Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 1991 besuchte ihr Sohn eine nach Schulrecht betriebene Ergänzungsschule, wofür vom Schulträger ein Entgelt von insgesamt 6.720 DM erhoben wurde, das keine Aufwendungen für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung enthielt. Der Beklagte verweigerte den Sonderausgabenabzug der Aufwendungen auch im Einspruchsverfahren. Der Sonderausgabenabzug sei nur bei Aufwendungen für nach Landesrecht anerkannte allgemeinbildende Ergänzungsschulen möglich. Mangels Anerkennungsverfahren seien diese Voraussetzungen für Ergänzungsschulen in … nicht gegeben.
Mit der Klage tragen die Kläger vor:
Mit dem Besuch der Ergänzungsschule werde sowohl die Schulpflicht erfüllt als auch nach externen Prüfungen durch die Schulaufsichtsbehörde ein allgemeingültiger Schulabschluß erreicht. Dies sei in der den Sonderausgabenabzug verweigernden Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf vom 29. April 1993 – S 2221 A – St 12 H – nicht gewürdigt worden. Daß in NRW für Ergänzungsschulen keine formale Anerkennung vorgesehen sei, könne schon wegen des damit verbundenen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 GG) nicht zur Verweigerung des Sonderausgabenabzugs führen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1991 vom … durch Abzug weiterer Sonderausgaben von 2.016 DM abzuändern, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf die Verfügung der OFD Düsseldorf vom 29. April 1993.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG können die Kläger 30 v. H. der Schulgeldkosten als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug sind gegeben.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG kann ein Teil des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er einen Kinderfreibetrag erhält, für den Besuch einer gemäß Artikel 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung als Sonderausgaben abgezogen werden. Durch diese Gesetzesbestimmung wird jedoch nicht ein bestimmtes Anerkennungsverfahren für die besuchte Ersatz- oder Ergänzungsschule vorgeschrieben, um in den Genuß des Sonderausgabenabzugs zu gelangen (a.A. Urteil des Finanzgerichts –FG– Köln vom 1. Juni 1994 7 K 2797/93, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1994, 202).
Eine derartige Normsetzung durch das EStG wäre nicht mit den die Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern abgrenzenden Vorschriften des GG über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung vereinbar (Artikel 70 ff. GG). Zwar hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die Einkommensteuer (vgl. Artikel 105 GG). Davon kann und darf er aber nur in einer Weise Gebrauch machen, wie er nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder eingreift. Der Bereich des Schulrechts ist in seiner Ausgestaltung ausschließlich dem Hoheitsbereich der Länder zugewiesen (vgl. Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG– vom 26. März 1957 2 BvG 1/55, Entscheidungen des BverfG – BVerfGE– 6, 309 ff./354 f.). Damit sind die Länder dafür zuständig, wie sie das Schulwesen im einzelnen einschließlich der zugelassenen Privatschulen ausgestalten wollen. Um vorliegend eine widerstreitende (unechte) Gesetzeskonkurrenz zwischen Bundes- und Landesrecht auszuschließen, ist § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG hinsichtlich des Besuchs von allgemeinbildenden Ergänzungsschulen verfassungskonform entsprechend dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Artikel 3 GG) dahingehend auszulegen, daß der Sonderausgabenabzug immer dann zu gewähren ist, wenn eine nach Landesrecht zulässigerweise betriebene Ergänzungsschule besucht wird, mit der die gesetzliche Schulpflicht erfüllt wird und die zu allgemeingültigen Abschlüssen führt. Diese Voraussetzungen sind bei der im Streitjahr vom Sohn der Kläger besuchten Ergänzungsschule erfüllt (vgl. § 22 des Gesetzes über die Schulpflicht im Lande Nordrhein-Westfalen –Schulpflichtgesetz-SchpflG–, §§ 36, 44 und 45 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen –SchOG– sowie Schreiben der Schulaufsichtsbehörde vom 20. April 1993, Bl. 13 der GA.).
Bestätigt wird diese Auslegung von § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG dadurch, daß es aufgrund der Länderkompetenz kein – vom Bund vorgeschriebenes – einheitliches Anerkennungsverfahren für Ergänzungsschulen geben kann und jede andere Auslegung zu willkürlichen und zufälligen – nicht mehr mit der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse der Steuerpflichtigen über das Gebiet eines Landes hinaus zu vereinbarenden – Ergebnissen führen ...