Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerbefreiung für berufsbildende Einrichtungen – Anforderungen an die sachliche und rechtliche Organisation des Unternehmens; Subunternehmermodell. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: III R 26/23)
Leitsatz (redaktionell)
- Die Gewerbesteuerbefreiung für berufsbildende Einrichtungen setzt nicht voraus, dass die zu unterrichtenden Personen Vertragspartner der die Leistung erbringenden Einrichtung sind und deren sachliche und rechtliche Organisation der eines klassischen Schulbetriebs entspricht (entgegen A 4.21.2 Abs. 2 UStAE).
- Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Unterrichtsleistungen, die eine GmbH als Subunternehmerin auf Honorarbasis durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer für ein Fortbildungsinstitut zur Vorbereitung auf IHK-Prüfungen erbringt, sind daher von der Gewerbesteuer befreit.
Normenkette
GewStG § 3 Nr. 13; UStG § 4 Nr. 21 Buchst. a
Tatbestand
Mit der am 20.5.2022 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen den Gewerbesteuermessbescheid für 2017 vom 17.1.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4.5.2022.
Streitig ist, ob der Gewinn der Klägerin gem. § 3 Nr. 13 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in dem im Klageantrag formulierten Umfang von der Gewerbeteuer befreit war.
Die Klägerin firmierte bis 2015 als UG haftungsbeschränkt (vgl. § 5 a GmbH-Gesetz) und ab 2016 als GmbH. Sie erzielte im Streitjahr Einnahmen durch ihren alleinigen Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer, G (im Folgenden: G). Weder war ein schriftlicher Geschäftsführervertrag geschlossen noch ein Geschäftsführergehalt vereinbart worden. Die Klägerin schüttete ihre Gewinne an ihren Gesellschafter aus.
G war neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit an einer Hochschule für die Klägerin als Dozent für die ...-Fachschule F GmbH & Co KG (im Folgenden: F) tätig. Auf die hierbei erzielten Honorare beschränkt sich das klägerische Begehren. Die F war als Fortbildungsinstitut zur Vorbereitung auf IHK-... P rüfungen bundesweit an verschiedenen Orten, in eigenen und angemieteten Schulungsräumen tätig und bediente sich einer Vielzahl von Dozenten auf Honorarbasis. G erstellte und nutzte im Rahmen des vorgegebenen Prüfungsstoffes eigene Unterrichtsmaterialien und didaktische Konzepte. Darüber hinaus erteilte er gelegentlich auch für andere Bildungsinstitutionen Seminare (z.B. für die…A kademie).
Die Klägerin verbuchte im Streitjahr insgesamt einen Gewinn von 68.707 Euro, der in Höhe von 65.207 Euro der Arbeit als Dozent für die F zuzurechnen ist.
Die Klägerin erklärt, Hintergrund der Wahl der Rechtsform einer GmbH seien in erster Linie sozialversicherungsrechtliche Erwägungen gewesen. Als angestellter aber auch als selbständiger Dozent für die F wäre G der Sozialversicherungspflicht unterfallen, was habe vermieden werden sollen. Steuerlich habe die Rechtsformwahl keine nennenswerten Vorteile mit sich gebracht.
Der hier für die Vorschrift des § 3 Nr. 13 GewStG maßgebliche Begriff der „Einrichtung“ sei weit auszulegen. Die Verwendung eines anderen Ausdrucks als „Betriebsstätte“ im Falle freiberuflicher Tätigkeiten erkläre sich allein aus einem alten Selbstbild der freien Berufe, verbunden mit dem Anspruch, keinesfalls mit ordinärer Gewerblichkeit assoziiert werden zu wolIen. Demnach sei der Wortlaut der Bestimmung des § 3 Nr.13 GewStG schlichtweg so zu verstehen, dass sie sich auf nicht mehr und nicht weniger als den „Betrieb“ eines Unterrichtenden beziehe, falls und soweit dieser aufgrund z.B. seiner Rechtsform dem Gewerbesteuergesetz unterfalle.
Die Vorschrift des § 3 Nr. 13 GewStG sei historisch eng an § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) angelehnt. Die Nr. 21 des § 4 UStG habe in der Ursprungsfassung alle „Einrichtungen“ umfasst, die Unterricht erteilten. Darunter habe die Finanzverwaltung jahrzehntelang auch die selbständigen Lehrer verstanden. Erst als in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Zweifel daran aufgetaucht seien, ob denn eine einzelne natürliche Person Träger einer „Einrichtung“ sein könne, seien zur Sicherheit die „selbständigen Lehrer“ zusätzlich ausdrücklich in die Vorschrift aufgenommen worden, um insoweit Rechtssicherheit gegen eventuelle Änderungen der Rechtsprechung zu schaffen (§ 4 Nr. 21 b) UStG). Bis dahin sei die Finanzverwaltung wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass mit dem Begriff der „Einrichtung“ auch die freiberufliche Tätigkeit der selbständigen Lehrer miterfasst sei; dieses Begriffsverständnis habe über Jahrzehnte hinweg vorgeherrscht.
Der EuGH habe später bestätigt, dass einzelne natürliche Personen selbstverständlich auch Träger einer „Einrichtung“ sein könnten. Damit wäre die Notwendigkeit der betreffenden Gesetzesänderung eigentlich entfallen. Sie zu streichen, sei aber unnötig gewesen, da es sich ja im Wesentlichen um eine klarsteIlende Regelung gehandelt habe.
In der Kommentarliteratur späterer Jahre sei der historische Hintergrund nicht mehr beachtet worden. Es habe eine Suche der Kommentatoren nach e...