Entscheidungsstichwort (Thema)
Einreihung von Kratzbäumen für Katzen: Sisalumwicklung bzw. Plüschgewirke als charakterbestimmender Oberflächenanteil – Anspruch auf Vertrauensschutz nach unrichtiger Einreihung durch Zollprüfung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die zolltarifliche Einreihung von Kratzbäumen für Katzen, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, ist mit der Folge, dass bei einem überwiegenden Sisalanteil die Ware der Position 5609 und bei einem überwiegenden Anteil der Plüschgewirke die Ware der Position 6307 zuzuweisen ist, nach der charakterbestimmenden überwiegenden Oberflächenbeschaffenheit vorzunehmen.
2. Werden die Kratzbäume bei einer Zollprüfung aufgrund ihrer der Konstruktion dienenden Materialien wie Holz und Pappe der Unterposition 4421 90 zugewiesen, besteht hinsichtlich der nachfolgenden Einfuhren - bis zum Ergehen der eine eindeutige Einreihung ermöglichenden DVOen 1229/2013 und 350/2014 - ein Anspruch auf Vertrauensschutz nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK, da diese unrichtige Einreihung auf einem angesichts der Schwierigkeit der Rechtslage auch für erfahrene Wirtschaftsbeteiligte nicht leicht erkennbaren Irrtum beruht.
Normenkette
ZK Art. 20 Abs. 3, Art. 220 Abs. 1, 2 Buchst. b; KN Upos. 4421 90 98; KN Upos. 5609 00 00; KN Upos. 6307 90 10
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin führte u.a. sog. Kratzbäume für Katzen aus Asien ein und ließ sie in ihrem Namen in den zollrechtlich freien Verkehr überführen.
Die von der Klägerin in verschiedenen Modellen und Farben eingeführten Kratzbäume für Hauskatzen waren im Zeitpunkt der Zollanmeldung noch nicht zusammengebaut und befanden sich einzeln in Kartons. Sie bestanden aus einem Gestell mit verschiedenen Ebenen in Form von Brettern, Schalen, kastenförmigen Höhlen und Röhren, in die eine Katze hineinkriechen konnte. Gelegentlich wiesen die Kratzbäume auch kleine Spielelemente auf. Ihre Ebenen waren oft ausgehend von einer Grundplatte mit Säulen verbunden. Die kastenförmigen Höhlen, die Grundplatte und die Ebenen waren aus Holzspanplatten gefertigt, das von außen und an der Oberseite mit Plüschgewirken überzogen war. Die Säulen bestanden aus Rohren aus dicker, fester Pappe, deren Enden Kappen aus Hartkunststoff mit mittig eingebauten Muttern verschlossen waren. Die Säulen waren meist ganz oder zu einem großen Teil mit Sisalschnüren (Titer über 20.000 dtex) umwickelt. Die Kratzbäume sollten den Hauskatzen als Ruheplatz, Schlafplatz, Beobachtungsposition und Spielgerät dienen, wobei sie die mit Sisal umwickelten Säulen und manchmal auch andere Elemente dazu veranlassen sollten, dort und nicht sonst in der Wohnung durch Kratzen ihre Krallen zu schärfen.
Wegen des Aussehens der einzelnen Modelle wird auf die Anlage verwiesen, die den Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung übergeben worden ist.
Das dort nicht aufgeführte Modell verfügt neben der Bodenplatte über zwei unterschiedlich hohe Ruheflächen, die mit Säulen verbunden sind. Das Modell weist auf der Abbildung in den Akten keine Umwicklung mit Sisalschnüren oder –seilen auf.
Im Rahmen einer Zollprüfung des Beklagten für den Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2012, deren Ergebnis mit Prüfungsbericht vom 04.03.2013, AB-Nr. 290020120333 – D 1102, zusammengefasst wurde, stellte der Prüfungsbeamte u.a. folgendes fest:
Die Klägerin importierte verschiedene Kratzbäume, die sich als Schlaf- und Liegestätte für Katzen eignen. Bei dem zumeist eingeführten Modell handelt es sich um ein 240 cm bis 260 cm hohes Gebilde, das über einen integrierten Federmechanismus zwischen Zimmerboden und –decke geklemmt wird. Der Stamm ist aus Papprollen gefertigt, die mit Sisalschnüren umwickelt sind und die damit die Katze zum Wetzen ihrer Krallen animieren sollen. Neben der Grundplatte 45x45 cm sind auch die verschiedenen Sitz- und Schlafebenen zumeist aus Holzspanplatten gefertigt, die mit einem Spinnstoffgewirke (Plüschgewirke) ummantelt wurden.
Im Hinblick auf den Gewichtsanteil der einzelnen Bestandteile und auf die Bedeutung für die Stabilität und die Eigenschaft der Ware, bestimmen die Spanplatten aus Holz den Charakter der Ware; dementsprechend sind die geprüften Kratzbäume der Unterposition 4421 90 98 der Kombinierten Nomenklatur (KN), Zollsatz frei, zuzuweisen. … Der Klägerin ist zu viel erhobener Zoll zu erstatten.
Am 08.07.2013 beantragte die Klägerin beim Hauptzollamt Hannover (HZA) hinsichtlich der Kratzbäume für ihren Hauptartikel, eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA), die ihr am 25.04.2014 mit einer Einreihung in die Unterposition 6307 90 10 KN erteilt wurde. Wegen der Warenbeschreibung und ihrer tariflichen Beurteilung wird auf den Wortlaut der verbindlichen Zolltarifauskunft verwiesen.
Für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis zum 31.07.2015 fand bei der Klägerin eine weitere Zollprüfung durch den Beklagten statt, deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 21.12.2015, AB-Nr...