vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Doppelte Haushaltsführung: Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand in Wegverlegungsfällen
Leitsatz (redaktionell)
- Mehraufwendungen für Verpflegung innerhalb der ersten drei Monate der doppelten Haushaltsführung sind auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige seinen Haupthausstand vom Beschäftigungsort wegverlegt und durch Umwidmung seiner bisherigen Hauptwohnung einen Zweithaushalt am Beschäftigungsort errichtet.
- Die Dauer des unmittelbar der Begründung des Zweithaushaltes am Beschäftigungsort vorausgegangenen Aufenthalts am Ort des Zweithaushalts ist nicht auf die Dreimonatsfrist anzurechnen (entgegen R 9.11 Abs. 7 Satz 5 LStR 2008).
- Für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen kommt es auch in Wegverlegungsfällen nicht darauf an, ob dem Steuerpflichtigen die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bereits bekannt war.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 Sätze 2, 5, § 9 Abs. 5; LStR 2008 R 9.11 Abs. 7 S. 5
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger während der ersten drei Monate einer unstreitig vorliegenden doppelten Haushaltsführung Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand zustehen.
Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Angestellter Z-Stadt. Er hatte bereits vor dem Streitjahr mehrere Jahre am Beschäftigungsort Z-Stadt in der Z-Straße gewohnt. Nach ihrer Eheschließung am 08.05.2008 begründeten die Kläger ihren Familienwohnsitz in der Y-Straße in Y-Stadt. Die Wohnung am Beschäftigungsort behielt der Kläger als Zweitwohnung bei.
In der Einkommensteuererklärung 2008 machte er für den Zeitraum vom 09.06. (Tag der polizeilichen Meldung in Y-Stadt) bis zum 31.12.2008 Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Er begehrte insbesondere den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von 24 Stunden für 53 Tage i.H.v. EUR 1.272.
Der Beklagte verweigerte insoweit den Werbungskostenabzug unter Hinweis auf die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Sätze 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes – EStG – (Einkommensteuerbescheid vom 27.01.2010). Mehraufwendungen für Verpflegung dürften zwar grundsätzlich für die ersten drei Monate nach Begründung einer doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden. Da der Kläger aber bereits vorher länger als drei Monate am Beschäftigungsort gewohnt habe, sei die Dreimonatsfrist zum Zeitpunkt der Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits abgelaufen gewesen.
Hiergegen wandten sich die Kläger mit dem Einspruch. Sie vertraten die Auffassung, die Regelung in R 9.11 Abs. 7 Satz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien – LStR – widerspreche den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH – zu den sog. Wegverlegungsfällen. Danach liege eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer nach der Eheschließung seinen Haupthausstand vom Beschäftigungsort wegverlege und seine Wohnung am Beschäftigungsort als Zweitwohnung beibehalte. Auch in diesen Fällen zähle der BFH den Verpflegungsmehraufwand zu den typischen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung.
Nachdem der Beklagte am 02.03.2010, 05.08.2011 und 22.12.2011 andere Streitpunkte betreffende Änderungsbescheide erlassen hatte, wies er den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 22.12.2011 als unbegründet zurück. Entstehe die doppelte Haushaltsführung durch die Wegverlegung des Lebensmittelpunktes vom Beschäftigungsort unter Beibehaltung der Wohnung am Beschäftigungsort, könnten auch während der ersten drei Monate nach Begründung der doppelten Haushaltsführung keine Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt werden. Denn der Zweck des Werbungskostenabzugs würde dadurch verfehlt. Durch die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen solle dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der Steuerpflichtige mit dem Einzug in eine neue Wohnung auf eine geänderte Verpflegungssituation einstellen müsse und ihm erfahrungsgemäß deshalb vorübergehend zusätzliche Kosten entstünden. Dies treffe jedoch nicht auf Steuerpflichtige zu, die bereits vor Begründung der doppelten Haushaltsführung am Beschäftigungsort gewohnt hätten. Die Dreimonatsfrist beginne nicht mit der Wegverlegung des Lebensmittelpunktes vom Beschäftigungsort, sondern mit dem Einzug in die Wohnung am Beschäftigungsort.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und wiederholen ihre im Verwaltungsverfahren vertretene Rechtsauffassung. Ergänzend verweisen sie auf die Entscheidung des BFH vom 08.07.2010 VI R 15/09, – Bundessteuerblatt – BStBl II 2011, 47, gemäß der es für die Abziehbarkeit von Verpflegungsmehraufwendungen nicht darauf ankomme, ob dem Steuerpflichtigen die Verpflegungssituat...