Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtkosten zur Baustelle. Verpflegunsmehraufwand sowie Kosten für Baumaterial und Werkzeug als Herstellungskosten eines in Eigenarbeit errichteten Gebäudes
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen, die der Schaffung oder Vermehrung der Substanz eines Gebäudes dienen, sind Herstellungskosten. Dazu gehören neben den Kosten für Fahrten zur Baustelle und Verpflegungsmehraufwand auch die Aufwendungen für die Anschaffung von Baumaterial und Werkzeug. Dem steht hinsichtlich der Arbeitsmittel nicht § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG entgegen, da der hier vorrangig zu beachtende § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG den sofortigen Abzug der Herstellungskosten ausschließt.
Normenkette
EStG 1979 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, §§ 7, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist im Streit, welche weiteren Aufwendungen der Kläger für das in …, gelegene Grundstück als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Die Kläger erwarben das oben genannte Grundstück durch notariellen Vertrag vom 22.2.1977. Nach dem Erwerb begannen sie im Oktober 1977, in Eigenarbeit mit einem Arbeitnehmer auf dem Grundstück ein Haus mit zwei Eigentumswohnungen zu bauen. Die Wohnungen waren im Streitjahr noch nicht fertiggestellt. Für das Streitjahr machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung u. a. als Werbungskosten bei den Einkünften aus V. und V. bezüglich des o.g. Grundstücks folgende Aufwendungen geltend:
- Kfz-Kosten für ein Fahrzeug, das ab Baubeginn ausschließlich als Baufahrzeug diente und für ein weiteres Fahrzeug, das außer für Bauzwecke zu 50 % privat genutzt wurde einschließlich eines entsprechenden AfA-Anteils für beide Fahrzeuge.
- Aufwendungen für Arbeitsmittel, wobei es sich hauptsächlich um Werkzeug gehandelt hat, das zur Herstellung des Hauses benötigt wurde.
- Verpflegungsmehraufwand, der insoweit entstanden ist als sich der Kläger montags bis donnerstags nach Dienstschluß jeweils von 17.00 Uhr bis 22.00 Uhr und samstags über 12 Stünden auf der Baustelle aufgehalten hat.
Der Beklagte (FA) erkannte diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren machen die Kläger im Klageverfahren erneut geltend, daß es sich bei den vorgenannten Aufwendungen entgegen der Auffassung des FA nicht um Herstellungskosten sondern um Werbungskosten handele. Die Höhe der im Jahr 1979 entstandenen Aufwendungen beziffern sie wie folgt:
- DM 4.522,15 Kfz-Kosten, die durch die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Baustelle und für den Einkauf und den Transport des Baumaterials entstanden sind.
- DM 804,82 für die Anschaffung von Werkzeug zur Errichtung des Gebäudes.
- DM 864,– Verpflegungsmehraufwand.
Die Kläger beantragen,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 19.1.1982 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.9.1982 mit der Maßgabe zu ändern, daß das zu versteuernde Einkommen um DM 6.191,– vermindert wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage ist nicht begründet.
Das FA hat die geltend gemachten Aufwendungen zutreffend nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung 1979 behandelt. Denn es handelt sich um Herstellungskosten, die erst nach Fertigstellung der Wohnungen im Rahmen der AfA berücksichtigungsfähig sind.
Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG – sind Aufwendungen, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen stehen. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind alle durch diese Einkunftsart veranlaßten Aufwendungen, auch wenn sie schon zu einem Zeitpunkt anfallen, in dem mit dem Einnahmen noch nicht erzielt werden (sog. vorab entstandene Werbungskosten; vgl. Littmann/Wolff-Diepenbrock, Das Einkommen-Steuerrecht, 14. Auflage, § 9 Rdz. 89). Voraussetzung ist jedoch, daß die Aufwendungen u. a. sachlich „im wesentlichen mit der Erhaltung des Gebäudes in seiner Substanz zusammenhängen” (BFH-Beschluß vom 25.2.1976 VIII B 81/74 BStBl II 1980, 294 (295 rSp)). Als solche kommen z. B. Beiträge auf Schadensversicherungen zur Erlangung von Versicherungsschutz gegen Sachschaden am Gebäude durch unvorhergesehene Ereignisse in Betracht. Handelt es sich aber um Aufwendungen. Zur Vermehrung der Substanz sind die Aufwendungen den Herstellungskosten des Gebäudes zuzuordnen (BFH aaO S. 295). Gleiches gilt für Aufwendungen, die der Schaffung der Substanz eines neu zu errichtenden Gebäudes dienen. Diese sind auf die Nutzungsdauer des Gebäudes zu verteilen und abzuschreiben (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
Bei den streitigen Aufwendungen handelt es sich um solche, die der Schaffung bzw. Vermehrung der Substanz des Gebäudes dienen.
Die Mehraufwendungen für Verpflegung stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der vom Kläger erbrachten eigenen Arbeitsleistung, die der Errichtung des Gebäudes diente. Gleiches gilt für die Kfz-Kosten und das Werkzeug. Soweit es sich um Aufwendungen für den Pkw handelt, der nach den Darlegungen der Kläger zu 50 % zu Bauzwecken (und zu 50 % private...