vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 34/23)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflichtigkeit von Corona-Überbrückungshilfen für Selbständige. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 34/23)
Leitsatz (redaktionell)
- Die Zahlungen der NRW Überbrückungshilfe Plus für Selbständige i. H. von 1.000 Euro pro Monat im Zeitraum Juni bis August 2020 sind ungeachtet ihrer Funktion der Abdeckung der Kosten des privaten Lebensunterhalts aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den Leistungen und der betrieblichen Tätigkeit als Betriebseinnahmen steuerpflichtig.
- Bei diesen an der Höhe des Umsatzrückgangs sowie der haupterwerblichen Ausübung einer selbständigen Tätigkeit von einer in NRW befindlichen Betriebsstätte orientierten Leistungen handelt es sich nicht um nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Bezüge, die aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 2 Buchst. d, Nr. 11, § 4 Abs. 4, § 8 Abs. 1
Streitjahr(e)
2020
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Billigkeitsleistung des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) in Form einer Corona-Überbrückungshilfe u. a. für Angehörige der Freien Berufe, die infolge der Corona-Krise erhebliche Umsatzausfälle erlitten haben, i. H. von 3.000 Euro als steuerpflichtige Betriebseinnahme zu erfassen ist.
Der Kläger wurde im Streitjahr (2020) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt und erzielte als Freiberufler Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Mit Bescheid vom 25.08.2020 gewährte ihm die Bezirksregierung Düsseldorf 3.160,22 Euro als Billigkeitsleistung gemäß § 53 der Landeshaushaltsordnung (LHO) und auf der Grundlage der Richtlinien des Landes zur Gewährung von Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen (Überbrückungshilfe NRW) für den Zeitraum Juni bis August 2020. Bei dieser Überbrückungshilfe handelte es sich um Bundesmittel i. H. von 160,22 Euro und zusätzliche Landesmittel nach Nr. 4 Abs. 3 der Überbrückungshilfe NRW i. H. von 3.000 Euro. Nach den Nebenbestimmungen zu diesem Bescheid war der Kläger u. a. verpflichtet, der Bewilligungsstelle anzuzeigen, wenn die Geschäftstätigkeit vor dem 31.08.2020 dauerhaft eingestellt würde. Des Weiteren hatte der Kläger spätestens bis zum 31.12.2021 in einer Schlussabrechnung den tatsächlich entstandenen Umsatzrückgang im April und Mai 2020 und den tatsächlich erzielten Umsatz im jeweiligen Leistungsmonat im Vergleich zum Vergleichsmonat anzugeben.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gab der Kläger seinen Gewinn mit 38.354 Euro an und erläuterte dazu, er habe die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um den Betrag von 3.000 Euro gemindert (monatlich 1.000 Euro für die Monate Juni bis April 2020), da dieser Betrag auf die „Überbrückungshilfe Plus“ für die private Lebensführung entfalle.
Der Beklagte (Finanzamt - FA -) legte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung einen Gewinn von 41.354 Euro zugrunde, verbunden mit dem Hinweis, die Corona-Hilfen seien den Einnahmen in voller Höhe hinzugerechnet worden.
Das sich anschließende Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Mit seiner Klage führt der Kläger aus, die an ihn ausgezahlte Corona-Hilfe könne, soweit sie als Unternehmerlohn zu qualifizieren sei, nicht als Einkunftsart i. S. von § 2 Abs. 1 EStG erfasst werden, weil sie als Ersatz für die Grundsicherung gezahlt worden sei, die die Unternehmer bei Ausbleiben dieser Zahlung hätten in Anspruch nehmen müssen. Dies ergebe sich u. a. aus den Erläuterungen im Bewilligungsbescheid, wo die Regelungen der Überbrückungshilfe NRW für verbindlich erklärt worden seien. Ergänzend sei auf der Internetseite des Landes NRW ausgeführt worden, dass der Bund keinen Zuschuss zum entgangenen Unternehmerlohn leiste und stattdessen auf die Grundsicherung verweise und deshalb das Land die Überbrückungshilfe des Bundes um eine Pauschale für Lebenshaltungskosten von 1.000 Euro pro Monat für drei Monate für Solo-Selbständige und Personengesellschaften ergänze. Entsprechendes habe für die Überbrückungshilfe Plus gegolten, mit der ein Teil der Kosten des privaten Lebensunterhalts aus Landesmitteln hätte gedeckt werden können und die über die Monate Juni bis August 2020 hinaus bis zum Jahresende 2020 verlängert worden sei.
Ferner habe das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW in einem Schreiben vom 11.02.2021 in Zusammenhang mit dem Rückmeldeverfahren zur NRW Soforthilfe 2020 erläuternd zur Qualifizierung der Verwendung der Soforthilfe für Lebenshaltungskosten ausgeführt, die vom Bund bereitgestellten Mittel der Soforthilfe seien für betriebliche Sach- und Finanzaufwendungen gedacht und private Lebenshaltungskosten nach dem Willen des Bundes durch die Grundsicherung zu decken gewesen. Die Landesregierung NRW habe darüber hinaus eine eigene Sonderregelung getroffen, die es Solo-Selbständigen und Freiberuflern ermögliche, einmalig für die Monate März und April 2020 einen pauschale...