vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 49/20)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuer im vorläufigen Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeit – Weiterbelieferung von Kunden eines Stromlieferanten – Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters,
Leitsatz (redaktionell)
- Der für die Einordnung als Masseverbindlichkeit erforderliche Zusammenhang zwischen der Entstehung der Steuerverbindlichkeit und den Befugnissen des vorläufigen Insolvenzverwalters wird bei der Entstehung der Energiesteuer durch die Weiterbelieferung von Kunden eines Stromlieferanten schon durch den vom Insolvenzgericht angeordneten allgemeinen Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO) begründet.
- Dies gilt auch, wenn die Lieferungen in Erfüllung von Verbindlichkeiten aus bereits vor der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründeten Dauerschuldverhältnissen erfolgen („Altgeschäfte”).
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt, § 55 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die während des Insolvenzeröffnungsverfahrens entstandene Energiesteuer eine Masseverbindlichkeit darstellt.
Gegenstand des Unternehmens der…X GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) war die Versorgung von Kunden mit Energieerzeugnissen. Die Schuldnerin hatte sich durch langfristige Lieferverträge an ihre Kunden gebunden, ohne sich durch entsprechende Deckungsgeschäfte gegen einen Anstieg des Einkaufspreises abzusichern. Als die Einkaufspreise…nennenswert anstiegen, konnte sie nicht mehr kostendeckend arbeiten, erwirtschaftete Verluste und geriet in Zahlungsrückstand.
Das Amtsgericht A-Stadt bestellte den Kläger aufgrund eines entsprechenden Antrages der Schuldnerin ..., zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des Klägers wirksam sein würden (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. der Insolvenzordnung - InsO). Es traf folgende weiteren Anordnungen:
Den Drittschuldnern wurde verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Der Kläger wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner wurden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO).
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einschließlich der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung gegen die Schuldnerin wurden untersagt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen waren; bereits begonnene Maßnahmen wurden einstweilen eingestellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO).
Der Kläger war bereits zuvor als Insolvenzverwalter über das Vermögen einer anderen Gesellschaft, der…Y GmbH, tätig geworden, die Energieerzeugnisse vertrieb.
Er bemühte sich zunächst, eine Auffanglösung zu finden. Ein anderes Unternehmen bot den Kunden der Schuldnerin die Übernahme zu marktüblichen Konditionen an und verpflichtete sich zur Zahlung einer Provision zugunsten der Masse für jeden übernommenen Kunden. Die Schuldnerin stellte die Belieferung der Kunden…ein.
Der Kläger berichtete…und empfahl, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin zu eröffnen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht (Bl. 339 - 349R Heft I der Verwaltungsakten) Bezug genommen. Das Amtsgericht eröffnete das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit…und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.
Das beklagte Hauptzollamt (HZA) schätzte die im Zeitraum vom… (Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter), bis zum… (Zeitpunkt der Einstellung der Lieferungen) gelieferte Energieerzeugnismenge und setzte mit Bescheid vom…Energiesteuer i.H.v.…EUR gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin fest. Zur Begründung führte es aus, es handele sich um Masseverbindlichkeiten.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Er vertrat die Auffassung, es handele sich nicht um sonstige Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 4 InsO. Es fehle auch an einer Schätzungsbefugnis. Mit Bescheid vom…setzte das HZA die Energiesteuer auf der Grundlage einer genaueren Berechnung der in dem fraglichen Zeitraum gelieferten Energieerzeugnismenge auf…EUR herab.
Das HZA wies den weitergehenden Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, die seit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters entstandene Energiesteuer stelle eine Masseverbindlichkeit dar.
Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger führt aus: Das Merkmal der Zustimmung im Sinne des § 55 Abs. 4 InsO setze ein aktives Handeln des („schwachen”) vorläufigen Verwalters voraus. Leistungen, die dagegen in Erfüllung bereits bestehender Verträge erbracht würden, würden weder von § 55 Abs. 4 noch von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst, weil nur der „endgültige” Insolvenzverwalter ein Erfüllungswahlrecht habe (§ 103 InsO). Er habe faktisch und rechtlich keine Möglichkeit gehabt, die Beliefer...