Entscheidungsstichwort (Thema)

Einreihung digitaler Fotoapparate mit Videofunktion – Abgrenzung von Videokameraaufnahmegerät

 

Leitsatz (redaktionell)

Digitale Fotoapparate mit Videofunktion sind nach ihrer kennzeichnenden Haupttätigkeit in die Unterposition 8525 8030 KN und nicht in die für Videokameraaufnahmegeräte einschlägige Unterposition 8525 8091 KN einzureihen, wenn ihre technischen Eigenschaften im Hinblick auf die Videofunktion (Länge der Videosequenz, optische Zoomfunktion) zu stark begrenzt sind.

 

Normenkette

ZK Art. 220 Abs. 1; KN Unterpos. 8525 8030; KN Unterpos. 8525 8091

 

Tatbestand

Die Klägerin beantragte am 11.06.2008 beim Zollamt des Beklagten die Überführung einer aus 1414 Stück bestehenden Sendung von Kameras der Handelsbezeichnung ............... in den zollrechtlich freien Verkehr, die sie als digitale Fotoapparate unter der Unterposition 8525 8030 der Kombinierten Nomenklatur KN anmeldete.

Die Zollstelle fertigte die Waren antragsgemäß ab, entnahm der Sendung aber eine Probe, die sie zur Untersuchung der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt der Bundesfinanzdirektion (ZPLA) vorlegte.

In Ihrem Gutachten vom 12.09.2008 beschrieb die ZPLA die Kamera wie folgt: Warenzusammenstellung in Aufmachung für den Einzelverkauf, bestehend aus

- einer charakterbestimmenden funktionalen Einheit aus

-- einem digitalen Videokameraaufnahmegerät zur Aufnahme von Videobildern mit einer maximalen Auflösung von 1280x720 Pixeln bei 30 Bildern pro Sekunde und einer Aufnahmedauer von ungefähr 62 Minuten bei Verwendung einer maximal möglichen 4 GB-Speicherkarte (kennzeichnende Haupttätigkeit) sowie zur Aufnahme von Einzelbildern und Tönen sowie zu deren Speicherung und Wiedergabe

--- mit einem internen 64 MB Flash-Speicher oder einer (nicht beiliegenden) SD/MMC-Karte mit 4 GB-Speicherkapazität

--- u.a. mit einem 5,5 Megapixel CMOS-Sensor, integriertem Blitzlicht, Mikrofon und Lautsprecher, einem aufklappbaren 2,4” LC-Display, SD/MMC-Kartenschacht, Mini-USB 2.0-Steckbuchse, achtfachem digitalem Zoom sowie Bedienelementen

--- nur mit Aufzeichnungsmöglichkeiten des durch die Kamera auf

genommenen Tons oder Bildes

-- in einem Kunststoffgehäuse mit den Abmessungen 96x65x29 mm

-- und Ohrhörern

sowie

- USB-, HDMI- und Videokabeln, CD mit Treiber-Programmen, Benutzerhandbuch, Garantiekarte und Schnelleinführung, Tasche mit Tragriemen, USB-Netzteil mit Ladefunktion für den wiederaufladbaren Lithium-lonen-Akku (3,7 V, 1050 mAh)

- gemeinsam in einem Pappkarton und zusätzlich einzeln in Kunststoffbeutel verpackt.

Die ZPLA beurteilte die Kamera als Videokameraaufnahmegerät, nur mit Aufzeichnungsmöglichkeiten des durch die Kamera aufgenommenen Tons und Bildes und wies sie der Unterposition 8525 8091 KN zu.

Der Beklagte schloss sich dem Untersuchungsergebnis der ZPLA an und erhob mit Bescheid vom 22.11.2008 unter Zugrundelegung des sich aus der Unterposition 8525 8091 KN ergebenden Zollsatzes von 4,9% 3.122,92 EUR Zoll nach.

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, bei der Kamera handele es in erster Linie um einen digitalen Fotoapparat, der wie von ihr angemeldet einzureihen sei. Die mit der nicht beigelegten Speicherkarte mögliche Erweiterung des Gerätespeichers sei nicht zu berücksichtigen, zumal sie das Gerät nicht mit dieser Speicherkarte weiterverkaufe. Ohne eine Speicherkarte könne die Kamera nur Videosequenzen unter einer Minute aufnehmen. Auch gebe es bei Fotoapparaten aufklappbare Displays. Zudem habe die Kamera kein optisches Zoom.

Mit Einspruchsentscheidung vom 06.05.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus: Hinsichtlich der Speicherkapazität sei nicht auf den eingebauten Flash-Speicher, sondern auf die durchaus vorgegebene Möglichkeit der Speichererweiterung abzustellen. Damit habe die Kamera die für ein Videokameraaufnahmegerät erforderlichen Eigenschaften. Auf das Design der Kamera komme es ausschlaggebend an. Vielmehr ergäben sich daraus nur weitere Indizien.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor, die von ihr vertretene Einreihungsauffassung werde durch eine Vielzahl von verbindlichen Zolltarifauskünften zu gleichartigen Geräten und das Ergebnis einer Außenprüfung des Hauptzollamts A, abgeschlossen mit Bericht vom 19.11.2007, bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

den Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 22.11.2008 in der Gestalt seiner Einspruchsentscheidung vom 06.05.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.

Auf Frage des Gerichts hat die Klägerin mitgeteilt, dass in der streitbefangenen Kamera der digitale Zoom nicht bei der Erstellung von Videoaufnahmen, sondern nur bei Fotos zur Verfügung stand und dass bedingt durch einen Stromsparmodus die Erstellung einer mindestens dreißigminütigen Videosequenz nicht möglich ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Steueränderungsbe...

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