Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug bei Lehrer: Gemischte Aufwendungen, Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen, sog. Tutandenbetreuung
Leitsatz (redaktionell)
- Aufwendungen eines Lehrers für den Besuch kultureller Veranstaltungen mit einzelnen Schülern im Rahmen einer sog. Tutandenbetreuung fallen – im Unterschied zu den Kosten für die Teilnahme an vergleichbaren Klassenfahrten – mangels eindeutigen beruflichen Charakters unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot.
- Gleiches gilt bzgl. der Kosten für die Unterbringung einer Gastlehrerin in der Privatwohnung des Steuerpflichtigen, durch die deren Mitwirkung an Theateraufführungen seiner Schüler ermöglicht werden sollte.
- Der Werbungskostenabzug für Präsente und Bewirtung kommt nur bei Arbeitnehmern mit erfolgsabhängigen variablen Bezügen in Betracht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erzielte 1995 (Streitjahr) Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Lehrer an einem Gymnasium in Z-Stadt. Er machte in seiner Einkommensteuererklärung u.a. folgende Aufwendungen als Werbungskosten geltend:
-Bewirtung von Helfern der Weihnachtsaktion Moskau (104,10 DM);
-Theaterbesuch „Frühlingserwachen” mit einem Schüler (2 x 5 DM = 10 DM);
-Kammerorchester Barock-Zyklus (36 DM);
-Theater im Rathaus „Non(n)sens II” (15 DM);
-Fahrtkosten für Besuch einer Ausstellung einer ehemaligen Schülerin (45,76 DM);
-Casa Nova „Russische Lyrik” (19 DM);
-Teilnahme Russische Olympiade in X-Stadt (130,68 DM);
-Übernahme von Fahrtkosten für Frau B - Theateraufführungen als Teil der Olympiade (188,90 DM);
-Blumen-Glückwünsche anlässlich einer Theateraufführung (37 DM);
-Aufnahme einer russischen Gastlehrerin (1.574 DM).
Zu den übernommenen Fahrtkosten teilte der Kläger mit, dass er Frau B als Regisseurin für die von seinen Schülern veranstalteten Theateraufführungen um Hilfe gebeten habe. Da Frau B als Russlandflüchtling von der Sozialhilfe lebe, habe er die Fahrtkosten zu den Proben und Auftritten übernommen.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) setzte die Einkommensteuer (ESt) 1995 mit Bescheid vom 25.1.1999 fest und ließ die beantragten Aufwendungen nicht zum Abzug als Werbungskosten zu.
Hiergegen richtete sich der fristgerecht eingelegte Einspruch. Der Kläger wies daraufhin, dass die Teilnahme an der russischen Olympiade in keinem Zusammenhang mit der privaten Lebensführung stünde. Zur Begründung fügte er u.a. ein Einladungsschreiben des Regierungspräsidenten Düsseldorf bei. Sämtliche Kosten seien damit berücksichtigungsfähig. Auch die Theater-, Konzert- und Ausstellungsbesuche seien - im Rahmen der Tutandenbetreuung - Teil seiner beruflichen Tätigkeit gewesen. Hinsichtlich der Beherbergung und Beköstigung einer Austauschlehrerin wies der Kläger darauf hin, dass er für einen Zeitraum von 3 Wochen einen ihm fremden Menschen aufgenommen habe. Obwohl der Austausch per Verfügung des Landes durchgeführt worden sei, habe das Land keinen Pfennig gegeben. Ein privater Charakter der Aufwendungen sei insgesamt zu verneinen.
Das FA erließ am 29.5.2001 einen Änderungsbescheid, in dem es die Werbungskosten teilweise anerkannte (dem Kläger entstandene Fahrkosten/Verpflegungsmehraufwand betr. Russische Olympiade in X-Stadt i.H. von 130,68 DM) und ferner unter Berücksichtigung des Klageverfahrens wegen ESt 1993 (16 K 3051/97 E ) auch die Kosten der analytischen Psychotherapie (einschl. Fahrtkosten) als außergewöhnliche Belastungen ansetzte.
Im Übrigen wies das FA den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 30.5.2001 als unbegründet zurück. Betreffend die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen wies das FA auf § 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie die hierzu ergangene, ständige Rechtsprechung zum sog. Aufteilungs- und Abzugsverbot (vgl. nur Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.10.1970 GrS 2/70, BStBl II 1971, 17 und vom 27.11.1978 GrS 8/77, BStBl II 1979, 213) hin und führte sodann im Wesentlichen aus:
Bewirtungskosten/Blumenpräsent/Fahrtkostenübernahme: Bei den Ausgaben für Bewirtungskosten und Präsente zum Aufbau einer Geschäftsbeziehung mit Angestellten einer Firma, d.h. Bewirtung von Fachkollegen bzw. Kunden, handele es sich ihrer Zweckbestimmung nach um typische Kosten der Lebensführung, die durch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung des Arbeitnehmers veranlasst seien und daneben auch den Beruf gedient haben mögen. Den Lebenshaltungskosten seien Kosten vor allem dann zuzurechnen, wenn es sich ihrer Natur nach an sich um typische Kosten der Lebensführung handelt, wie bei Kosten für Speisen, Getränke und Präsente. Die Aufwendungen für Präsente und Bewirtung von Fachkollegen und Kunden seien somit nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Eine Ausnahme sei nur gegeben, soweit ein Arbeitnehmer variable Bezüge erhalte, die der Höhe nach ...