Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungsanspruch nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO – Grobes Verschulden des Steuerberaters – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – Ungeprüfte Übernahme des Zahlenwerks des Hausverwalters – Unterlassung sich aufdrängender Rückfragen
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Steuerpflichtiger hat aufgrund des grob fahrlässigen schuldhaften Verhaltens seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung keinen Anspruch auf Änderung eines Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn der Steuerberater bei der Erklärung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sich aufdrängende Rückfragen zu den Jahresabrechnungen des Hausverwalters unterlässt und deshalb die Einnahmen zu hoch beziffert.
- Der steuerliche Berater ist auf Grund seines Mandatsverhältnisses verpflichtet, in eigener Verantwortung die Einnahmen und Ausgaben richtig festzustellen und zu erklären.
- Übernimmt der Berater das Zahlenwerk des Hausverwalters ungeprüft, liegt hierin ein grobes Verschulden an der Entstehung etwaiger Fehler.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Der Kläger war, neben den Beigeladenen, Mitglied einer Erbengemeinschaft, die im Streitjahr 2006 Eigentümerin dreier Mietwohngrundstücke in Z-Stadt war und deren Einkünfte der Beklagte einheitlich und gesondert feststellte.
Die Grundstücke wurden von einem Hausverwaltungsunternehmen verwaltet, das nach einem Beschluss der Eigentümer berechtigt war, die Abgabe der Steuererklärungen nach Erstellung durch einen Steuerberater an das zuständige Finanzamt vornehmen zu dürfen und das zum gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten der Bescheide bestellt war. Die Feststellungserklärung selbst wurde von einem Steuerberater anhand der vom Hausverwalter erstellten, der Feststellungserklärung beigefügten, Jahresabrechnungen und Kontenauszüge aus den Buchführung zu den einzelnen Gebäuden erstellt. Den Jahresabrechnungen waren Mieterlisten beigefügt, aus denen sich die monatlichen Sollmieten und die Mietzahlungen ergaben. Die in den Jahresabrechnungen als „Wohngeldeinnahmen” bezeichneten Beträge übernahm der Steuerberater als Einnahmen in die Anlagen V für die einzelnen Objekte. Die Werbungskosten entnahm der Steuerberater ebenfalls den Kontoauszügen und Jahresabrechnungen. Ferner war in den Kontoauszügen ein Posten mit der Bezeichnung „AfA aus Wohngeldern” enthalten, der für alle drei Objekte insgesamt EUR 50.312,40 betrug. Diesen Betrag berücksichtigte der Steuerberater in der Feststellungserklärung nicht, so dass die Einnahmen um diesen Betrag zu hoch erklärt wurden.
Mit Bescheid vom 11.10.2007 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärungsgemäß mit EUR 158.975,60 fest und verteilte sie mit Ausnahme von EUR 618,00 Sonderwerbungskosten für J und EUR 2174,40 für B nach der Beteiligungsquote. Der Bescheid wurde an die Hausverwaltung als gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bekannt gegeben.
Am 6.5.2008 fand nach Antrag des Klägers die Teilungsversteigerung der Grundstücke der Erbengemeinschaft statt, bei denen die Grundstücke von fremden Dritten ersteigert wurden.
Nach erfolglosem Vorverfahren erhob der Kläger am 1.8.2008 gegen den Feststellungsbescheid 2006 Klage, die unter dem Aktenzeichen 7 K 2979/08 geführt wurde. Mit Urteil vom 3.6.2009 wurde die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, der Einspruch des Klägers sei verfristet und der Bescheid bestandskräftig. Eine hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 4.12.2009 (Az.: IX B 131/09) als unbegründet zurück gewiesen.
Unter dem 19.9.2011 beantragte der Kläger die Berichtigung des Feststellungsbescheides 2006 und Verminderung der Einkünfte um EUR 50.313,10. Er verwies auf ein Verfahren, welches er vor dem LG Y-Stadt und in der Berufungsinstanz vor dem OLG X-Stadt gegen den Hausverwalter auf Zahlung von Schadensersatz wegen fälschlicher Verbuchung von Mietrückständen als Zahlungseingang betreibe. Mit Bescheid vom 22.11.2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO seien nicht erfüllt, da den damaligen steuerlichen Berater ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der zu viel erklärten Mieteinnahmen träfe. Dies müsse sich der Steuerpflichtige zurechnen lassen.
Den hiergegen am 19.12.2011 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10.2.2012 als unbegründet zurück und führte aus, die entscheidungserheblichen Tatsachen seien nicht nachträglich bekannt geworden. In den mit den Feststellungserklärungen eingereichten Jahresabrechnungen und Mieterlisten seien die ausstehenden Mietforderungen als AfA aus Wohngeldern bereits enthalten. Beim Abgleich mit der Feststellungserklärung ergebe sich ,dass der Steuerberater die Mieteinnahmen ungekürzt angesetzt habe. Auch eine Berichtigung nach § 129 AO scheide aus, weil es sich nicht um eine offenbare Unrichtigkeit handele.
Der Kläger hat am 9.3.2012 Klage erhoben und trägt im Wesentlichen vor, de...