Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsleistungen: Kapitalauszahlung aus berufsständischem Versorgungswerk – Besteuerung als Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG – Gleichbehandlung mit Auszahlungen aus privaten, vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Kapitalauszahlung aus einem berufsständischen Versorgungswerk unterliegt – nach Abzug des nach der Öffnungsklausel (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG) steuerfreien Anteils - auch dann der Besteuerung als Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG, wenn die erworbenen Anwartschaften auf Beiträgen beruhen, die vor dem 1. Januar 2005 erbracht worden sind.
- Eine solche Kapitalauszahlung kann nicht den Zahlungen aus privaten, vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Lebensversicherungen gleichgestellt werden, die nach zwölfjähriger Vertragslaufzeit steuerfrei vereinnahmt werden konnten.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa), S. 3 a) bb) S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der im Jahr 1964 geborene Kläger ist als Zahnarzt seit 1994 Pflichtmitglied des Versorgungswerkes der Zahnärztekammer Nordrhein (VZN). Neben der Beitragspflicht für eine Rentenversorgung bestand satzungsgemäß auch eine Beitragspflicht für eine Kapitalversorgung, die wie eine kapitalbildende Lebensversicherung ausgestaltet war. Wegen der Einzelheiten wird auf das im Einspruchsvorgang abgeheftete Erläuterungsschreiben des VZN vom 28.6.2013 Bezug genommen. Aufgrund des Inkrafttretens des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 5.7.2004 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 2004, 554) zum 1.1.2005 wurde diese Versorgungsart durch Satzungsänderung abgeschafft. Für die bisherigen Teilnehmer wurde die Kapitalversorgung ab dem 1.1.2005 beitragsfrei gestellt. Über den zu diesem Zeitpunkt individuell erdienten Kapitalanspruch konnten die Teilnehmer nach den für sie geltenden Übergangsbestimmungen der Satzung des VZN (§ 25 h bis 25 i) verfügen.
Der Kläger ließ sich seinen Anspruch zum 28.2.2011 auszahlen und erhielt einen Betrag von 25.853 Euro, den er als steuerfrei behandelt wissen wollte. Mit ihrer Einkommensteuererklärung legten die Kläger eine „Bescheinigung der Leistung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb Satz 2 Einkommensteuergesetz” des VZN vor, aus der sich ergab, dass 19,67 % der Leistungen nach der Öffnungsklausel zu besteuern seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten abgeheftete Bescheinigung Bezug genommen. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom 8.4.2013 der gem. §§ 26, 26 b Einkommensteuergesetz (EStG) zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger erfasste der Beklagte den ausgezahlten Betrag nach Abzug eines Werbungskostenpauschbetrages von 102 Euro (§ 9 a Nr. 3 EStG) in Höhe von 25.751 Euro als sonstige Einkünfte. Im erfolglosen Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 12.3.2014) machten die Kläger geltend, dass bei allen Zahnärzten, die vor dem 1.1.2005 das 62. Lebensjahr vollendet gehabt hätten und bei denen die Mindestlaufzeit von zwölf Jahren erfüllt gewesen sei, die Auszahlung der Kapitalversorgung entsprechend den seinerzeit gültigen Regeln für Kapitallebensversicherungen steuerfrei gestellt gewesen sei. Die Kapitalversorgung des Klägers habe eine Laufzeit von mehr als 12 Jahren gehabt.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor:
Die Kapitalauszahlungen des VZN seien in der Vergangenheit wie Auszahlungen aus einer Lebensversicherung behandelt worden und müssten auch heute noch den Zahlungen aus privaten, vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Lebensversicherungen gleichgestellt werden, die nach zwölfjähriger Vertragslaufzeit steuerfrei vereinnahmt werden könnten.
Nach Ergehen des Änderungsbescheides vom 19.11.2014, mit dem erstmals die Besteuerung nach der Öffnungsklausel (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG) vorgenommen und 19,67 % der Auszahlung steuerfrei gestellt wurden und nach Erlass des Gerichtsbescheids vom 14.1.2015, mit dem die gegen den geänderten Bescheid trotz Hinweis des Gerichts aufrecht erhaltene Klage abgewiesen wurde, tragen die Kläger mit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.3.2015 überreichtem Schriftsatz vom 11.3.2015, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, weiter vor, es handele sich um eine Kapitalbildung, die seit Beendigung des diesbezüglichen Einzahlungszwangs in das VZN zum 1.1.2005 ihren Charakter als Vorsorgemaßnahme verloren gehabt habe und deshalb wie andere beitragsfrei gestellte Lebensversicherungen behandelt werden müsse. Aus der Kommentierung in Hermann/Heuer/Raupach (HHR) zu § 22 EStG, dortselbst Ziffer 278, ergebe sich, dass Versorgungsleistungen nur vorlägen, wenn es sich um eine monatlich auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogene lebenslängliche Leibrente handele, die nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt werde und deren Ansprüche nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerba...