Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerblicher Grundstückshandel: Steuersubjektsübergreifende Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze bei Ehegatten, Unentgeltlicher Erwerb vor Veräußerung, Nachhaltigkeit bei Veräußerung eines einzigen Objektes

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine steuersubjektsübergreifende Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze bei Ehegatten mit der Rechtsfolge eines 3 Objekte umfassenden gewerblichen Grundstückshandel des Ehemannes und einem nur 1 Objekt umfassenden gewerblichen Grundstückshandel der Ehefrau kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Ehefrau das Objekt vor der sodann zeitnah erfolgten Veräußerung unentgeltlich vom Ehemann erworben hatte (entgegen Rz. 9 Satz 3 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 434).
  2. Eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit kann bei der Veräußerung eines einzigen selbst bebauten Grundstücks ohne Wiederholungsabsicht nur ausnahmsweise zu bejahen sein, wenn ein Steuerpflichtiger über einen längeren Zeitraum Aktivitäten entwickelt, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Objekte notwendig sind, nicht zurückbleiben (vgl. BFH-Urteile vom 9.12.2002 VIII R 40/01, BStBl II 2003, 294, und vom 28.4.2005 IV R 17/04, BStBl II 2005, 606).
 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.08.2017; Aktenzeichen X R 9/15)

BFH (Beschluss vom 23.08.2017; Aktenzeichen X R 9/15)

 

Gründe

(Aus den Gründen)

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet, weil die Klägerin nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) keinen Gewerbebetrieb unterhalten hat.

1. Entgegen der vom FA unter Hinweis auf Rz. 9 Satz 3 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 434 vertretenen Ansicht ist nach der zum gewerblichen Grundstückshandel ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Annahme einer steuersubjektsübergreifenden Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze mit der Rechtsfolge ausgeschlossen, dass von einem 3 Objekte umfassenden gewerblichen Grundstückshandel des Klägers (im Jahre 2004) und nur 1 Objekt umfassenden gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin (im Streitjahr 2005) auszugehen wäre. Nach der BFH-Rechtsprechung läßt sich eine Ausnahme von der Drei-Objekt-Grenze mit der Folge, dass sich die Klägerin bereits allein durch die Veräußerung der von ihr selbst verkauften ETW Nr. 1 als gewerblicher Grundstückshändlerin betätigt hätte, nicht begründen. Danach ist bereits nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin mit dem unentgeltlichen Erwerb der ETW Nr. 1 und deren Veräußerung im Streitjahr 2005 den Bereich der privaten Vermögensverwaltung (negatives Erfordernis nach § 15 Abs. 2 EStG) überschritten hätte.

Darüber hinaus ist --selbst wenn die Klägerin den Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschritten hätte-- das für die Annahme gewerblicher Einkünfte erforderliche positive Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit nicht erfüllt. Nur ausnahmsweise kann nach der Rechtsprechung Nachhaltigkeit selbst dann zu bejahen sein, wenn der Steuerpflichtige nur ein einziges Geschäft oder einen einzigen Vertrag abschließt und sich keine Wiederholungsabsicht feststellen lässt. Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäfts oder Vertrags eine Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der Steuerpflichtige sei nachhaltig tätig geworden. Der IV. Senat des BFH hat im Urteil vom 28.4.2005 IV R 17/04 (BStBl II 2005, 606) für die Annahme der Nachhaltigkeit Einzeltätigkeiten nicht ausreichen lassen, die beim Bau eines jeden Hauses erforderlich werden, gleichgültig, ob es selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll; andernfalls wäre die Nachhaltigkeit bei der Veräußerung eines einzigen selbst bebauten Grundstücks nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Nur wenn ein Steuerpflichtiger beim Verkauf eines selbst bebauten Grundstücks über einen längeren Zeitraum Aktivitäten entwickelt, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Objekte notwendig sind, nicht zurückbleiben, kann die Gesamttätigkeit als nachhaltig beurteilt werden.

Nach diesen Grundsätzen spricht alles dafür, dass die Klägerin bei der steuerrechtlich gebotenen isolierten Betrachtung des unentgeltlichen Erwerbs und des Verkaufs der ETW Nr. 1 selbst nicht nachhaltig tätig geworden ist; die Annahme, die Klägerin müsse sich die nachhaltige Betätigung des Ehemannes "zurechnen" lassen, ist ausgeschlossen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil vom selben Tage 16 K 3501/12 E verwiesen.

2. Danach war der Klage antragsgemäß stattzugeben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 8792102

DStR 2016, 8

DStRE 2016, 1484

Ubg 2017, 55

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