Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsbeschränkung der Aufwendungen für häusliches Arbeitszimmer - Verfassungskonforme Interpretation des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG für das Jahr 2009
Leitsatz (redaktionell)
- Für das Jahr 2009 ist in verfassungskonformer Interpretation der Vorschriften des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG davon auszugehen, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch abzugsfähig sind, wenn dem Stpfl. zwar für seine berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, das häusliche Arbeitszimmer aber den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
- Ein von einem Wirtschaftsprüfer- und Steuerberater zur Prüfung von Daten und Unterlagen, Anfertigung von Arbeitspapieren und gutachterlichen Stellungnahmen, Erstellung von Prüfungsberichten, Ausarbeitung betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Konzepte und zur Vorbereitung finanzgerichtlicher Klageverfahren genutztes häusliches Büro ist kein betriebsstättenähnlicher Raum im Wohnbereich.
- Die durch die mündliche Kommunikation mit den Mandanten, Mitarbeitern und Dritten geprägte Tätigkeit des Mitgesellschafters einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft findet ihren Mittelpunkt in der Praxis der Partnerschaft.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 52 Abs. 12 S. 9
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Abziehbarkeit von Raumkosten als Sonderbetriebsausgaben des Klägers zu 2) streitig.
Die Klägerin zu 1) -Gesellschaft- ist eine Partnerschaftsgesellschaft mit Sitz in „E-Stadt”, an der der Kläger zu 2) und Herr „Q” - beide Wirtschaftsprüfer und Steuerberater - jeweils hälftig beteiligt sind. Gegenstand der Gesellschaft sind die für Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gemäß §§ 2, 43a Abs. 4 der Wirtschaftsprüferordnung -WPO- und §§ 33, 57 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes -StBerG-. Durch die Gesellschaft erwirtschaften der Kläger zu 2) und sein Partner Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-. Die Gesellschaft ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Die Besteuerungsgrundlagen der Gesellschaft werden gemäß §§ 179ff. der Abgabenordnung -AO- gesondert und einheitlich festgestellt.
Die Gesellschaft, die mehrere Mitarbeiter beschäftigt, übt ihre Tätigkeit in zwei als Praxisräume gestalteten Eigentumswohnungen auf der „T-Straße” in „E-Stadt” aus. Dort befinden sich die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und Büroräume der Partner. Daneben nutzt der Kläger zu 2) einen Raum in der eigenen Wohnung für seine berufliche Betätigung. Der Raum ist als Büro eingerichtet und verfügt über umfangreiche Fachliteratur sowie eine technische Ausstattung, die dem Kläger zu 2) den Zugriff auf das EDV-System der Praxis ermöglicht.
Gemäß einer im Einspruchsverfahren von den Klägern vorgelegten Übersicht beruhte der Umsatz der Gesellschaft im Veranlagungszeitraum 2009 zu 30% auf Jahresabschlussprüfung, zu 20% auf der Erstellung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen, zu 20% auf Buchführung und Lohnrechnung und zu 15% auf Beratung. Die übrigen 15% des Umsatzes wurden u. a. mit Gutachtertätigkeiten und Unternehmensbewertungen erzielt. Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsleistungen erbrachten die Partner im Wesentlichen selbst; die bei der Gesellschaft angestellten Mitarbeiter waren u. a. mit Buchführung und Lohnrechnung sowie der Erstellung einfacher Steuererklärungen befasst. Der durch den Kläger zu 2) generierte Umsatz (30% des Gesamtumsatzes der Gesellschaft) entfiel gemäß der vorgelegten Übersicht zu 44% auf Jahresabschlussprüfung, zu 20% auf Beratung, zu 20% auf die Erstellung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen und zu 3,5% auf Unternehmensbewertungen. Die übrigen 12,5% des Umsatzes basieren auf Sonderaufträgen, Prüfungen nach der Makler- und Bauträgerverordnung -MaBV- und Qualitätskontrolle.
Die Tätigkeit des Klägers zu 2) auf dem Gebiet der Jahresabschlussprüfung gestaltet sich in der Regel wie folgt: Zunächst führt er in den Praxisräumen der Gesellschaft Gespräche mit den Mandanten zur Auftragsübernahme. In seinem häuslichen Büro findet sodann die Prüfung der erhaltenen Unterlagen, die Anfertigung der Arbeitspapiere des Abschlussprüfers und die Erstellung der Prüfungsberichte statt. Die administrativen Arbeiten, wie die technische Zusammenstellung der Prüfungsberichte und Gutachten, werden in den Praxisräumen der Gesellschaft erledigt. Besprechungstermine mit Mitarbeitern, Mandanten und Betriebsprüfern nimmt der Kläger zu 2) in den Räumen der Mandanten oder in der Praxis wahr. Die Präsentation der Arbeitsergebnisse und die Übergabe der Prüfungsberichte erfolgt schließlich bei den Mandanten vor Ort. Ähnlich gestaltet sich in der Regel die Tätigke...