Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer des Verlustentstehungsjahrs
Leitsatz (redaktionell)
- Voraussetzung für den erstmaligen Erlass eines Feststellungsbescheides über den verbleibenden Verlustabzug im Verlustentstehungsjahr ist, dass der zugrundeliegende – bisher keinen Verlust ausweisende – Einkommensteuerbescheid noch entsprechend geändert werden kann. Diese Änderungsmöglichkeit besteht nach Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht mehr.
- Nichts anderes gilt, wenn der Einkommensteuerbescheid eine Einkommensteuer von 0,-- DM ausweist und somit innerhalb der Festsetzungsfrist eine Änderung des Steuerbescheides allein mangels steuerlicher Auswirkung unterblieben wäre.
- Weist die Finanzbehörde in einem Klageverfahren wegen der Nichtberücksichtigung eines Verlustvortrages in einem der Verlustentstehung nachfolgenden Jahr darauf hin, dass der Kläger noch eine Verlustfeststellung für das festsetzungsverjährte Vorjahr beantragen könne, da für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei, kann hieraus jedenfalls dann keine Bindungswirkung nach Treu und Glauben abgeleitet werden, wenn der Kläger die Klage trotz dieses Hinweises in gleicher Weise wie bisher fortgeführt hat.
Normenkette
EStG 1999 § 10d Abs. 3 Sätze 4-5, § 17 Abs. 4; AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1
Streitjahr(e)
1999, 2000
Nachgehend
Tatbestand
Gemäß der im Jahr 2000 von der Klägerin eingereichten Einkommensteuererklärung 1999 hatte der Beklagte die Veranlagung durchgeführt und den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 23.11.2000 erlassen. Dieser setzte bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 33.339,-- DM eine Einkommensteuer von 0,-- DM fest. Einen Auflösungsverlust gemäß § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz – EStG – aus ihrer Beteiligung an der „G” GmbH (GmbH) in „I” hatte die Klägerin für das Streitjahr nicht erklärt. Der Einkommensteuerbescheid 1999 wurde bestandskräftig.
Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung 2000 begehrte die Klägerin nunmehr erstmalig die Anerkennung eines Auflösungsverlustes gemäß § 17 EStG in Höhe von 106.917,-- DM (später dann in Höhe von 151.197,09 DM) aus vorgenannter GmbH. Der Beklagte erkannte den Verlust jedoch nicht für das Veranlagungsjahr 2000 an, da seines Erachtens nach dieser Verlust bereits im Veranlagungsjahr 1999 entstanden und folglich für dieses Jahr steuerlich festzustellen war. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg; gegen die abweisende Einspruchsentscheidung vom 29.10.2004 erhob die Klägerin Klage, die beim erkennenden Senat unter dem Az: 13 K 6500/04 E anhängig ist. Im Rahmen dieses Klageverfahrens führte der Beklagte in seinem Schreiben vom 08.06.2005 u.a. wie folgt aus:
Der Klägervertreter räumt nunmehr ein, dass ein Veräußerungsverlust im Veranlagungszeitraum 1999 zu berücksichtigen ist. Dazu ist im Rahmen einer zu beantragenden und auch durchzuführenden gesonderten Verlustfeststellung zum 31.12.1999 noch Gelegenheit, da für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Eine Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 begründet das allerdings nicht.
Unter Bezugnahme auf dieses Beklagtenschreiben beantragte die Klägerin den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides auf den 31.12.1999. Mit Verfügung vom 18. 11.2005 lehnte der Beklagte den Antrag jedoch mit der Begründung ab, dass wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1999 eine erstmalige Feststellung eines Verlustes im Verlustentstehungsjahr nicht mehr in Betracht komme. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Gegen die abweisende Einspruchsentscheidung vom 30.12.2005 richtet sich die Klage, mit der die Klägerin vorträgt:
Mit Schreiben vom 08.06.2005 habe der Beklagte eine schriftliche Zusage gegeben, dass er auf ihren, der Klägerin, Antrag hin einen Verlustfeststellungsbescheid zum 31. 12.1999 erlassen werde. Daran sei das Finanzamt nunmehr gebunden. Aus dem vom Beklagten benannten Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 16.11.2000, XI R 28/99 (Bundessteuerblatt – BStBl – II 2001, 303) ergebe sich nichts Gegenteiliges. Im Übrigen hätte das Finanzamt auch ohne Antrag den Einkommensteuerbescheid 1999 gemäß § 173 Abgabenordnung – AO – in 2004 ändern und den verbleibenden Verlust feststellen müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten dahingehend zu verurteilen, dass die Einspruchsentscheidung aufzuheben und der Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1999 zu erlassen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der steuerliche Berater der Klägerin zur Sicherung des Rechtsschutzes seiner Mandantin spätestens nach Kenntnis der Einspruchsentscheidung zur Einkommensteuer 2000, folglich noch vor Ablauf der Verjährungsfrist in 2004 für die Einkommensteuer 1999, wenn auch ggf. nur vorsorglich, die Verlustfeststellu...