die noch offenstehenden tariflichen Jahresleistungen der Jahre 1995 - 1998, ausgeglichen" (Ziffer 5).

Aufgrund einer bei der GmbH durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung erhielt der Beklagte (das Finanzamt - FA -) am 14.7.1999 eine Prüfungsmitteilung, wonach die Zahlungen i.H. von 10.500 DM deshalb keine steuerfreie Abfindung seien, weil - nach einer Verzichtserklärung der Klägerin vom 27.9.1996 in Bezug auf die tarifliche Jahresleistung 1995 - noch tarifliche Jahresleistungen 1996 bis 1998 im Gesamtbetrag von 11.297,72 DM ausgestanden hätten.

Das FA erließ am 30.7.1999 einen entsprechenden, nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid 1998, in dem er den Bruttoarbeitslohn um 10.500 DM erhöhte. Der fristgerecht eingelegte Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA in der Einspruchsentscheidung vom 17.4.2000 die Einkommensteuer deshalb herabsetzte, weil es den streitigen Betrag nach § 34 Abs. 3 EStG besteuerte. Wegen des Ausführungen der Beteiligten im Vorverfahren wird auf das Schreiben der Klägerin vom 23.9.1999 sowie die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage. Die Klägerin führt im wesentlichen aus: Der Wortlaut des Vertrages vom 9.10.1998, der in Bezug auf die Ziffern 3 ("Abfindungsvergleich") und 5 ("Ausgleichsklausel") den in arbeitsgerichtlichen Verfahren üblichen Formulierungen entspreche, belege, dass 10.500 DM als "reine Abfindung" gezahlt werden sollten. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Klageverfahren wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 15.5., 12.9. und 15.9.2000 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 30.7.1999 und die Einspruchsentscheidung vom 17.4.2000 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält aus den im Schriftsatz vom 22.8.2000 angeführten Gründen an seiner bisherigen Auffassung fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat zu Recht angenommen, dass der streitige Betrag (10.500 DM) keine steuerfreie "Abfindung" i.S. des § 3 Nr. 9 EStG ist.

1. Gemäß § 3 Nr. 9 Satz 1 EStG sind Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlaßten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses, höchstens jedoch 24 000 DM, steuerfrei. § 3 Nr. 9 EStG erfaßt Leistungen zur Abgeltung von Interessen, die durch die Auflösung des Dienstverhältnisses beeinträchtigt sind; die Abfindung soll Nachteile des Arbeitnehmers aus dem Verhalten des bisherigen Arbeitgebers ausgleichen und wird aus diesem Grund in bestimmtem Umfang von der Steuer freigestellt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24.4.1991 XI R 9/87, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1991, 723).

2. Unter Auflösung des Dienstverhältnisses ist die nach bürgerlichem (Arbeits-)Recht wirksame Auflösung zu verstehen. Die Beteiligten haben es damit - bis an die Grenze des Gestaltungsmißbrauchs - in der Hand, durch vertragliche Vereinbarung zu bestimmen, in welchem Umfang sie steuerfreie Abfindungen an die Stelle von steuerpflichtigen Lohnansprüchen treten lassen wollen (vgl. BFH-Urteil vom 27.4.1994 XI R 41/93, BStBl II 1994, 653 m.w.N.). Maßgeblich ist also der von den Beteiligten vereinbarte oder sonst (wie hier durch die Kündigung) vorgegebene (gestaltbare) Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

3. Abgesehen von diesem durch die Maßgeblichkeit des Auflösungszeitpunkts eröffneten Spielraum steht den Beteiligten in Bezug auf die Abg...

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