Entscheidungsstichwort (Thema)
Buchwertübertragung bei Einmann-GmbH & Co. KG – Veräußerung innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Wird ein Grundstück durch die an einer Einmann-GmbH & Co. KG zu 100 % beteiligte Kommanditistin aus deren Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen derselben KG übertragen, so ist für die Übertragung auch dann nicht rückwirkend der Teilwert anzusetzen, wenn die KG - bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen - das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG veräußert.
- Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG ist auf die Einmann-GmbH & Co. KG von vornherein nicht anwendbar (Anschluss an BFH-Urteil vom 31.07.2013 I R 44/12, DStR 2013, 2165).
Normenkette
EStG § 6 Abs. 5 Sätze 1, 3 Nr. 2, S. 4; GewStG § 7 S. 1
Tatbestand
Strittig ist, ob infolge einer Veräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres 2007 (EStG) rückwirkend im Jahr 2007 ein Übertragungsgewinn in Höhe von 249.537,45 € im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditistin zu erfassen ist und den vortragsfähigen gewerbesteuerlichen Verlust auf den 31.12.2007 insoweit vermindert.
Die Klägerin ist eine KG, die aus der A-GmbH (A-GmbH) als Komplementärin und der inzwischen verstorbenen Frau B als Kommanditistin bestanden hat. Alleinige Gesellschafterin der A-GmbH, die am Betriebsvermögen der KG nicht beteiligt ist und lediglich eine Haftungsvergütung erhält, war ebenfalls Frau B. Gesamtrechtsnachfolger von Frau B ist ihr Ehemann, Herr C. Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Grundstücksvermietung tätig.
Die Kommanditistin übertrug der Klägerin am 21.12.2007 unentgeltlich ein im Sonderbetriebsvermögen gehaltenes, bebautes Grundstück, dessen Buchwert zu diesem Zeitpunkt 75.462,55 € betrug. Zum 31.12.2007 wies die Klägerin das Grundstück mit dem Teilwert von 325.000 € in der Gesamthandsbilanz aus. Für die Kommanditistin wurde eine negative Ergänzungsbilanz mit dem Ansatz des Differenzwertes von 249.537,45 € erstellt.
Mit Kaufvertrag vom 16.12.2008 veräußerte die Klägerin das Grundstück an einen fremden Dritten. Nach dem Übertragungsvertrag sollten Nutzen und Lasten mit Kaufpreiszahlung auf den Erwerber übergehen. Der Kaufpreis von 325.000 € wurde am 19.01.2009 entrichtet.
Mit Bescheid vom 30.06.2009 über die gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 setzte der Beklagte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf 955.819 € fest. Dabei berücksichtigte er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin mit 5.906,75 €. Die Grundstücksübertragung vom 21.12.2007 behandelte der Beklagte, wie von der Klägerin erklärt, als eine steuerneutrale Übertragung eines Einzelwirtschaftsgutes nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG.
Am 28.12.2010 erließ der Beklagte einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften für das Jahr 2007 sowie einen gemäß § 35b Abs. 2 S. 2 und 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007. In den Änderungsbescheiden erhöhte der Beklagte den Gewinn der Klägerin um 249.537,45 €. Infolge der Veräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist sei die Übertragung des Grundstücks von Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen nach § 6 Abs. 5 S. 4 EStG, R 6.15 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) rückwirkend mit dem Teilwert anzusetzen. Die vorhandene negative Ergänzungsbilanz sei entgegen des Wortlautes des § 6 Abs. 5 S. 4, 2. HS. EStG unbedeutend, da eine Einmann-GmbH & Co. KG vorliege und durch die Übertragung des Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen keine Änderung des Anteils der Kommanditistin (Einmann-Gesellschafterin) an dem übertragenen Grundstück eingetreten sei. Den vortragsfähigen Gewerbeverlust stellte der Beklagte auf 706.281 € fest.
Die Klägerin legte am 13.01.2011 Einspruch gegen den geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 03.08.2011 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Die Klägerin hat am 02.09.2011 Klage erhoben.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die Regelung in R 6.15 EStR zu § 6 EStG, auf die der Beklagte seine Rechtsauffassung stütze, laufe der gesetzgeberischen Absicht zuwider und sei nicht anwendbar. § 6 Abs. 5 S. 4 EStG sei eine Missbrauchsklausel zu den Regelungen in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle S. 4 verhindern, dass Wirtschaftsgüter zur Vorbereitung einer anschließenden Veräußerung zum Buchwert und unter Verlagerung von stillen Reserven auf andere Steuerrechtssubjekte übertragen werden könnten. Zweck der Regelung sei es, die Möglichkeit steuerneutraler Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern auf einen anderen Rechtsträger zum Buchwert – typisierend – auf die Fälle zu beschränken, in denen die...