vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei mehraktiger Berufsausbildung: Hauptberufliche praktische Tätigkeit einer Steuerfachangestellten als Voraussetzung der Prüfung zur Steuerfachwirtin
Leitsatz (redaktionell)
- Die für den zweiten Ausbildungsabschnitt der Prüfung zur Steuerfachwirtin vorausgesetzte hauptberufliche praktische Tätigkeit einer Steuerfachangestellten von mindestens drei Jahren mit einer Wochenarbeitszeit 40 Arbeitsstunden lässt den notwendigen engen Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten entfallen und steht daher der Annahme einer die Fortbildung zur Steuerfachwirtin umfassenden einheitlichen Erstausbildung mit der Folge eines fortwährenden Anspruchs auf Kindergeld nach dem Bestehen der Prüfung zur Steuerfachangestellten entgegen.
- Eine solche Vollzeittätigkeit im erlernten Beruf kann auch nicht als Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gewertet werden.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 2a, 2c, Sätze 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger ab Februar 2014 Kindergeld für seine Tochter zusteht.
Der Kläger ist der Vater der am 4.2.1991 geborenen. Diese bestand im Januar 2014 die Prüfung zur Steuerfachangestellten. Bis einschließlich Januar 2014 hatte der Beklagte für sie Kindergeld festgesetzt (Bescheid vom 25.11.2013).
Die Tochter war vom 20.1.2014 bis zum 31.12.2016 bei einer Steuerberatungsgesellschaft tätig (40 Stunden/Woche). Seit dem 1.1.2017 ist sie in der Kanzlei eines Steuerberaters angestellt (39 Stunden/Woche). Im Frühjahr 2016 meldete sie sich bei dem Steuerberaterverband zum Steuerfachwirt-Lehrgang (Prüfung 2017/18) an (Bestätigung vom 7.4.2016). Nach § 9 Abs. 1 der Prüfungsordnung der Steuerberaterkammer setzt die Zulassung zur Prüfung als Steuerfachwirt(in) die erfolgreiche Ablegung der Prüfung als Steuerfachangestellte(r) sowie eine hauptberufliche praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuer- und Rechnungswesens von mindestens drei Jahren bei einem Steuerberater etc. voraus.
Mit Schreiben vom 24.3.2017 beantragte der Kläger beim Beklagten, ihm für sein Kind ab Februar 2014 bis Februar 2016 (Vollendung des 25. Lebensjahres) Kindergeld zu gewähren. Zur Begründung führte er aus, dass sich seine Tochter seit August 2011 in einer mehraktigen Berufsausbildung zur Steuerfachwirtin befinde. Der enge sachliche sowie zeitliche Zusammenhang der Ausbildungsabschnitte sei klar erkennbar. Insoweit verweise er auf das Schreiben des Bundesministerium der Finanzen (BMF) vom 8.2.2016 IV C 4 - S 2282/07/0001-01, Rz. 12b.
Der Beklagte lehnte den Antrag auf Festsetzung von Kindergeld mit Bescheid vom 18.4.2017 ab. Er war der Auffassung, dass das Kind des Klägers keine mehraktige Ausbildung durchlaufe, weil der enge zeitliche Zusammenhang nicht gegeben sei. Der weitere Ausbildungsabschnitt ab dem Jahr 2017 sei als Zweitausbildung zu werten.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er geltend machte, die Ausbildung zum Steuerfachwirt sei eine mehraktige Ausbildungsmaßnahme, die als einheitliche Erstausbildung zu qualifizieren sei, weil sie zeitlich und inhaltlich so auf die Ausbildung zum Steuerfachangestellten abgestimmt sei, dass sie nach Bestehen der Prüfung zum Steuerfachangestellten unmittelbar begonnen werden müsse und dies unabdingbare Voraussetzung sei, um das von den Eltern und dem Kind angestrebte Berufsziel „Steuerfachwirt” zu erreichen. Da die für das Berufsziel erforderliche Ausbildung somit nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet sei, sei auch die weiterführende Ausbildung noch Teil der Erstausbildung (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 15.4.2015 V R 27/14, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2016, 163). Der erforderliche enge sachliche und zeitliche Zusammenhang sei vorliegend gegeben, weil die abschließende Ausbildung dieselbe Berufssparte und denselben fachlichen Bereich betreffe und mit der Ausbildung zum Steuerfachwirt - entsprechend dem Berufsziel - zum nächstmöglichen Termin begonnen worden sei. Daher liege gerade keine Zäsur vor.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24.5.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus:
Der BFH habe mit Urteil vom 4.2.2016 III R 14/15 (BStBl II 2016, 615) seine großzügige Auslegung in Bezug auf eine zwischenzeitliche Berufsausübung des Kindes relativiert. Danach liege eine Erstausbildung nicht mehr vor, wenn der weitere Ausbildungsabschnitt eine Berufstätigkeit voraussetze. Denn diese Berufstätigkeit stelle regelmäßig einen solch schädlichen Einschnitt dar, der dazu führe, dass der notwendige enge zeitliche Zusammenhang zum vorherigen Ausbildungsabschnitt nicht mehr gegeben sei. Der weitere Ausbildungsabschnitt sei dann als Zweitausbildung zu sehen.
Eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung der weiteren Ausbildung des Kindes sei nur dann möglich, ...