Entscheidungsstichwort (Thema)
Kanzleiräume in einem selbst genutzten Einfamilienhaus als häusliches Arbeitszimmer
Leitsatz (redaktionell)
- Büro- und Praxisräume sind nicht generell aus dem Anwendungsbereich der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer auszunehmen.
- Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse stellen Kanzleiräume im selbstgenutzten Einfamilienhaus eines nebenberuflich als selbständiger Rechtsanwalt tätigen Steuerpflichtigen ein häusliches Arbeitszimmer dar, wenn sie mangels baulicher Trennung, eines separaten Eingangs sowie eines Praxisschilds in die häusliche Sphäre der Privatwohnung eingebunden und weder für einen dauerhaften und intensiven Publikumsverkehr ausgestattet noch gewidmet sind.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1; AO § 12
Streitjahr(e)
1998, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erzielte in den Streitjahren (1998 und 1999) als Vorstandsmitglied der Z-AG Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Daneben war er u. a. als Rechtsanwalt selbständig tätig.
Für die Tätigkeit als Rechtsanwalt nutzte der Kläger zwei Räume im Keller seines privaten Einfamilienhauses. In dem einen Raum befand sich ein Sekretariatsarbeitsplatz mit Computer, bei dem anderen Raum handelte es sich um ein mit Schreibtisch und Bücherregalen ausgestattetes Anwalts- und Besprechungszimmer. Der Zugang zu den Räumen führte nicht durch Wohnräume, sondern sie waren nach Eintritt durch die Haustür des Einfamilienhauses über die Treppe in den Keller erreichbar. Die Räumlichkeiten waren nicht für einen dauerhaften und intensiven Publikumsverkehr eröffnet. Ein Praxisschild war nicht am Haus angebracht. Für die anfallenden Schreibarbeiten beschäftigte der Kläger zwei Teilzeitkräfte. Die weiteren Räume im Keller wurden privat genutzt (Waschküche, Vorratsraum, Heizungskeller). Ausweislich des Grundrisses befanden sich keine sanitären Anlagen im Keller. Der Anteil der zwei Kellerräume an der gesamten Wohnfläche betrug 22,5%.
In seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 machte der Kläger bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit Raumkosten in Höhe von 16.179 DM (1998) und in Höhe von 17.754 DM (1999) als Betriebsausgaben geltend. Der Beklagte wich von der Erklärung ab und berücksichtigte Betriebsausgaben für die Räumlichkeiten im Keller lediglich in Höhe von 2.400 DM je Veranlagungszeitraum.
Hiergegen legte der Kläger Einsprüche ein mit der Begründung, die Raumkosten seien in vollem Umfang steuermindernd zu berücksichtigen, da es sich hierbei nicht um ein häusliches Arbeitszimmer handle, sondern um eine Betriebsstätte. Die gesetzlichen Regelungen für ein häusliches Arbeitszimmer seien bei einer Anwaltskanzlei nicht anwendbar. Zudem befänden sich die Büroräume nicht innerhalb der Wohnung, sondern lägen räumlich getrennt von dieser im Kellergeschoss.
Mit Einspruchsentscheidung vom 05.06.2001 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus: Die Räume im Keller seien sogenannte häusliche Arbeitszimmer, für die die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz (EStG) gelte. Für die Einordnung sei entscheidend auf den räumlichen Zusammenhang mit der ansonsten für private Wohnzwecke genutzten Wohnung abzustellen. Dieser räumliche Zusammenhang liege im Streitfall vor, da die Räume im Keller mit dem privaten Wohnbereich verbunden seien. Eine spezifische bauliche Trennung zwischen Kellerbereich und Wohnbereich bestehe nicht. Das Vorliegen einer Betriebsstätte sei als Abgrenzungskriterium für die Anwendung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b EStG nicht geeignet.
Mit seiner am 05.07.2001 erhobenen Klage trägt der Kläger vor:
Die Anwendung der Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sei im Streitfall ausgeschlossen, da es sich bei den Räumlichkeiten im Keller um die Betriebstätte eines selbständigen Rechtsanwalts handle (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 16.06.1998 IV B2 – S 2145 – 59/98, BStBl I 1998, 863 unter III b). Im übrigen seien die Räume im Keller von der privaten Wohnung getrennt.
In der mündlichen Verhandlung führte der Kläger ergänzend aus: Als Anwalt betreue er schwerpunktmäßig Altenheime, Krankenhäuser und Vermögensverwaltungsgesellschaften. Bei dieser Art der Tätigkeit ergebe sich kein dauerhafter und intensiver Publikumsverkehr. Daher benötige er auch kein Praxisschild an der Tür. Das Büro sei nicht ganztätig besetzt, vielmehr seien die zwei Teilzeitkräfte nach Bedarf tätig.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1998 und 1999 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 05.06.2001 weitere Raumkosten in Höhe von 16.076 DM (1998) und in Höhe von 17.754 DM (1999) als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 05.06.2001.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unb...